Hilfsorganisationen in Sorge über aktuelle Asylpolitik
Große Sorge darüber, dass die aktuelle österreichische wie auch europäische Asylpolitik "nicht mehr primär dem Schutz von Flüchtlingen dient, sondern dem Schutz von Grenzen", haben sechs in diesem Bereich engagierte österreichische Hilfsorganisationen geäußert. Flüchtlinge müssten Zugang zu einem fairen und rechtsstaatlichen Verfahren in Europa haben. "Wir fordern eine solidarische Aufnahme von Schutzsuchenden in der EU statt nationaler Abschottung", heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Appell von Caritas, Diakonie, Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, Rotem Kreuz und Volkshilfe an die Bundesregierung.
Die Zahl der Flüchtlinge nehme zwar weltweit zu, die Zahlen derer, die in Europa und Österreich ankommen, sinken aber deutlich, wiesen die NGOs hin. Sie nahmen die Bundesregierung vor dem Hintergrund der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs in die Pflicht, Verantwortung für den Flüchtlingsschutz in Österreich und Europa zu übernehmen. Das bedeute konkret: Die Zurückweisung von schutzsuchenden Menschen an der europäischen Außengrenze sei inakzeptabel, ebenso der Vorschlag, Schutzsuchende in Staaten vor Europas Grenzen "aus- bzw. zwischenzulagern".
Eine Reform des Dublin-Systems erachten die Hilfsorganisationen als "dringend erforderlich". Statt nationaler Alleingänge an den Grenzen bedürfe es einer solidarischen Aufnahme, bei der den Staaten an den südlichen Außengrenzen nicht die alleinige Verantwortung zugeschoben werde.
Gefordert wird seitens der kirchlichen Caritas und anderer humanitärer Organisationen auch die Einhaltung des Verbots, Menschen der Folter und unmenschlicher Behandlung auszusetzen. Laut der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dürfe niemand in einen Staat zurückgeschoben werden, in dem ihm Folter bzw. unmenschliche Behandlung droht. Dies und auch der Zugang zu einem fairen rechtsstaatlichen Asylverfahren sei gegenwärtig in den nordafrikanischen Staaten nicht gewährleistet.
Recht auf Leben gilt auch auf Hoher See
Die Europäische Union müsse weiters endlich wirksame Schritte einleiten, um Menschen aus Seenot zu retten und sie in den nächsten europäischen Hafen zu bringen. Das Recht auf Leben gelte auch auf Hoher See. Zivile Seenotrettungsorganisationen dürften nicht an ihrer Arbeit gehindert werden, so die unterzeichnenden NGOs. Sie forderten ein Ende der Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen, den Menschenrechten entsprechenden Handelns, das in einigen EU-Mitgliedstaaten bereits als "Unterstützung illegaler Migration" diffamiert werde. Es sei im Gegenteil ein klares Bekenntnis zu zivilgesellschaftlichem Engagement seitens der EU und ihren Mitgliedstaaten zu erwarten.
In den jeweiligen Staaten müsse die Integration Geflohener unterstützt werden, das Schüren von Angst sei zu verurteilen. "Wir brauchen einen faktenbasierten, lösungsorientierten öffentlichen Diskurs." Ängsten solle mit Aufklärung, Information und unmittelbarem Kontakt begegnet werden.
Schließlich fordern die Hilfsorganisationen auch mehr Hilfe vor Ort: Die Bundesregierung solle die bilaterale direkte Entwicklungszusammenarbeit bis 2021 um jährlich 15 Millionen Euro steigern und den Auslandskatastrophenfonds aufstocken.
Asylanträge rückläufig
Die Zahl der Asylanträge geht in Österreich indes weiter massiv zurück. Laut der am Montag veröffentlichten vorläufigen Halbjahresstatistik des Innenministeriums wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 7.098 Anträge gezählt. Zuletzt war dieser Wert 2011 niedriger. Im Vorjahr wurden im ersten Halbjahr noch 12.673 Ansuchen gestellt. Zum Vergleich: 2015 waren es 28.311 Anträge.
Quelle: kathpress