Stiftungsrat Trendl äußert Skepsis gegenüber ORF-Volksbegehren
Skepsis gegenüber dem von der "Christlichen Partei Österreichs" (CPÖ) angestrengten ORF-Volksbegehren hat der von der Regierung in den Stiftungsrat entsendete Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreichs (KFÖ), Alfred Trendl, geäußert. Vor allem die von der CPÖ erhobene Forderung nach einer Abschaffung der GIS-"Zwangsgebühren" lasse die Frage offen, wie der ORF sonst finanziert werden soll. Darauf keine überzeugende Antwort zu geben stelle den ORF als wichtigstes und "identitätsstiftendes" Medienunternehmen des Landes in seiner Existenz in Frage, gab Trendl in einem "Kathpress"-Interview am Mittwoch zu bedenken.
Die CPÖ hatte jüngst vermeldet, dass sie für ihr Volksbegehren "ORF ohne Zwangsgebühren" knapp 70.000 Unterschriften sammelte und daraufhin das Einleitungsverfahren beim Innenministerium beantragt wurde. Als Eintragungszeitraum wurde die Woche von 1. bis 8. Oktober 2018 festgesetzt. Geworben wird für das Volksbegehren mit einem symbolischen Verkehrszeichen - einem Verbotsschild, in dem das "GIS" (Gebühren Inkasso Service) durchgestrichen ist, umrahmt von der Aufschrift "Zwangsgebühr nein danke".
Alfred Trendl, vor seiner Mitgliedschaft im ORF-Stiftungsrat bereits Vertreter der katholischen Kirche im ORF-Publikumsrat, hält die Gebührenfinanzierung dagegen für "weiterhin möglich und auch sinnvoll". Ein solches Modell schütze vor allzu großer Abhängigkeit vom jeweiligen Regierungs-Wohlwollen und bewähre sich auch in anderen europäischen Ländern. Der kirchliche Medienexperte erinnerte daran, dass sich in der Schweiz bei einer Volksabstimmung im heurigen Februar mehr als 60 Prozent für den Erhalt der Gebühren für den öffentlichen Rundfunk ausgesprochen hatten.
Dass die "parteipolitische Einflussnahme auf die Organe des ORF beseitigt" werden soll, wie im CPÖ-Volksbegehrens ebenfalls gefordert wird, will Trendl - wie er sagte - als Nachdenkanstoß ernst nehmen. Eine Reduzierung des parteipolitischen Einflusses auf den ORF halte er für wünschenswert - auch wenn "zu bedenken ist, dass Parteivertreter durch Wahlen demokratisch legitimiert sind". Zugriffe auf die redaktionelle Unabhängigkeit seien aber inakzeptabel, und auch die Zusammensetzung der ORF-Gremien könnte nach dem Vorbild des Publikumsrates gesellschaftlich relevante Bereiche wie Wissenschaft und Forschung, Kultur oder auch Glaubensgemeinschaften stärker als derzeit berücksichtigen. Hier gelte es weiterzudenken und an erfolgreichen Modellen im Ausland Maß zu nehmen, regte Trendl an.
Alfred Trendl wurde im Februar von der Bundesregierung als Nachfolger Franz Küberls in den Stiftungsrat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsendet. Im Interview mit "Kathpress" kurz danach betonte der KFÖ-Präsident seine Unabhängigkeit im ORF-Gremium: "So wie ich bereits im Publikumsrat keiner Fraktion angehört habe und mein Mandat unabhängig ausgeübt habe, werde ich es auch im Stiftungsrat halten und mich für einen starken und unabhängigen ORF einsetzen". Der ORF habe als Medium für Österreich "sehr große Bedeutung, nicht zuletzt, weil er Identität stiftet", betonte Trendl.
Quelle: kathpress