40 Jahre IVF: Mehr Kontrolle bei Fortpflanzungsmedizin gefordert
An die Geburt des ersten mittels In-Vitro-Fertilisation (IVF) gezeugten Babys, Louise Brown, vor 40 Jahren am 25. Juli 1978 hat der Generalsekretär der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Josef Pumberger, bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien erinnert. Man habe Louise mit Jesus verglichen und von der "am sehnlichsten erwarteten Geburt seit 2.000 Jahren" gesprochen. Inzwischen wurden sechs Millionen durch IVF gezeugte Kinder geboren und die Fortpflanzungsmedizin bewege sich in Richtung "Designerbaby" und Selektion. Es stellten sich viele ethischen und rechtlichen Fragen, der Gesetzgeber hinke diesen aber hinterher. Dringend bedürfe es daher der Einhaltung klarer Grenzen und des bislang mangelhaft umgesetzten Fortpflanzungsmedizin-Gesetzes.
Die Pressekonferenz am Montag wurde von KAÖ, Aktion Leben, Katholischem Familienverband (KFÖ) und der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) veranstaltet. Die Organisationen hatten sich 2015 zur Plattform kinderbekommen.at zusammengeschlossen, um gegen die damals geplante Reform des Fortpflanzungsmedizingesetzes zu protestieren. Rund eine Million Protest-E-Mails wurden auf ihre Initiative hin an die Bundesregierung geschickt, das Gesetz fand - leicht modifiziert - dennoch eine Mehrheit im Parlament. Seit damals beobachtet die Plattform, wie das Fortpflanzungsmedizingesetz umgesetzt wird und wirbt für eine Auseinandersetzung mit den Folgen fortpflanzungsmedizinischer Techniken auf Kinder, Frauen und Gesellschaft.
KFÖ-Präsident Alfred Trend erinnerte an das fehlende zentrale Spendenregister bei Eizellen- und Samenspenden. Die Prüfung desselben sei in einem Entschließungsantrag zeitgleich mit der Verabschiedung des Fortpflanzungsmedizingesetzes versprochen worden. Gesundheitsministerium und Justizministerium hätten die Einrichtung des Registers befürwortet, passiert sei allerdings nichts.
Trendl forderte auch eine Reduzierung der Altersgrenze für auskunftsberechtigte Kinder und eine Aufklärungspflicht der Eltern: "Das Recht des Kindes, über seine Herkunft so früh wie möglich aufgeklärt zu werden, steht für uns an oberster Stelle."
Grobe Versäumnisse ortete Trendl außerdem bei der Qualitätskontrolle wie auch der Erfolgskontrolle fortpflanzungsmedizinischer Verfahren. "Wir brauchen klare Regelungen für eine genaue und korrekte Dokumentation aller Vorgänge der künstlichen Befruchtung und ihrer Komplikationen", betonte der KFÖ-Präsident. Der Gesetzgeber müsse hier seine Schutzfunktion "für alle, die von der künstlichen Befruchtung betroffen sind" wahrnehmen."
Eizellspende: Verstöße gegen Werbeverbot
"Aktion Leben"-Generalsekretärin Martina Kronthaler wies auf das einträgliche Geschäft der Reproduktionslabore und -kliniken hin und ortete gravierende Verstöße gegen das Werbe- und Vermittlungsverbot bei Eizellspende. Es sei ein Skandal, dass durch oberflächliche Werbung junge Frauen verführt werden, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen. "Die geltenden Verbote müssen strikter geahndet werden, sonst werden sie nicht ernst genommen", so Kronthaler, die ihre Anklage mit einer in Grazer Cafes verteilten Eizellspende-Werbebroschüre für Studentinnen untermauerte.
"Es braucht viel mehr Information schon in der Schule, um junge Frauen vor Manipulation zu schützen. Wir müssen in Prävention investieren und in Beratung", alarmierte Kronthaler. Junge, gesunde Frauen sollten nicht zu Patientinnen gemacht werden; schließlich sei Eizellspende ein riskanter Vorgang für die Spenderin, die austragende Mutter und die Kinder.
Weltweites Verbot von Leihmutterschaft nötig
Auch hinsichtlich der Leihmutterschaft würden nationale Verbote umgangen, so die "Aktion Leben"-Generalsekretärin. Ausländische Institute werben in Österreich, und es gebe Paare, die Leihmutterschaft im Ausland in Anspruch nehmen. Leihmutterschaft sei "im Grunde Kinderhandel".
Kronthaler sprach sich im Namen von kinderbekommen.at für ein umfassendes, grenzüberschreitendes Verbot von Leihmutterschaft aus:
Paare mit Kinderwunsch haben ein Recht darauf zu wissen, was geht und was nicht. Fortpflanzungskliniken sind mit Wünschen konfrontiert, die sie vielleicht gar nicht erfüllen wollen. Auch sie brauchen Grenzen.
Kontrolle der PID hat versagt
Am Beispiel der Cystischen Fibrose führte Behinderten-Experte Franz-Joseph Huainigg aus, dass bereits unmittelbar nach der Einführung von Präimplantationsdiagnostik (PID) die gesetzlichen Vorgaben in Österreich nicht eingehalten wurden. Cystische Fibrose sei eine Krankheit, die nicht den Voraussetzungen für eine Bewilligung entspreche.
Huainigg erinnerte einmal mehr daran, was PID ist:
PID ist ein Türöffner für eugenisches Denken und eugenische Praxis. Sie ist eine selektive Technik.
Er forderte volle Transparenz statt einer Alibi-Statistik, die nichts über die Ergebnisse der PID wie Geburtenrate oder Kindeswohl aussage:
Wir haben eine strenge Kontrolle der PID-Praxis eingemahnt, auch um Paare vor unrealistischen Hoffnungen zu schützen. Sie ist unterblieben. Wir wissen nicht, ob die Ziele erreicht wurden, die mittels PID erreicht werden sollten.
Nicht nur die angebliche Steigerung der Geburtenrate durch PID, auch die Verhinderung von Spätabbrüchen durch PID sei nicht kontrollierbar. "Wir wissen nicht, wie die Schwangerschaften nach PID verlaufen sind, ob es dann auch Pränataldiagnostik gab und Spätabbrüche."
Fragwürdige Bewilligungen und "Alibi-Statistiken"
AKV-Präsident Helmut Kukacka forderte wie Trendl ein zentrales Register für Eizellenspenderinnen und Samenspender. "Spendenkinder" hätten ein Recht, ihre biologischen Eltern und Halbgeschwister kennen zu lernen. Es brauche weiters eine umfassende Dokumentation und Begleitforschung. Nur wenn es diese gebe und diese auch finanziert werde, sei eine seriöse Evaluierung möglich. "Was in anderen Bereichen der Medizin üblich und selbstverständlich ist, muss auch für die Fortpflanzungsmedizin gelten", betonte Kukacka.
Auch die Einrichtung einer unabhängigen Beratung sowohl für Kinderwunschpaare wie auch für potenzielle Eizellspenderinnen wurde angemahnt, ebenso neben einem internationalem Verbot von Leihmutterschaft "ein eindeutiges Verbot von Leihmutterschaft in der österreichischen Verfassung". Geändert werden müsse auch die Bewilligungspraxis für Erbkrankheiten, die mittels PID gesucht werden dürfen, um weitere Dammbrüche zu verhindern, sowie die Art der Statistikführung, die jetzt oft Alibi sei. "Wir brauchen echte Qualitätskontrolle und Transparenz im Interesse der hilfesuchenden Paare", so Kukacka namens der Plattform. (Infos: www.kinderbekommen.at)
Quelle: kathpress