Vieldiskutierte Handreichung zu Kommunionzulassung veröffentlicht
Nach zweitägigen Beratungen in Berlin ringen die deutschen Bischöfe weiter um eine gemeinsame Lösung beim Thema Kommunion. Eine im Februar mehrheitlich verabschiedete Handreichung, wonach evangelische Ehepartner im Einzelfall die Kommunion empfangen können, wird "nicht als Dokument der Bischofskonferenz" erscheinen. Sie wurde jedoch am Mittwoch erstmals als "Orientierungshilfe" veröffentlicht und ist auf der Website der Bischofskonferenz (www.dbk.de) abrufbar.
In einer am Mittwoch in Bonn herausgegebenen Mitteilung betonen die Bischöfe, sie fühlten sich verpflichtet, auf dem Weg eines ökumenischen Miteinanders "mutig voranzuschreiten". Das Thema soll auch bei der nächsten Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) Ende September erneut zur Sprache kommen.
Auszüge aus der Orientierungshilfe |
1.) Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz "...Die konfessionsverbindenden Ehepaare und Familien liegen uns sehr am Herzen. Wir unterstreichen, dass Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft zusammengehören. Wir ringen um eine geistliche Hilfe für die Gewissensentscheidung in seelsorglich begleiteten Einzelfällen für konfessionsverbindende Ehepaare, die ein ernsthaftes geistliches Bedürfnis haben, die Eucharistie zu empfangen. Durch die Taufe, den Glauben und das Sakrament der Ehe sind sie miteinander engstens verbunden und teilen ihr ganzes Leben. Für uns Bischöfe geht es hier um die Frage des Kommunionempfangs für den evangelischen Ehepartner einer konfessionsverbindenden Ehe. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat den Ständigen Rat über seine Gespräche in Rom informiert. In einer Begegnung mit Papst Franziskus konnte er klären, dass - der Brief der Kongregation für die Glaubenslehre vom 25. Mai 2018 Hinweise und einen Interpretationsrahmen gibt, - der Text nicht als Dokument der Bischofskonferenz erscheint, da es auch um eine weltkirchliche Dimension geht, - der Text als Orientierungshilfe in der Verantwortung der einzelnen Bischöfe liegt. Es ist uns wichtig, dass wir im ökumenischen Suchen zu einem vertieften Verständnis und einer noch größeren Einheit der Christen unterwegs sind, und fühlen uns verpflichtet, hier mutig voranzuschreiten. Die Thematik soll - entsprechend dem Brief der Kongregation für die Glaubenslehre - weiter vertieft werden. Wir bieten dem Heiligen Vater und der Römischen Kurie dazu unsere Mitarbeit an. In der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im September 2018 wird Gelegenheit bestehen, das Thema erneut aufzugreifen." 2.) Orientierungshilfe "Mit Christus gehen - Der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie" "I. Der Geist der Ökumene ermutigt uns (...) In Deutschland sind gegenwärtig bei mehr als 40 Prozent der kirchlichen Trauungen die Partner konfessionsverschieden. Wenn die Eheleute im Glauben an Jesus Christus eins sind, ist ihre Ehe konfessionsverbindend. Sie stehen in einem lebendigen und respektvollen Austausch mit der Glaubensüberzeugung und -praxis des Partners/der Partnerin. Sie leben ihre Ehe als ein Band, das die Konfessionen vereint. Deshalb sehen wir eine besondere pastorale Verpflichtung, das Glaubensleben dieser Eheleute und ihrer Ehe zu stärken. (...) (3) Viele dieser Paare äußern immer wieder die große Sehnsucht, gemeinsam die Eucharistie empfangen zu können. (...) (5) In unserem Bestreben, Gläubigen, die in einer konfessionsverbindenden Ehe leben, einen Weg pastoraler Begleitung zu zeigen, auf dem im Einzelfall eine Teilnahme an der katholischen Eucharistie möglich wird, wissen wir uns in enger Verbundenheit mit Papst Franziskus. (...) Sie (die katholische Kirche; Anm. der Redaktion) kennt keine generelle Lösung, solange die Kirchengemeinschaft nicht so festgestellt ist, dass die Eucharistie gemeinsam gefeiert werden kann; sie kennt aber um des Heiles der Seelen willen Ausnahmen von der Regel und besondere Wege für einzelne Gläubige. (...) (6) Als deutsche Bischöfe nehmen wir ernst, was das Zweite Vatikanische Konzil in seinem Ökumenismusdekret Unitatis redintegratio (UR) gefordert hat. Dort haben die Konzilsväter erklärt: Wie man sich in der Frage einer Eucharistiegemeinschaft mit Christen anderer Kirchen "konkret zu verhalten hat, soll unter Berücksichtigung aller Umstände der Zeit, des Ortes und der Personen die örtliche bischöfliche Autorität in klugem Ermessen entscheiden, soweit nicht etwas anderes von der Bischofskonferenz nach Maßgabe ihrer eigenen Statuten oder vom Heiligen Stuhl bestimmt ist". Wir zeigen, wie Eheleute, die in einer konfessionsverbindenden Ehe leben, in pastoraler Begleitung zu einer Gewissensentscheidung kommen können, der sie öffentlich in der katholischen Kirche Ausdruck verleihen können, gegebenenfalls auch mit dem Empfang der Kommunion. (...) (8) Wir wissen, dass das, was wir zur Möglichkeit einer Teilnahme einer evangelischen Ehefrau oder eines evangelischen Ehemanns an der katholischen Eucharistie sagen, nicht zugleich damit verbunden ist, dass die katholische Ehepartnerin oder der katholische Ehepartner zum evangelischen Abendmahl hinzutreten kann. Ein solcher Schritt setzt ein gemeinsames Verständnis des Abendmahles und der Eucharistie, der Sakramentalität der Kirche und des Amtes voraus (vgl. UR 22), sodass die Eucharistiegemeinschaft die Kirchengemeinschaft ausdrücken und vertiefen kann, die wir gewonnen haben. (...) (9) Die Handreichung gibt eine Orientierung für einen persönlich verantworteten und kirchlich anerkannten Weg, wie evangelischen Ehefrauen und Ehemännern, die in einer konfessionsverbindenden Ehe leben, im Einzelfall eine volle Mitfeier der Eucharistie eröffnet werden kann. (...) 2. Die Liebe Christi drängt uns (...) Ohne Eucharistie gibt es keine Kirche; ohne die Kirche, die den Auftrag ihres Herrn im Heiligen Geist vollzieht, gibt es keine Eucharistie. Deshalb sieht die katholische Kirche eine innere Einheit von Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft. (...) (14) Nach dem kirchlichen Gesetzbuch von 1983 (CIC) ist die Spendung der Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung auch an nichtkatholische Christinnen und Christen möglich. (...) Im Blick auf die Gläubigen, die anderen Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften angehören, wird erklärt: "Wenn Todesgefahr besteht oder wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine andere schwere Notlage (gravis necessitas) dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind". (...) 3. Der Dienst Jesu Christi leitet uns (21) Da eine generelle Zulassung des nichtkatholischen Teils einer konfessionsverbindenden Ehe zur vollen Teilnahme an der katholischen Eucharistiefeier nicht möglich ist, ist eine persönliche Gewissensentscheidung gefragt, die Menschen nach reiflicher Überlegung im Gespräch mit ihrem Pfarrer oder einer anderen mit der Seelsorge beauftragten Person treffen sollen. Da der Empfang der heiligen Kommunion nie nur ein individuelles Geschehen ist, sondern immer die Gemeinschaft der Kirche berührt, bedarf die persönliche Entscheidung einer festen Einbindung in das Leben der Kirche. Eine wichtige Rolle spielt deshalb das seelsorgliche Gespräch, in dem eine gute Lösung für jeden Einzelfall gefunden werden kann. Hier ist auch ein Ort, über das Sakrament der Versöhnung zu sprechen. (27) Wir können aber nicht übersehen, dass eine "schwere geistliche Notlage" entstehen kann, wenn ein echtes Verlangen nach der Kommunion nicht gestillt wird. Die Möglichkeit zu eröffnen, dem "schwerwiegenden geistlichen Bedürfnis" zu folgen und die "schwere geistliche Notlage" zu beenden, ist in solchen Einzelfällen ein pastoraler Dienst, durch den das Band der Ehe gefestigt wird und die Eheleute wissen dürfen, dass die kirchentrennenden Hindernisse das Band ihrer Ehe nicht zerreißen und sie sich über alle kirchentrennenden Hindernisse hinweg auch in der Feier der Eucharistie "in Christus" vereint wissen dürfen. (...) (36) Für die katholische Kirche sind drei Dimensionen der Eucharistie besonders wichtig: die Verbundenheit mit Jesus Christus, die Verbundenheit untereinander in der ganzen Kirche und die Verbundenheit mit der Welt. Alle drei Dimensionen kommen in der Verkündigung des Wortes Gottes und in den eucharistischen Hochgebeten zum Ausdruck. Alle drei gehören von innen heraus zusammen und bilden eine untrennbare Einheit. (...) 5. Die Einheit in Christus freut uns (...) (56) Alle, die in einer konfessionsverbindenden Ehe nach einer reiflichen Prüfung in einem geistlichen Gespräch mit dem Pfarrer oder einer mit der Seelsorge beauftragten Person zu dem Gewissensurteil gelangt sind, den Glauben der katholischen Kirche zu bejahen, eine "schwere geistliche Notlage" beenden und die Sehnsucht nach der Eucharistie stillen zu müssen, dürfen zum Tisch des Herrn hinzutreten, um die Kommunion zu empfangen." |
Der umstrittene Text über "Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie" war im Februar mit Dreiviertel-Mehrheit verabschiedet worden. Er liege nun "als Orientierungshilfe in der Verantwortung der einzelnen Bischöfe", heißt es in der Erklärung weiter. Das Dokument erscheine nicht auf Ebene der Bischofskonferenz, da es in dieser Frage "auch um eine weltkirchliche Dimension" gehe. Diese Punkte habe der DBK-Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx in einer Begegnung mit Papst Franziskus klären können.
Über die Gespräche in Rom habe Marx nun in Berlin den "Ständigen Rat" der Bischofskonferenz informiert. Dort ist jedes der 27 Diözesen mit einer Stimme vertreten, in der Regel durch den Ortsbischof.
Die DBK-Erklärung vom Mittwoch spricht durchgängig von "konfessionsverbindenden" Ehepaaren und Familien. Sie lägen den Bischöfen "sehr am Herzen". Weiter heißt es in der Mitteilung: "Wir unterstreichen, dass Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft zusammengehören. Wir ringen um eine geistliche Hilfe für die Gewissensentscheidung in seelsorglich begleiteten Einzelfällen für konfessionsverbindende Ehepaare, die ein ernsthaftes geistliches Bedürfnis haben, die Eucharistie zu empfangen."
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte sich im Februar mehrheitlich auf die pastorale Handreichung geeinigt. Sieben Bischöfe um den Kölner Kardinal Erzbischof Rainer Maria Woelki baten daraufhin den Vatikan um Klarstellung, ob eine solche Regelung von einer einzelnen Bischofskonferenz beschlossen werden kann.
Nach Gesprächen Anfang Mai verwies der Vatikan den Konflikt zunächst an die DBK zurück. Anfang Juni wurde ein Brief der vatikanischen Glaubenskongregation bekannt, wonach das Dokument aus Sicht von Papst Franziskus "nicht zur Veröffentlichung reif ist". Anschließend hatten der Papst betont, dieser Brief sei "keine ökumenische Bremse". Der entscheidende Punkt sei die Zuständigkeit des einzelnen Ortsbischofs.
Hanke: Wir Bischöfe zanken uns nicht
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke - er hatte sich als einer von sieben Bischöfen per Brief in der Frage des Kommunionempfangs nach Rom gewandt - sagte zur am Mittwoch veröffentlichten DBK-Erklärung, diese solle klarmachen, "dass wir als Bischöfe uns jetzt nicht zanken und streiten". Vielmehr gehe es allen darum, die Ökumene weiter voranzubringen und Sorge für gemischtkonfessionelle Paare zu tragen. Man wolle gemeinsam um einen Weg ringen, "auf dem wir sicherlich nicht alle im Gleichklang sind", sagte Hanke der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA.
Weiter gebe es das Ziel, dass im Vatikan das Einheitssekretariat, die Glaubenskongregation und der Rat zur Auslegung der Gesetzestexte "einen Weg schaffen wollen, der dann auch weltkirchlich Bestand hat", so Bischof Hanke. Er verwies zudem darauf, dass schon jetzt der einzelne Ortsbischof die Möglichkeit habe, die bestehenden Regelungen in dieser Frage "zu applizieren".
Voderholzer sieht theologischen Klärungsbedarf
Großen theologischen Klärungsbedarf in der Debatte um die Zulassung nichtkatholischer Ehepartner zur Kommunion sieht auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Als Mitglied der Glaubenskongregation wolle er diese um eine "vertiefte Untersuchung" bitten, kündigte Voderholzer in einem Interview mit der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" (Donnerstag-Ausgabe) an. Bei der Sitzung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz habe man sich zu Wochenbeginn in Berlin "um größtmögliche Einigkeit bemüht", schilderte der Bischof. Nach mehrstündiger kontroverser Debatte habe man einstimmig die am Mittwoch veröffentlichte kurze Erklärung verabschiedet.
Die Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen, so Voderholzer, hätten "gezeigt, dass es für die Einheit der Kirche und das kollegiale Miteinander auch der Bischöfe gut ist, wenn Minderheiten respektiert, Zuständigkeiten gewahrt und Dienstwege eingehalten werden".
"Fixierung auf Eucharistiegemeinschaft lösen"
Die Glaubenskongregation solle nun theologisch näher untersuchen, was unter einer "gravierenden Notlage" zu verstehen sei, in der das Kirchenrecht in Einzelfällen auch Nichtkatholiken den Empfang der Kommunion gestattet. Eine "große Unsicherheit" besteht laut Voderholzer auch in der Frage, welche Elemente alle zum katholischen Glauben der Eucharistie gehören.
Für den weiteren Fortgang der ökumenischen Bemühungen empfahl der Regensburger Bischof, sich "von der Fixierung auf die Eucharistiegemeinschaft als 'Schritt zur Einheit'" zu lösen. Zuvor müsse um die verbliebenen und zum Teil erheblichen Differenzen gerungen werden, etwa auch den Unterschied zwischen evangelischem Abendmahl und katholischer Eucharistiefeier. Er erhoffe sich auch von evangelischer Seite "eine vertiefte Klärung" der Bedeutung des Abendmahls für ihr Selbstverständnis.
EKD begrüßt Veröffentlichung
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte unterdessen am Mittwoch die Veröffentlichung des Textes der von den deutschen Bischöfen erarbeiteten Handreichung zur Kommunionzulassung nichtkatholischer Ehepartner in Einzelfällen. Sie sehe darin eine Fortsetzung des ökumenischen Geistes aus dem Reformationsjahr 2017 und eine Konkretion der Selbstverpflichtungen, die beide Kirchen anlässlich des Buß- und Versöhnungsgottesdienstes im März 2017 eingegangen waren. Mit der Übertragung der Verantwortung auf den Ortsbischof habe die DBK "einen Weg gefunden, wie sie die faktisch weithin etablierte Realität an der Basis aus dem Licht der Unrechtmäßigkeit holen kann".
"Man ist geneigt, von einem kleinen Schritt in der Ökumene, aber einem großen Schritt für die katholische Kirche zu sprechen", heißt es in der in Hannover veröffentlichten Erklärung. Zugleich sei aber noch zu beachten, dass Katholiken umgekehrt von ihrer Kirche immer noch nicht erlaubt werde, am evangelischen Abendmahl teilzunehmen. Hier sei noch ein langer Weg zu erwarten.
"Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie"
Quelle: kathpress