NGOs fordern EU-Sozialpakt zur Armutsbekämpfung
Die Europäische Union soll ihre "soziale Säule" stärken und entgegen derzeitiger Trends wieder "mit aller Kraft in Soziales, Bildung und Gesundheit investieren": Mit diesen Forderungen hat die Armutskonferenz im Vorfeld von Österreichs EU-Präsidentschaft aufhorchen lassen. Wirksame Politik gegen Armut sei nötig, denn "Lippenbekenntnisse machen nicht satt", so das Netzwerk von über 40 Sozialorganisationen, Betroffenenverbänden, Selbsthilfeinitiativen und Forschungseinrichtungen u.a. aus dem kirchlichen Bereich in einer Mitteilung vom Mittwoch.
20 Millionen Menschen seien in Europa derzeit von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen, arbeiteten als "working poors" in Billigjobs, hätten starke physische oder psychische Beeinträchtigungen oder könnten sich die Miete nicht leisten, betonte die Armutskonferenz. Angesichts dieser Tatsache sei in der Sozial- und Wirtschaftspolitik künftig "mehr Europa und mehr Demokratie" nötig sowie die Festlegung von Indikatoren zu Arbeitslosigkeit, Qualität der Jobs und zu sozialen Entwicklung, aber auch zur Steuerstruktur.
Konkret sollten die EU-Mitgliedsländer unter Österreichs Führung das Vorhaben eines "Sozialpaktes für ein soziales Europa" ins Auge fassen und eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung, Ungleichheiten und Diskriminierung entwerfen, so die Forderung des NGO-Netzwerkes. Wichtig sei dafür auch verstärkte Demokratie und Partizipation von Seiten der Bürger und der Zivilgesellschaft, was beispielsweise durch eine jährliche Anhörung im Europäischen Parlament mit armutsbetroffenen Menschen umgesetzt werden könne.
Unterstützung signalisierte die Armutskonferenz für ein rechtlich verbindliches soziales Fundament (Social Pillar) der EU, deren Einführung derzeit diskutiert wird. Schließlich seien die EU-Mitgliedsstaaten auch Mitglieder im EU-Sozialpakt - "und sollten nicht durch EU-Recht an der Erfüllung ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen aus diesem internationalen Menschenrechtsvertrag gehindert werden". Würden die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte in der EU gestärkt, wäre dies ein "wichtiger Impuls zur Weiterentwicklung der EU als Sozial- und Menschenrechtsunion".
Ein soziales Europa sei möglich und stehe nicht im Widerspruch zu wirtschaftlichem Erfolg, so die Sozialorganisationen: Hohe Ungleichheiten in einer Region gingen den sozialökonomischen Studien zufolge immer einher mit "weniger Lebensqualität, mehr Kriminalität, mehr Arbeitslosigkeit, mehr sozialer Ausgrenzung und weniger sozialer Sicherheit". Geringere Ungleichheit spiegle sich hingegen in höherer Lebensqualität und besseren Wirtschaftsdaten. Die gemeinsame Botschaft der NGOs daher:
Wir erwarten von den Regierungen, dass sie sich verstärkt für ein soziales Europa einsetzen und die bisherigen negativen Entwicklungen bremsen.
Quelle: kathpress