Kirchliche Dienstnehmer lehnen neues Arbeitszeitgesetz ab
Die geplanten Änderungen des Arbeitszeitgesetz "gehen klar zu Lasten der ArbeitnehmerInnen" und dienen "offenbar einmal mehr nur die Wirtschaft, im Besonderen die Industriellenvereinigung". Deshalb hat sich die "Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Dienstnehmer/innen/vertretungen Österreichs" (AKDÖ) in einer Stellungnahme am Freitag den davor von der Gewerkschaft geäußerten Vorbehalten angeschlossen. Die zuletzt von der Regierung betonte "Freiwilligkeit" bei der Ausweitung auf einen 12-Stunden-Tag bzw. eine 60-Stunden-Wochen für die Beschäftigten fehle es an Glaubwürdigkeit, solange keine Sanktionen festgehalten sind, "die den Arbeitgebern bei Nicht-Einhaltung 'auf die Finger klopfen'", hieß es.
Die Änderung des Arbeitszeitgesetzes widerspricht nach Überzeugung der kirchlichen Dienstnehmervertretung auch den Prinzipien der katholischen Soziallehre: Längere Arbeitszeiten würden die Freiheit der Beschäftigten einschränken und das Familienleben nachteilig beeinflussen. Es würde in die Teilnahme am öffentlichen Leben eingegriffen und auch die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen und Hilfsorganisationen "massiv beschränken". Die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft seien "nicht absehbar, werden aber wahrscheinlich massiv ausfallen", befürchtet die AKDÖ.
Ein Dorn im Auge ist ihr weiters, dass Wettbewerbsinteressen über den Schutz der Arbeitnehmer gestellt und die Bedeutung der Arbeitnehmervertretung massiv beschnitten würde - auch dies ein Gegensatz zur katholischen Soziallehre. Würden Gewinnstreben und Unternehmensziele über die Würde und die Bedürfnisse der Beschäftigten gestellt, hieße das eine Verletzung der Würde der Arbeit, so die kirchliche Dienstnehmervertretung. Zudem sehe die Bundesregierung vom üblichen Begutachtungsprozess unter breiter Beteiligung ab, sondern lasse ihren Gesetzesentwurf lediglich im Wirtschaftsausschuss des Parlaments behandeln.
Die AKDÖ erinnert in ihrer Aussendung daran, dass bereits 1885 der 11-Stunden-Tag eingeführt wurde. Mit ihrem vorliegenden Entwurf "katapultiert uns die Regierung zurück ins 19. Jahrhundert". Anders als medial vermittelt sollen nämlich - so die AKDÖ - 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden pro Woche nicht nur in der Gleitzeit eingeführt werden. Ausgenommen aus den Regelungen des Arbeitszeit- und des Arbeitsruhegesetzes sollen laut Regierung zukünftig auch solche Arbeitnehmer sein, "denen maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist und deren gesamte Arbeitszeit auf Grund der besonderen Merkmale der Tätigkeit a) nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird, oder b) von diesen ArbeitnehmerInnen hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann", zitierte die AKDÖ aus dem Entwurf. Ihre Befürchtung: "Damit gelten für diese keine Arbeitszeitgrenzen."
Auch Kirchenmitarbeiter betroffen
Negative Folgen befürchtet die kirchliche Dienstnehmervertretung durchaus auch für ihren eigenen Zuständigkeitsbereich: Dort, wo es schon kollektivvertragliche Regelungen gibt (außer für die Caritas sind das diözesane Betriebskollektivverträge) würden diese unter Druck kommen, ein neugefasstes Arbeitszeitgesetz auch im Kollektivvertrag abzubilden. Die verhandelnden Betriebsratskörperschaften kämen hier in eine Zwickmühle, da ja in der Folge auch die Betriebsvereinbarungen entsprechend zu adaptieren wären. Die AKDÖ befürchtet für kommenden Herbst dann einen "Kuhhandel": Lohnerhöhung nur gegen Arbeitszeitanpassungen im Sinne des neuen Gesetzes.
Dort, wo es keine Kollektivverträge gibt, kann der zuständige Diözesanbischof - so die AKDÖ weiter - eine neue Dienstordnung einseitig erlassen, die ohne Beteiligung der Arbeitnehmervertretung die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes übernimmt und "präzisiert".
Drei entscheidende Gründe nennt die kirchliche Dienstnehmervertretung zusammenfassend für ihre "dezidierte Ablehnung" der geplanten Änderungen: Es fehlten Maßnahmen zum Ausgleich längerer Arbeitszeiten; die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates würden beseitigt und Überstundenzuschläge fielen weg.
Quelle: kathpress