Wien: Generationenwechsel an Katholisch-Theologischer Fakultät
Generationenwechsel an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien: Gleich drei Professoren werden heuer emeritiert: der Bibelwissenschaftler Prof. Roman Kühschelm, der Ostkirchen-Experte Prof. Rudolf Prokschi und der christliche Philosoph Prof. Rudolf Langthaler. Alle drei prägten über Jahrzehnte das Forschungsprofil der Fakultät sowie ihr internationales Renommee maßgeblich, hob der Vize-Dekan der Fakultät, Prof. Johann Pock, bei einem Festakt am Dienstagabend im Festsaal der Universität hervor.
Die Emeritierung erfolgt offiziell zum Beginn des kommenden Wintersemensters im Herbst. Die Berufungsverfahren für die Nachfolge der Lehrstühle laufen bereits. Insgesamt zählt die Fakultät 15 Professuren und über 70 Wissenschaftler in Forschung und Lehre. Vorausgegangen war der Emeritierungsfeier ein Gottesdienst mit dem "Magnus cancellarius" der Fakultät, Kardinal Christoph Schönborn, in der Schottenkirche. Der Gottesdienst bildete zugleich den liturgischen Schlusspunkt des heurigen Sommersemesters.
Der 1952 in Ulrichskirchen (NÖ) geborene Roman Kühschelm lehrte seit 1997 als Professor für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Wien. Kühschelm ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Sein Kollege am Lehrstuhl für Neues Testament, Prof. Martin Stowasser, würdigte Kühschelm als besonders gewissenhaften und präzisen Exegeten, der die historisch-kritischen Bibelwissenschaft mit einer "großen Offenheit" und "hohen Zeitsensibilität" betrieben habe. Dabei sei Kühschelm persönlich wie wissenschaftlich stets ein "Mann der leisen Töne" geblieben.
Der 1953 in Asparn an der Zaya (NÖ) geborene Rudolf Prokschi lehrte seit 2004 Patrologie und Ostkirchenkunde und war Vorstand des Instituts für Theologie und Geschichte des christlichen Ostens. Zuvor lehrte Prokschi, der Priester der Erzdiözese Wien ist, u.a. von 1998 bis 2001 an der Universität Würzburg und von 2001 bis 2003 an der Dormitio-Abtei in Jerusalem sowie an der Universität Fribourg. Außerdem ist Prokschi Vizepräsident der Stiftung Pro Oriente.
Der am Institut für Historische Theologie lehrende rumänisch-orthodoxe Theologe Ioan Moga würdigte Prokschi als "ökumenischen Brückenbauer", der die ökumenischen Begegnungen gerade mit den Ostkirchen stets "mit Leib und Seele vorangetrieben" habe. So sei eine "ökumenische Fachpartnerschaft" entstanden, die zu Recht ein international beachtetes Alleinstellungsmerkmal der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät sei, so Moga. "Wir alle schätzen seine Fähigkeit, fachlich und menschlich Brücken zu bauen. Diese Brückenbauer-Kompetenz ist heute leider keine Selbstverständlichkeit mehr."
Der ebenfalls 1953 in Amstetten (NÖ) geborene Rudolf Langthaler lehrte seit 1999 Christliche Philosophie an der Wiener Fakultät. Zuvor lehrte er u.a. von 1984 bis 1991 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten und von 1991 bis 1999 an der Katholischen Privatuniversität Linz. Bis 2016 stand er dem Institut für Christliche Philosophie vor.
Langthalers Fachkollege, Prof. Johann Schelkshorn, würdigte Langthaler als Philosophen von internationalem Rang und Ruf. So gilt Langthaler weit über den theologischen Horizont hinaus als Experte für die Philosophie Immanuel Kants. Eine Qualifikation, die Langthaler u.a. zu einem gefragten Gesprächspartner und Berater von Jürgen Habermas werden ließ, wie Schelkshorn ausführte. Man müsse sich diese Konstellation auf der Zunge zergehen lassen, so Schelkshorn: "Der Philosoph der Aufklärung, Jürgen Habermas, holt sich philosophischen Rat beim christlichen Denker Langthaler".
Kritik an "intellektuellem Plausibilitätsverlust" der Theologie
Prof. Langthaler nutzte seine Dankesworte u.a. zu einer Kritik am aktuellen Zustand der akademischen Theologie. Der Rückgang des Gottesglaubens in Europa gehe einher mit einem "intellektuellen Plausibilitätsverlust" der Theologie, mahnte der Philosoph. In dem Maße, wie in der christlichen Verkündigungspraxis oftmals nurmehr "Folklore, garniert mit frommen Sprüchen" dargeboten werde, blühe auf der anderen Seite Aberglaube und Esoterik auf.
Notwendig sei jedoch "nicht nur eine Seel-, sondern auch eine Geistsorge", mahnte Langthaler. Schließlich sei es "um das Glaubenswissen schlecht bestellt" - und die akademische Theologie tue zu wenig dagegen, sondern weiche in umliegende Disziplinen wie die Kunst, Psychologie oder Soziologie aus, statt dem grassierenden theologischen Unwissen über die existenziellen philosophisch-theologischen Basisfragen auch bei Lehrern und Priestern zu begegnen.
Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien wurde 1384 gegründet und ist die älteste Theologische Fakultät im deutschsprachigen Raum. Zurzeit studieren an der Fakultät rund 1.000 Studierende aus rund 30 verschiedenen Ländern. Das Studienangebot umfasst 12 verschiedene theologische und religionswissenschaftliche Studienrichtungen. An der Katholisch-Theologischen Fakultät forschen und lehren ca. 70 Wissenschaftler, gegliedert in sieben Institute (15 Fachbereiche) und zwei fakultäre Forschungsschwerpunkte.
Quelle: Kathpress