P. Helm: Mehr Kirchenmitglieder sind nicht das Ziel
Das katholische Verständnis von Mission hat sich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil grundlegend geändert. Laut dem Steyler Missionar und Missionstheologen P. Franz Helm geht es nicht um vordergründige Bekehrung.
Ziel der Mission ist es nicht, mehr Kirchenmitglieder zu bekommen, sondern dass im Sinn von Jesus Christus das Reich Gottes wächst. Reich Gottes bedeutet, dass Menschen aufleben, ein qualitätsvolleres Leben finden.
Dies erklärte der jahrelang an der Universität Missionstheologie lehrende Ordensmann in der neuen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag", die mit ihm und dem Direktor des Weltmuseums, Christian Schicklgruber, ein Doppelinterview führte.
"Wer nicht getauft ist, kommt in die Hölle" - das sei bis zum Konzil die offizielle Linie der katholischen Kirche gewesen. Daher sei in Zeiten der Kolonialisierung alles unternommen worden, damit die Menschen zum Glauben finden. Heute werde Mission eher so definiert, "einen Beitrag zu leisten, dass Menschen zum Heil hinfinden": das betreffe gelingende Beziehungen ebenso wie das Entdecken der persönlichen Würde oder den Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden in einer Gesellschaft, sagte Helm.
Solche Prozesse werden versucht in Gang zu setzen - natürlich mit dem Evangelium in der Hand, weil da diese Werte herkommen.
Der Steyler Missionar erwähnte seinen Missionseinsatz von 1987 bis 1993 in Brasilien, wo Missstände wie die ungerechte Landverteilung und die Gängelung der Bevölkerung durch die Massenmedien, die in der Hand der mächtigen Oberschicht waren, geherrscht hätten. "Mich da einzusetzen, gemeinsam mit den Menschen in der Ortskirche, so habe ich Mission verstanden."
Keine Mission ohne Wunsch danach
Die Nachfrage von Museumsdirektor Schicklgruber, ob Mission nicht letztlich darauf abziele, den vorgefundenen Glauben durch einen anderen zu ersetzen, verneinte P. Helm. In gewissen christlichen Gruppierungen mag das so gesehen werden. Das sei aber nicht das Verständnis der Steyler Missionaren und entspreche auch nicht den offiziellen Dokumenten des Vatikan. "Wenn ich einen Menschen treffe, der einen anderen Glauben hat, geht es zuerst darum, mit ihm in Dialog zu kommen", betonte Helm. "Ich werde nicht versuchen, andere zum christlichen Glauben zu bekehren. Das muss von ihnen ausgehen, wenn es für sie ein Wunsch wird." Auch der in Amazonien tätige Bischof Erwin Kräutler habe einmal gesagt: "Ich habe noch keinen Indianer getauft und werde das auch nicht."
Auch Christian Schicklgruber wies auf einen Paradigmenwechsel in seinem Tätigkeitsfeld hin: Im neuen Wiener Weltmuseum solle den Besuchern ein Eindruck von der Vielfalt der Welt und der Kulturen vermittelt werden, getragen von einer Haltung der Wertschätzung. Früher hätten Völkerkundemuseen eine kulturelle Hierarchie suggeriert mit Unterscheidungen zwischen "Kulturvolk" und dem abwertend verwendeten "Naturvolk". Schicklgruber: "Man sollt's nicht glauben, aber der Begriff ist noch immer nicht verschwunden."
P. Franz Helm schrieb dem Weltmuseum in diesem Zusammenhang eine wichtige "Mission" zu - nämlich Differenzieren zu lehren und plakative Sichtweisen abzubauen.
Damit nicht einfach über 'die Muslime' oder 'die Katholiken' oder 'die Frauen' geredet wird, sondern genau hingeschaut wird: Wer ist das und in welchem Umfeld lebt der?
Orden leistete Ethnologie-Pionierarbeit
Wer in Wien Kulturanthropologie - früher Ethnologie oder Völkerkunde - studiert, kommt mit den Steyler Missionaren unweigerlich in Berührung: Bis in die 1950er Jahre war das Uni-Institut für Völkerkunde fest in der Hand der Patres, bereits Anfang des 20. Jahrhunderts waren sie die Begründer der "Wiener Schule der Kulturkreislehre". Das nach Neukonzeption und Umbau im Oktober 2017 in der Wiener Hofburg wiedereröffnete Weltmuseum birgt auch eine umfangreiche Sammlung der Ordensgemeinschaft. Die Beschreibungen und Objekte, die die Steyler Missionare von ihren Forschungsreisen mitbrachten, gelten bis heute als herausragend. Sie beinhalten z.B. die einzigen erhaltenen Tonaufnahmen von Feuerlandindianern. Teile dieser Sammlung sind im Raum "Kulturkampf in Wien" im Weltmuseum Wien ausgestellt.
Das Weltmuseum Wien (1010 Wien, Heldenplatz) ist täglich außer Mittwoch von 10 bis 18 Uhr, Freitag bis 21 Uhr geöffnet. (Info: www.weltmuseum.at)
Quelle: kathpress