"Gemeinsame Sorge für die Schwachen in der Gesellschaft"
Kardinal Christoph Schönborn, der evangelische Bischof Michael Bünker, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Ibrahim Olgun und Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister von der Israelitischen Kultusgemeinde haben am Dienstag in Wien eine Erklärung zum Weltflüchtlingstag (20. Juni) unterzeichnet. Darin rufen sie u.a. zu einem menschlicheren Umgang mit Flüchtlingen und einer sachlicheren politischen Diskussion des Asylthemas auf.
Die Erklärung kam auf Initiative der Allianz "Menschen.Würde.Österreich" zustande, hinter der federführend der frühere Raiffeisen-Generalanwalt bzw. Flüchtlingskoordinators des Bundes, Christian Konrad, steht. Kathpress dokumentiert den Wortlaut der Erklärung:
Im Jahr 2015 ist es in einer breiten Zusammenarbeit von zivilgesellschaftlichen Initiativen, Religionsgemeinschaften und Einzelpersonen, gleich ob religiös motiviert oder anders, mit den Behörden gelungen, eine große Zahl geflüchteter Menschen in Österreich aufzunehmen und ihnen Perspektiven zu öffnen. Dafür danken wir allen Beteiligten. Das ist ein gelungenes Beispiel für das gesellschaftliche Miteinander in Österreich.
Ohne den Einsatz der vielen tausenden Frauen und Männer, unterschiedlichen Alters, sozialen Status und unterschiedlicher Weltanschauung hätte Österreich die Herausforderungen der großen Fluchtbewegung 2015-2016 nicht bewältigt. Tausende Menschen haben sich seit 2015 auf die nachhaltige Begleitung von geflüchteten Menschen eingelassen, viele Freundschaften und Beziehungen sind entstanden. Ihrem oft emotional auch sehr herausfordernden Einsatz gilt unser Respekt. Dies ist ein wesentlicher Beitrag für die Integration der schutzsuchenden Menschen.
Im Vorfeld des Weltflüchtlingstages am 20. Juni 2018 erinnern wir, dass die Sorge für die Schwachen in der Gesellschaft für JüdInnen, ChristInnen und Muslime gemeinsam ein Anliegen ist. Es gehört untrennbar zu unserem Selbstverständnis als religiöse Menschen, Vertriebenen, Verletzten und Heimatlosen Trost und Hilfe zu geben.
Die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte sind wesentliche Pfeiler für die Gesellschaft, in der wir miteinander leben wollen. Gerade die Religionsfreiheit sehen wir als wesentlichen Faktor für den Frieden. Erst sie ermöglicht den Dialog der Kulturen, gegenseitige Integration und das Hervorbringen von Neuem im gesellschaftlichen Miteinander. Die Achtung voreinander und die Wertschätzung der je eigenen Identität ist in der interreligiösen Begegnung von zentraler Bedeutung.
In der Vielfalt der Talente, Kompetenzen und Biographien eine Bereicherung zu erkennen, sie wertzuschätzen und die persönliche Weiterentwicklung zu ermöglichen, ist nicht nur ein humanitärer Auftrag. Wir sehen diese Haltung auch aus unserem gemeinsamen Menschenbild heraus als wesentlich für ein gutes Zusammenleben in Österreich, als Teil der internationalen, insbesondere der europäischen Staatengemeinschaft.
Wir ermutigen alle zu einer Versachlichung im öffentlichen Diskurs beizutragen, ohne gegenseitige Schuldzuweisungen. Wir sind dankbar, dass wir in einem Land leben dürfen, in dem Humanität von höchster Bedeutung ist und in dem das gemeinsame Engagement für Menschen in Not eine tragende Grundfeste der Gesellschaft ist. Dazu wollen wir beitragen und ermutigen alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes diesen Weg weiterzugehen.
Quelle: kathpress