Glettler an Neupriester: Gottvertrauen jenseits von Kirchenmacht
Zu Gelassenheit und Gottvertrauen jenseits von Kirchenmacht und Problemstellungen hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler bei der Weihe zweier Neupriester - P. Dominikus Kraschl und Fritz Kerschbaumer - aufgefordert. Er rief bei der Feier am Sonntag im Innsbrucker Jakobsdom zu einer Haltung auf, wie Jesus sie im Gleichnis vom verborgenen Wachsen der Saat (Mk 4,26-34) geschildert habe. Auch Priester sollten "mit einem wachen Herzen warten, bis die Saat aufgeht". Glettler wörtlich:
Wir sind nicht die Macher einer besseren Welt. Wir sind nur die Zeugen, dass das Reich Gottes wächst, oft im Verborgenen, leicht zu übersehen, immer im Kleinen beginnend. Wie ein Senfkorn.
Die Weihe von Priestern, die ihr Leben ohne Absicherungen und 100-prozentige Garantien in den Dienst Jesu und damit in den Dienst der Menschen stellen, ist nach den Worten Glettlers "ein Fest gegen die Angst". Christen sollten sich von den vielfältigen Ängsten unserer Zeit nicht lähmen lassen. "Oftmals geht uns mit Recht die Geduld aus", räumte Glettler mit dem Hinweis auf Unrechtssituationen und Konfliktherde in aller Welt und auch hierzulande ein. Es stünden Reformen an, "die in und außerhalb der Kirche nicht schnell genug gehen". Und es brauche tatsächlich "auf allen Ebenen dringende Lösungsvorschläge und einen enormen Einsatz, diese auch umzusetzen". Zugleich rufe das Evangelium dazu auf, "Gott zuerst wirken zu lassen".
Jesus selbst habe die "maßlosen Erwartungen in den Messias" enttäuscht und tue das bis heute, wenn er als "Automat zur Erfüllung aller menschlichen Wünsche" gesehen werde. "Träumen wir immer noch von einer großen und starken Kirche, die in der Gesellschaft einen maximalen Einfluss hat?", fragte Glettler in seiner Predigt. "Träumen wir immer noch von Positionen und Privilegien?" Christusnachfolge bedeute "Vertrauen, dass wir nicht allein sind, weil er mitgeht". Da bedeute bisweilen Ohnmacht, den Lauf der Dinge nicht verändern zu können. Die Erfahrung der Ohnmacht gehöre zum alltäglichen Leben eines Priesters, sagte Glettler. Auch Jesus habe "die schreckliche Welt nicht mit einem Schlag verändert"; wohl aber habe er "das entscheidende Samenkorn des neuen Lebens - nämlich sich selbst - in die Erde gelegt".
Der Innsbrucker Bischof rief die beiden Weihekandidaten auch dazu auf, sich auf das Wesentliche ihres Priesteramtes zu konzentrieren und nicht die Erwartung zu schüren, dass sich ein Priester um alles kümmern muss. Aufgaben wie die Reparatur der Turmuhr oder der Krankenstand der Kindergärtnerin, die defekte Sprechanlage oder die Vorlage der Kirchenrechnung seien nachrangig gegenüber der Glaubensverkündigung und der Gottesdienstfeier. Ein Priester müsse "sich kümmern um die geistliche Begleitung und Stärkung der Gläubigen, sodass viele ihre Charismen entfalten können und lernen Verantwortung für Menschen in ihrer Umgebung zu übernehmen", betonte Glettler. Er müsse weiters dafür Sorge tragen, dass niemand vergessen oder an den Rand gedrängt wird. Und schließlich: "Er muss in allem sein Herz an den Herrn hängen, der uns als seine Erntehelfer braucht."
Ein Ordens- und ein Weltpriester
Bischof Glettler weihte am Sonntag einen Ordens- und einen Weltpriester. Der aus Bergheim bei Salzburg stammende P. Dominikus Kraschl, 34 Jahre alt, lebt im Franziskanerkloster Innsbruck, dem Orden gehört er seit 15 Jahren an, berichtete die Diözese Innsbruck. Bewegt von Fragen im Grenzbereich von Theologie und Philosophie studierte Kraschl nach dem Noviziat in Tirol beides in Salzburg und verfasste auch eine theologische Dissertation. Eine weitere Doktorarbeit in Philosophie folgte während seiner Tätigkeit als Religionslehrer am Franziskanergymnasium Hall, seit gut einem Jahr arbeitet er an einer Habilitation im Bereich Religionsphilosophie/Fundamentaltheologie. Ein weiteres Engagement in der akademischen Wissenschaft ist für den Ordensmann eine Option, wie es heißt
Der gebürtige Innsbrucker Fritz Kerschbaumer, ebenfalls 34 Jahre alt, studierte nach der Matura in seiner Heimatstadt und in Pune in Indien zunächst Lehramt Religion und Geschichte, später dann Fachtheologie. Während beinahe des ganzen Studiums arbeitete er in der Katholischen Hochschuljugend Innsbruck und der Universitätspfarre mit. Sein Wunsch, Priester zu werden, wurde zunehmend konkreter, 2014 trat Kerschbaumer in das Innsbrucker Priesterseminar ein. Es folgte das Propädeutikum (das Einführungsjahr für Priesterkandidaten) in Horn, ein Doktoratsstudium und ein Pastoraljahr im Seelsorgeraum Jenbach-Wiesing-Münster, wo er seit November 2017 als Diakon wirkt. Zusätzlich ist er Krankenhausseelsorger in Schwaz und im Caritas-Zentrum in Uderns. Nach der Primiz am kommenden Sonntag in Jenbach wird Kerschbaumer ab September als Kooperator in den Seelsorgeraum Reutte wechseln.
Quelle: kathpress