Tagung: Religionen leisten "Unermessliches" für Gesellschaft
Der ideelle Nutzen dessen, was Kirchen und Religionsgemeinschaften für Staat und Gesellschaft leisten, ist "unermesslich": Zu diesem Resümee kamen am Donnerstag der Kirchenrechtler Wilhelm Rees und der Rechtshistoriker Johann Bair im Anschluss an einem von den beiden konzipierten und organisierten interreligiösen Dialogreihe an der Uni Innsbruck zu der alle in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften und staatlich eingetragenen Bekenntnisgemeinschaften eingeladen waren.
Für die römisch-katholische Kirche wies der Grazer Caritasdirektor Herbert Beiglböck auf das vielfältige Engagement in den Bereichen Bildung, Soziales (Behinderte, Obdachlose, Pflege, Flüchtlinge...), in Kunst, Kultur und Denkmalpflege sowie in der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe in Krisengebieten hin. Er erinnerte an eine Studie zum Thema "Wirtschaftsfaktor Kirche", 2015 erstellt vom Joanneum Research und dem Institut für Höhere Studien (IHS), wonach jährlich 6,65 Milliarden Euro an direkter, indirekter und induzierter Wertschöpfung von 158.000 Beschäftigten in der katholischen Kirche und in deren Umfeld erwirtschaftet werden.
Im sozialen Bereich sei die Caritas als eine der größten Non-Profit-Organisationen Österreichs ein Big Player, Bedeutendes leisteten auch die Ordensgemeinschaften, die ehrenamtlich strukturierte Vinzenzgemeinschaft und die Pfarren als nachbarschaftliches Netzwerk. Nur schwer messbar ist die ökonomische Bedeutung der Kirche für den Tourismus, ist nach den Worten Beiglböcks doch ein wesentlicher Anteil der sogenannten "Top-Sights" in Österreich der römisch-katholischen Kirche zuzuschreiben.
Der Caritasdirektor erinnerte auch an den früheren deutschen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und dessen Unterscheidung von Religion und Politik: "Religionen handeln von Wahrheiten, Politik handelt von Interessen. Interessen sind nicht wahrheitsfähig, Wahrheiten sind nicht mehrheitsfähig." Gerade in einer aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzung in Österreich sei es wichtig, sich diese Unterschiedlichkeit vor Augen zu halten, betonte Beiglböck: "Es hilft zu verstehen, warum politische Entscheidungsträger so agieren und entscheiden, wie wir das aktuell erleben und warum Kirchen und Religionsgemeinschaften dagegen halten müssen." Politisch Verantwortliche müssen in demokratischen Systemen gewählt werden und dafür Mehrheiten suchen. Für die Kirchen ist - so Beiglböck - "die Einzigartigkeit und Würde des Menschen, seine Gleichheit, seine Freiheit und das Streben nach Gerechtigkeit als absolute Wahrheit nicht verhandelbar".
Religionen breit vertreten
Die zweitägige Veranstaltung war die vierte einer der 2015 gestarteten Innsbrucker Dialogreihe unter dem Generalthema "Religion und Staat im Brennpunkt". Diesmal nahmen neben vielen christlichen Kirchen u.a. auch die Islamische Glaubensgemeinschaft, die Israelitische Religionsgesellschaft, die Buddhisten, aber auch Jehovas Zeugen, Mormonen, Baha'is und die Vereinigungskirche (Moon-Bewegung) teil.
Im Ergebnis zeigten die Referate deren Vertreter, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften für Staat und Gesellschaft nicht nur eine Leistung erbringen wollen, sondern tatsächlich eine Vielzahl von Leistungen erbringen, erklärten die Uni-Professoren Rees und Bair gegenüber "Kathpress". Diese sowohl spirituellen als auch sozialen Angebote seien von Liebe und Verständnis für den Mitmenschen getragen. Der geleistete Dienste am Nächsten sei "von einer solch großen Individualität und Vielfalt, dass sie nur zum Teil der ökonomischen Auslotung und Bestimmung zugänglich sind".
Quelle: kathpress