Caritas mahnt Regierung zur Bekämpfung von Kinderarmut
Scharfe Kritik an den geplanten Kürzungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) bei armutsbetroffenen Personengruppen hat Österreichs Caritas-Präsident Michael Landau geäußert. Betroffen seien vor allem Kinder, alte und kranke Menschen sowie Menschen mit Behinderungen, betonte er in einer Aussendung vom Donnerstag. "Mindestsicherung muss das letzte soziale Netz bleiben und darf kein Armutsbeschleuniger werden", forderte er in Richtung Regierung. "Kinderarmut und Altersarmut in Österreich müssen sinken, nicht steigen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein", so Landaus Standpunkt.
Ausgerechnet kinderreiche Familien - eine Gruppe, die schon länger höchst armutsgefährdet ist - würden durch die "BMS Neu" schlechtergestellt, kritisierte der Caritas-Präsident. "Keiner Mindestpensionistin geht es besser, wenn es einer kinderreichen Familie schlechter geht", wies Landau hin. Statt Menschen gegeneinander auszuspielen müsse die Mindestsicherung das Leben in Österreich absichern, "und zwar in der Weise, dass ein Leben in Würde möglich ist".
Landau stützte sich dabei auf eine aktuelle Österreich-Sonderauswertung der EU-Sozialstudie SILC, wonach Bezieher von Mindestsicherung überdurchschnittlich oft krank sind: Ein Viertel der Bezieher leidet an einer Behinderung oder mehrfache gesundheitliche Beeinträchtigung, bei den nicht auf BMS Angewiesenen sind es nur sechs Prozent. Mehr als die Hälfte der Bezieher (58 Prozent) bezeichnet sich als chronisch krank, ohne Mindestsicherung ist es nur ein Drittel (32 Prozent). "Armut macht krank", erklärte Landau; schwierige Umstände hätten eindeutig negative Auswirkungen auf die Gesundheit.
Laut den Zahlen, für die knapp 13.000 Österreicher - darunter 300 BMS-Bezieher - befragt wurden, leben Haushalte mit Mindestsicherung weiters doppelt so oft (22 Prozent) in feuchten, von Schimmel beeinträchtigten Wohnungen wie ohne diese Unterstützung (11 Prozent), sowie auch weit eher in dunklen Räumen (15 zu 6 Prozent) oder mit Überbelag (29 zu 6 Prozent). Die Wohnungen sind dabei nicht nur schlechter als der Durchschnitt, sondern auch teurer, mit einer Differenz von ein bis zwei Euro pro Quadratmeter. 14 Prozent der BMS-Empfänger können es sich nicht leisten, adäquat zu heizen.
Keine weiteren Hürden für Kinder
Besonders verwies der Caritas-Präsident auf das Thema Kinderarmut:
Klar ist, dass sich Kinder in dunklen und nicht ausreichend geheizten Räumen schwer tun, für die Schule zu lernen.
Laut den SILC-Daten können jeweils 19 Prozent der BMS-Familien die Teilnahme an Schulaktivitäten und Schulfahrten nicht bezahlen sowie auch keine Freunde einladen. Besonders jene Kinder, die von Beginn an ein Stück weit hinter den anderen ins Leben starten müssten, benötigten "Unterstützung, nicht weitere Hürden". Die Regierung dürfe nicht die Zukunft junger Menschen leichtfertig aufs Spiel setzen.
Ähnlich hatte sich am Donnerstag auch die Armutskonferenz geäußert; behinderte BMS-Bezieher würden durch die Reformpläne der Regierung weiter unter Druck kommen, so die Befürchtung. Sollten bei der geplanten Vereinheitlichung die etwa in Wien derzeit möglichen Sonderzahlungen für Behinderte wegfallen und Zusatzzahlungen für Wohnbedarf nur bei Alleinerzieherinnen zulässig sein, bedeute das massive Verschlechterungen, befand der Armutskonferenz-Sprecher und Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk.
CETA: Regierung "auf Seite der Konzerne"
Doch auch in anderer Hinsicht stößt die Regierung derzeit auf Widerstand. Die Plattform "Anders Handeln", zu deren Initiatoren neben Attac, GLOBAL 2000, Südwind und Gewerkschaft auch die "Katholische ArbeitnehmerInnenbewegung" (KABÖ) gehört, warf ÖVP und FPÖ wie auch den NEOS unmittelbar vor der Parlaments-Abstimmung über den Handelspakt CETA vor, sich "auf die Seite der Konzerne und gegen die Interessen der Bürger und der Umwelt" gestellt zu haben. Die Regierung sei mit den Sonderklagerechten für Konzerne sogar bereit gewesen, die eigene Hoheit zu beschränken. Auch nach dem Beschluss im Nationalrat werde man sich im Bundesrat und beim Bundespräsidenten noch für ein "Nein zu CETA" einsetzen, kündigten die NGOs an.
Beim jüngsten ÖGB-Kongress im Austria Center Vienna machte sich die KABÖ für die Beibehaltung des arbeitsfreien Sonntags stark und infomierte mit einem Stand über ihre Aktivitäten.
Quelle: kathpress