Ethikerin: Höheres Gesundheitsrisiko bei "Drei-Eltern-Kind"
"Unredlich und medizinisch nicht sinnvoll" ist es nach den Worten der Wiener Bioethikerin Susanne Kummer, Frauen mit Kinderwunsch und mutierten Mitochondrien automatisch als "Therapie" eine künstliche Befruchtung mit Keimbahnmanipulation anzubieten: Diese als "Drei-Eltern-Baby" bekannt gewordene, in den meisten Ländern verbotene Technik sei "aus ethischer Sicht abzulehnen, da sie das Tor für weitere genetische Veränderungen von Menschen mit unabsehbaren Folgen öffnet", warnte die Geschäftsführerin des kirchennahen Bioethikinstituts IMABE am Mittwoch in einem der Nachrichtenagentur "Kathpress" vorliegenden Statement.
Konkret geht es um die sogenannte Mitochondrien-Ersatztherapie (MET), bei der ein nach einer künstlichen Befruchtung entstandener Zellkern in die entkernte Eizelle einer Fremdspenderin eingesetzt wird. Das dabei entstandene Kind hat dann genetisches Erbmaterial des genetischen Vaters, der genetischen Mutter und der Eizellenspenderin. Entgegen ihrer Bezeichnung stellt die Methode keine Therapie für erkrankte Patienten dar, sondern eine Manipulation an Eizellen. Das erste genetische "Drei-Eltern-Kind" wurde in der Ukraine bereits geboren; die Technik ist in Großbritannien und womöglich bald auch in Singapur erlaubt.
Die schon bislang umstrittene Methode birgt jedoch viele Gesundheitsrisiken, zeigten nun deutsche Forscher: Bei etwa jedem dritten geborenen Kind kann MET zu ungewollten Nebeneffekten und unvorhersehbaren Folgen führen, berichten die Biologen Klaus Reinhardt und Ralph Dobler von der TU Dresden in der Fachzeitschrift "Human Reproduction Update". Reinhardt hatte schon vor Jahren kritisiert, dass man sich die Aussagen über die angebliche Sicherheit von MET auf Studien an Eizellen von nur 15 Frauen, drei Makaken und zehn Mäusen gestützt hatte. Ebenfalls bereits 2013 kritisierten namhafte Bioethiker, es handle sich dabei um ein "unethisches Experiment mit Menschen".
Die aktuelle Analyse, für welche die Wissenschaftler alle publizierten Ergebnisse über Mitochondrienersatz aus den Gebieten Medizin, Biomedizin, Ökologie und Evolutionsbiologie auswerteten, deutet auf eine signifikante Veränderung des Organismus, mit negativen Auswirkungen u.a. bei Genexpression, Stoffwechsel und Fortpflanzung. Zurückzuführen sei dies laut Reinhardt und Dobler u.a. darauf, dass beim Austausch der Mitochondrien immer einige kranke Mitochondrien mitwandern. Überraschenderweise sind diese Effekte beim Menschen generell ausgeprägter als bei Tieren.
IMABE-Geschäftsführerin Kummer verwies in ihrer Kritik an der Methode auf sehr niedrige Wahrscheinlichkeit - sie liegt bei 1 von 5.000 - einer tatsächlichen Erkrankung des Kindes von Mütter mit mutierten Mitochondrien. Das Erkrankungsrisiko sei fast niedriger als mögliche Komplikationen durch den Mitochondrien-Austausch, müsse doch ein Schwellenwert von 50 bis 80 Prozent fehlerhafter Mitochondrien erreicht sein, damit die Krankheit überhaupt zum Ausbruch komme.
Quelle: kathpress