Krautwaschl: Jesus war alles andere als "schmeichelweich"
An Jesus schieden sich die Geister, er war alles andere als "schmeichelweich": Darauf hat der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl bei Eröffnungsmesse zur "Jubiläums-Bühne" in Liezen aufmerksam gemacht, die anlässlich von "800 Jahre Diözese Graz-Seckau" in dieser Woche dem Thema "Wer hat die richtige Religion?" gewidmet ist. Diese Frage habe gerade auch im steirischen Ennstal - mit seinem hohen Anteil an evangelischer Bevölkerung - Menschen bewegt und zu Konflikten geführt. Diese wiederum haben nach Überzeugung Krautwaschls problematische, aber auch gute Seiten, denn sie zeigten an, dass "wir uns unterwegs wissen und keineswegs am Ziel unseres Menschseins wähnen".
Entscheidend sei die Weise, "wie wir uns unterschiedlichen Standpunkten und daher auch mitunter Konflikten stellen und diese dann auch beizulegen versuchen", betonte der Bischof. Wer Jesu Wirken in all seinen Facetten ernst nimmt, erkenne: Der Sohn Gottes habe "zu klarer Entscheidung herausgefordert"; er habe seine Botschaft deutlich ausgesprochen, aber jedem seiner Zuhörer die Freiheit gelassen, ihm nachzufolgen.
Krautwaschl wandte sich gegen eine "political correctness", die angesichts von Gleichnissen wie jenem in der Messfeier verlesenen von den bösen Winzern "ungeschichtlich agiert" und daher den Kern des Wortes Gottes verfehlt. Wer die Spitzen und damit die Ernsthaftigkeit der Botschaft Jesu zu tilgen suche, lässt das Christentum zur "Wellness-Religion" verkommen, warnte der Bischof. Er forderte die Mitfeiernden auf, "uns selbst und unser Christsein in unsere Gesellschaft hineinzutragen als das Angebot für ein Leben in Fülle".
Absolutheitsansprüche hinterfragen
"Wer hat die richtige Religion?": Unter diese provokante, historisch belastete Frage hat die Diözese Graz-Seckau die sechste ihrer insgesamt acht "Bühnen" zum diesjährigen 800-Jahr-Jubiläum gestellt. Am Schauplatz Liezen im Ennstal werden noch bis 10. Juni aber nicht nur religiöse Kontroversen wie jene nach dem Aufkommen der protestantischen Reformation in Erinnerung gerufen, wie Pfarrer Andreas Fischer bei der Programmpräsentation hinwies. Laut der Diözese Graz-Seckau sollen Wahrheits- und Absolutheitsansprüche in Frage gestellt werden und das Verbindende ins Blickfeld gerückt werden - etwa bei einem gemeinsamen Friedensgebet mit Muslimen, Sikhs und Baha'is am Donnerstag.
Nach dem liturgischen Anfang mit Bischof Krautwaschl am Montagabend am Liezener Kulturhausplatz setzt der Admonter Abt Gerhard Hafner am 10. Juni mit einer Festmesse den Schlusspunkt. Zu den inhaltlichen Höhepunkten dazwischen zählt ein Vortrag des bekannten Psychiaters und Gerichtsgutachters Reinhard Haller am Mittwoch: Er widmet sich den Kränkungen und Missverständnissen, die Anlass für Konflikte und Entzweiungen werden.
Das Gedenken an den vor 100 Jahren beendeten Ersten Weltkrieg als "europäische Urkatastrophe und Kränkungssaat" ist ein am selben Tag von Pfarrer Fischer und dem Liezener Stadtchronisten Karl Hödl angebotener "Bedenk-Gang" von den Mahnmalen bei der Röthelbrücke über Zwischenstationen zur Bühne gewidmet. "Steine vom Ennsufer und symbolische Wasserwellen werden uns auf diesem Gang begleiten" so die Ankündigung, "aus Kränkung zur Versöhnung, vom Unfrieden zum Ruheplatz am Wasser".
Am Dienstag wurden an der Jubiläumsbühne mögliche Zukunftsbilder der Kirche auf Stoffbahnen gezeichnet. Aus diesen wiederum werden Taschen produziert, die die Caritas gegen eine Spende abgibt; der Erlös kommt bedürftigen Menschen in der Region zugute. Weitere Programmpunkte sind u.a. ein "Young Speakers' Corner" am Donnerstag und eine Aufführung der Theatergruppe der Lebenshilfe Stainach unter dem Titel "Recht zu glauben". (Info: www.800-jahre-graz-seckau.at/buehnen)
Quelle: kathpress