Chalupka kritisiert Regierungspläne für Mindestsicherung
Kritik an den Regierungsvorhaben zur Mindestsicherung hat Diakonie-Direktor Michael Chalupka geäußert. Gesetze dürften "nicht so gemacht werden, dass viele vom Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben werden", bemerkte der scheidende Leiter der evangelischen Hilfsorganisation am Samstag im Ö1-Mittagsjournal. Konkret sprach Chalupka dabei die Ungleichbehandlung von anerkannten Flüchtlingen an, die der Genfer Flüchtlingskonvention widerspreche. Österreich sei verpflichtet, ihnen zumindest ein Mindestmaß für die Existenz zu garantieren.
Die Regierungspläne für Mindestsicherung seien "provisorisch und nicht den praktischen Bedürfnissen entsprechend", so Chalupkas Urteil. Bei der diese Woche präsentierten Ministerrats-Vorlage handle es sich offensichtlich um einen "Entwurf von PR-Leuten und Menschen, die ideologisch getrieben worden sind", während Experten oder Fachleute aus der Praxis nicht eingebunden gewesen seien. Dies erkenne man daran, dass gleich nach der Präsentation Änderungen etwa in Sachen Alleinerzieher oder bei den Wohnkosten vorgenommen werden mussten.
Als Zweck der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, deren Einführung im Jahr 2010 ein "großer Erfolg" gewesen sei, bezeichnete Chalupka die Linderung einer zeitlich begrenzten Notlage - weshalb in der Phase des Bezugs in besonderer Weise Integrationsmaßnahmen zu erfolgen hätten. Gebe man Asylberechtigten weniger Mindestsicherung und wolle gleichzeitig auch bei Integration sparen, sei dies jedoch "widersinnig".
Kürzungen nicht nur bei Flüchtlingen
Manche der von der Regierung vorgelegten Berechnungen seien laut dem Diakonie-Direktor schlichtweg falsch, manches werde verschwiegen - wie etwa der "massive Eingriff" bei den zumeist österreichischen Familien, die nun benachteiligt würden. "Man spricht über Asyl, kürzt aber bei allen", so Chalupka mit dem Verweis auf gleichzeitige Kürzungen bei der Kinder-Grundsicherung oder beim Existenzminimum. Vorgebrachte Beispiele über den Bezug der vollen Mindestsicherung seien irreführend, treffe doch meistens jener Fall zu, dass ein geringes Familieneinkommen aufgestockt wird - etwa bei den Beziehern in Wien um durchschnittlich 300 Euro.
Zur Frage der angekündigten Verstaatlichung der Rechtsberatung für Asylwerber betonte Chalupka, unabhängige Beratung sei wichtig für ein Rechtssystem. Behauptungen, wonach die bisher für diese Aufgabe zuständigen NGOs das Asylverfahren verzögerten, träfen nicht zu - "vielmehr stimmt das Gegenteil", so der Diakonie-Chef.
Freude über Nachfolgerin
Chalupka sprach auch den anstehenden Wechsel an der Diakonie-Spitze an; im September übernimmt nach 24 Jahren Anna Katharina Moser den Direktorsposten. Er selbst freue sich darauf, dass die Führung der wichtigsten evangelischen Sozialorganisation des Landes nun in Frauenhand komme - "denn in der Diakonie wie auch in allen anderen Sozialorganisationen arbeiten zu über 70 Prozent Frauen", so der scheidende Direktor. Seine eigene Erfahrung aus zwölf miterlebten Innen- und zehn Sozialministern:
Besonders wichtig ist, dass Politiker gesprächsfähig bleiben und auch die Meinung der Praxis hören wollen.
Quelle: kathpress