Glettler über Nachhaltigkeit: "Zeit für eine Kurskorrektur"
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler möchte, dass die Kirche Konsequenzen aus der "revolutionären" Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus zieht und die global notwendige Umkehr in Richtung Schöpfungsverantwortung mitträgt. "Es ist Zeit für eine Kurskorrektur. Ausreden zählen nicht mehr!", betonte Glettler am Donnerstag in Innsbruck bei einem Pressegespräch, bei dem er und weitere Vertreter der Diözese Innsbruck deren neue Nachhaltigkeitsstrategie präsentierten. Zugleich trat die Diözese dem "Klimabündnis Tirol bei".
Diese Maßnahmen seien bewusst auf den Tag genau drei Jahre nach der Veröffentlichung der Papst-Enzyklika ergriffen worden, teilte die Diözese mit. "Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist in der Heiligen Schrift verankert", wies Bischof Glettler hin. Die Schöpfung sei "ein Geschenk Gottes", und Christen trügen Mitverantwortung für das Schicksal der globalisierten Welt.
Die Diözese Innsbruck sei schon seit Jahren "ökologisch sensibilisiert" und bemüht, ihre Schöpfungsverantwortung wahrzunehmen - zuletzt inspiriert auch durch Franziskus und dessen Appell, die "Unkulturen der Maßlosigkeit und Ausbeutung" hinter sich zu lassen. Der Beitritt zum Klimabündnis sei eine weitere Selbstverpflichtung, so der Bischof. "Das weltweite Konsum- und Produktionsvolumen liegt über dem, was die Erde ökologisch verkraften kann", gab Glettler auch im neuen "Nachhaltigkeits-Kalender" zu bedenken. "Wir beuten die noch vorhandenen Ressourcen aus, um den westlichen Lebensstandard auf Teufel komm raus zu prolongieren." Dass Millionen aufgrund der auf Gier ausgerichteten Wirtschafts- und Finanzsysteme verhungern, ist für den Bischof "einer der größten Skandale unseres Jahrhunderts". Und mit den weltweiten Schadstoffemissionen werde "unsere Schwester Erde" in die "finale Erschöpfung" getrieben.
Glettler plädierte für effektives Gegensteuern und Veränderungen im Lebensstil. Politik, Wirtschaftsunternehmen und auch die Konsumenten seien hier die bedeutenden gesellschaftlichen Akteure. Aber auch die Aufgaben für die christlichen Kirchen seien vielfältig - "von der Förderung einer Schöpfungsspiritualität bis zu Empfehlungen für eine ethisch verantwortbare Vermögensveranlagung".
Mehrjährige Vorarbeiten
Die neue Innsbrucker Nachhaltigkeitsstrategie ist Ergebnis einer mehrjährigen Diskussion in Arbeitsgruppen und diözesanen Gremien und setzt den Beschluss der Österreichischen Bischofskonferenz von 2015 um, Schöpfungsverantwortung "in allen Bereichen des diözesanen Wirkens" zu leben und sichtbar zu machen. Als diesbezügliche Handlungsfelder werden seitens der Diözese Innsbruck u.a. die Aus- und Weiterbildung genannt, weiters die Bereiche Energie, Beschaffung und Ökonomie, Emissionen, Abfall und Abwasser sowie die Mobilität.
Laut der diözesanen Umweltbeauftragten Daniela Soier greift die Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur neue Ideen auf wie z.B. die "Energie-Offensive der Pfarren", sondern hält auch Standards wie Green-Events-Kriterien für diözesane Einrichtungen und Veranstaltungen fest. In einigen Bereichen habe die Diözese schon eine Vorreiterrolle eingenommen: So sei der Neubau des jüngst wieder eröffneten Bildungshauses St. Michael nach ökologischen Kriterien erfolgt und habe die Auszeichnung "Klimaaktiv Gold" erhalten. Im Bereich der ethischen Geldanlagen biete die Finanzkammer der Diözese schon seit einigen Jahren Seminare für Banken an; und die Caritas unterstütze in ihren Partnerdiözesen ökologische Projekte in Regionen, die - wie in Burkina Faso oder Mali - vom Klimawandel speziell betroffen sind.
Zahlreiche weitere Vorschläge sind laut Seelsorgeamtsleiterin Elisabeth Rathgeb gerade in Arbeit. Als "Zukunftsvision" nannte sie "Schöpfungsverantwortliche" als Ansprechpersonen für Umwelt-Themen in jeder Pfarre. Rathgeb lud alle haupt- und ehrenamtlichen Kirchenmitarbeiter und alle Interessierten zum Mittun zugunsten einer "enkeltauglichen Zukunft" ein.
Um die Umsetzung zu unterstützen und ins diözesane Arbeitsjahr zu integrieren, liegt die Nachhaltigkeitsstrategie in Kalenderform vor: Er beginnt mit der "Schöpfungszeit" im September und bietet monatlich Anregungen zu je einem Handlungsfeld der Strategie. Der Kalender kann zum Preis von 3 Euro bestellt werden unter: seelsorgeamt@dibk.at.
Felipe lobt die Bemühungen der Diözese
Die Diözese Innsbruck berichtete auch über Lob von politischer Seite: Die grüne Landeshauptmann-Stellvertreterin und Klimabündnis-Obfrau Ingrid Felipe zeigte sich erfreut über den neuen Bündnis-Partner. Die Landespolitikerin führte auch an, bei den Regierungsverhandlungen mit der ÖVP habe sie "Laudato si" als Gesprächsgrundlage für Umweltschutzthemen mitgenommen. Das Schreiben von Franziskus sei "ein Auftrag für alle Menschen", so Felipe.
Unter dem Motto "global denken, lokal handeln" setzt sich das Klimabündnis Tirol bereits seit 20 Jahren für eine klimagerechte Welt ein. Gleichzeitig werden in Tirol auch lokale Klimaschutzprojekte umgesetzt, mithilfe von Partnern wie dem Land Tirol, 72 Gemeinden, 23 Schulen, zwölf Betrieben und jetzt auch der Diözese Innsbruck.
Quelle: kathpress