Landau: Gesellschaft braucht Menschen, die "nicht wegschauen"
Die notwendige Eigenverantwortung braucht nach Überzeugung von Caritas-Präsident Michael Landau auch die Verantwortung füreinander. "Jede lebendige Gesellschaft atmet aus dem starken Miteinander von Menschen, die die Augen öffnen, die hinschauen und nicht wegschauen, die nicht zuerst fragen: 'Was bekomme ich?', sondern auch und vor allem: 'Was kann ich tun?"", forderte Landau Solidarität mit den Schwächsten in einer Gesellschaft ein. Als Teilnehmer einer Pressekonferenz von Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Vertretern gemeinnütziger Organisationen betonte Landau am Dienstag in Baden (NÖ.) zugleich in Richtung Regierung: "Der Sozialstaat ist nicht beliebig verschlankbar."
An der Pressekonferenz im "Henry-Laden", einer Second-Hand-Boutique des Roten Kreuzes in der Kurstadt, nahmen neben dem Caritas-Präsidenten auch Diakonie-Direktor Michael Chalupka, SOS Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser und Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer teil. Bundespräsident Van der Bellen unterstrich dabei die Leistungen der NGOs als unverzichtbar für die Zivilgesellschaft.
Michael Landau wies in seinem Statement darauf hin, dass ohne Zusammenhalt und Zuversicht keine gedeihliche Zukunft möglich ist. "Da kommt es auf jede und jeden Einzelnen an, und ich bin dankbar für den guten Grundwasserspiegel der Solidarität und Nächstenliebe in unserem Land." Ein zukunftstauglicher, armutsfester Sozialstaat, sei "eine Investition in die soziale Sicherheit, ein notwendiger Ausdruck für die Würde jedes Menschen und ein Stück institutionalisierte Solidarität". Auch in Zeiten von anhaltendem Wirtschaftswachstum hält dürfe auf jene Menschen nicht vergessen werden, denen es nicht so gut geht. Und der Politik schrieb der Caritas-Chef ins Stammbuch:
Es wird heute viel von Sicherheit geredet, aber das umfasst auch soziale Sicherheit: Arbeit, von der man leben kann, leistbarer Wohnraum, der Zugang zur Bildung für alle Kinder, oder auch die Zukunft der Pflege.
Über die Bedürftigen hierzulande hinaus gelte es auch die Not anderswo im Blick zu haben, so Landau weiter. Er erinnerte an die 17 nachhaltigen UN-Entwicklungsziele ("Sustainable Development Goals"), zu den Österreich bekenne, als "Wegkarte für so etwas wie eine bessere Welt" und regte am Vorabend der Österreichischen EU-Ratspräsidentschaft an: "Wäre es nicht hoch an der Zeit, dass auch unser Land sich für so etwas wie einen 'Marshallplan mit Afrika' einsetzt?"
Dem Bundespräsidenten dankte Landau für sein Kommen als "wichtiges Zeichen des Austauschs und der Nähe" sowie auch des gemeinsamen Bemühens dafür, dass aus den Außenseitern der Gesellschaft "Innenseiter" werden "und aus dem karitativen Engagement von heute die Gerechtigkeit von morgen". Der Caritas-Präsident abschließend:
Es geht zuerst und zuletzt um Werthaltungen und Wertentscheidungen, um die Frage nach dem Menschenbild und wie wir leben wollen. Wir können etwas ändern. Auch daran zu erinnern kann und soll die heutige Begegnung dienen.
Van der Bellen lobt soziale NGOs
Van der Bellen erinnerte im "Henry Laden", wo z.B. Mindestsicherungsbezieher billig gebrauchte Kleidung und Möbel erwerben können, dass nicht jeder Österreicher überdurchschnittlich verdient. Der Bundespräsident würdigte in diesem Zusammenhang die Rolle der gemeinnützigen Organisationen, deren Mittel großteils auf Spenden sowie dem ehrenamtlichen Engagement beruhten. Diese "leisten unschätzbare Arbeit für unser Land, für den sozialen Ausgleich und für den Zusammenhalt", sagte Van der Bellen. Eine Gesellschaft sei immer auch daran zu messen, wie sie mit Benachteiligten umgeht.
Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Vielen Menschen in unserem reichen Land geht es sehr gut. Umso mehr müssen wir daher auf jene schauen, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen.
Laut Gerald Präsident Schöpfer hat das Rote Kreuz laufend mit Menschen zu tun, "die nicht auf die Butterseite gefallen sind". Um deren Leben zu verbessern, sei nicht nur die konkrete Hilfe wie jene der in Baden vertretenen NGOs nötig, "sondern dafür braucht es gesellschaftlichen Zusammenhalt und politische Rahmenbedingungen". Diakonie-Direktor Michael Chalupka nannte es eine "gute österreichische Tradition, dass die Erfahrung aller Teile der Gesellschaft in den politischen Prozess miteinfließen". Christian Moser von SOS-Kinderdorf forderte mehr Augenmerk auf die Jüngsten: Jedes Kind verdiene optimale Startbedingungen - "völlig unabhängig davon, was Eltern ins Sozialsystem einzahlen".
Quelle: kathpress