Krautwaschl: Kirche muss auf alle Menschen zugehen
Die katholische Kirche in der Steiermark stellt sich anlässlich ihres heurigen 800-Jahr-Jubiläums intensiv die Frage, "wie wir die nahe Zukunft der Diözese gestalten werden": Das hat der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl am Donnerstag vor den beim traditionellen Medienempfang versammelten Journalisten mitgeteilt. Besonders versuche die Diözese Graz-Seckau gemeinsam das "Wir"-Verständnis zu erarbeiten und weiter zu denken, denn "wir sind zu allen Menschen in der Steiermark gesendet, um allen das Evangelium zu bezeugen", betonte der Diözesanbischof bei der Abendveranstaltung im Grazer Priesterseminar.
Der Bischof griff Leitfragen des Jubiläums auf und appellierte dazu, konsequent für Freiheit, Respekt und würdevollen Umgang mit anderen Menschen und der Natur einzutreten und das Erbe der Geschichte gewissenhaft einzusetzen. Dazu solle man sich regelmäßig vom Zeitdruck des gegenwärtigen Lebensstils distanzieren und nicht "Innovation der Innovation willen" anstreben. Gott wünsche vom Menschen mehr als sich bloß "mit einer mittelmäßigen, verwässerten, flüchtigen Existenz" zufriedenzugeben, zitierte Krautwaschl Papst Franziskus. Dieses Anliegen bestimme auch das Zukunftsbild, mit dem sich die Diözese Ende 2017 eigene Ziele gesetzt habe.
Die Steiermark habe 2015 im Zuge der Flüchtlingskrise viel Mut bewiesen, angesichts des "großen Aufleuchtens an Solidarität und der erst danach gestellten Frage, wie wir als Gesellschaft mit wachsender Zuwanderung umgehen wollen". Mut sei auch ein Wesenszug der katholischen Kirche des Bundeslandes, wie der 2018 in fünf Ausstellungen gezeigte "reiche Schatz an künstlerischer Auseinandersetzung mit unserer Geschichte" deutlich mache, so die Einschätzung des Bischofs.
Gleichzeitig mit dem "Mut, Grenzen des Bekannten und Gewohnten zu überwinden" sei jedoch auch der "notwendige Respekt vor Grenzen von Zuständigkeiten und Möglichkeiten" erforderlich; beide Tugenden müssten immer im Gespräch miteinander bleiben.
Als weitere Grundhaltung für die Zukunft rief Krautwaschl zum "Selbstdenken" auf. Der Glaube bedeute weder eine Aufgabe des Denkens noch die - von Smartphones und anderen Bildschirmmedien geförderte - Fremdbestimmung der Aufmerksamkeit. "Glaube öffnet uns eine Dimension, die über diese virtuelle, unendlich horizontale und ewig gegenwärtige Welt hinausweist. Glaube so verstanden kann zum 'Schuhlöffel' für freies Denken werden", betonte der Diözesanbischof, der den anwesenden Journalisten "unter ehrlicher Wertschätzung einer kritischen Distanz" für das respektvolle Miteinander dankte. Dialog sei ein "wichtiger Baustein für eine Kultur des offenen Wortes und der freien Gedanken".
Erste Umsetzungen des Zukunftsbildes der Diözese werde er im September im Rahmen der steirischen Pfarrerwoche bekanntgeben, kündigte der Bischof an. Er lud zudem ein zum zentralen Jubiläumswoche der Diözese am 23. und 24. Juni in Graz, bei dem eine "Botschaft für die Steiermark" veröffentlicht wird, mit einer Festmesse am Sonntag auf dem Platz der Versöhnung im Stadtpark als Höhepunkt. (Alle Termine auf der Homepage des Diözesanjubiläums: www.800-jahre-graz-seckau.at)
Quelle: kathpress