Glettler: Kirche soll in Gesellschaft "entängstigend" wirken
Die katholische Kirche soll in der heute vielfach von Sorgen und Zukunftspessimismus geprägten Gesellschaft "entängstigend" wirken. Diesen Anspruch hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler bei einer Veranstaltung im Rahmen des 800 Jahr-Jubiläums der Diözese Graz-Seckau formuliert, an dessen Planungen er selbst bis zu seiner Übersiedlung nach Tirol maßgeblich beteiligt war. Bei einem via Internet-Lifestream übertragenen Gespräch zwischen ihm und dem Leiter des Grazer Kulturzentrums bei den Minoriten, Johannes Rauchenberger, betonte Glettler, die multikulturelle Gesellschaft mit ihrer Vielfalt an Weltanschauungen müsse gerade unter Christen keine Ängste verursachen; heute spiegle sich quasi die Anfangssituation der Kirche wider.
Der Bischof erinnerte daran, dass auch der "Völkerapostel" Paulus den Glauben in einer "Multikulti-Gesellschaft" verkündet habe - an den Rändern der großen Städte mit unzähligen Kulten und Überzeugungen. In diese Buntheit habe der Apostel etwas Neues hineingebracht - nämlich Jesus Christus und dessen "froh machende, auflebende, tröstende, herausfordernde Botschaft". Die junge Kirche habe damals dadurch überzeugt, dass sie diese Botschaft glaubhaft vorlebte - etwas, das laut Glettler auch heute notwendig ist. "Es steht uns nicht an, andere Überzeugungen oder Religionen abzuwerten", aber es gelte ein deutliches Zeugnis zu geben und das von Christus Empfangene in heutigen Kontext zu leben.
Vielfalt bereichert
Vielfalt ist nach den Worten des Bischofs etwas Schönes und Bereicherndes - auch innerhalb der Kirche, "die zum Glück eine Weltkirche ist", so Glettler. Es gelte zu lernen, Vielfalt noch mehr zu schätzen, sie aber auch in eine gute, verbindende Balance mit der nötigen Einheit zu bringen.
Die Kirche müsse das "Zu-sehr-mit-sich-selbst-Beschäftigen" zurücklassen, um zukunftsfit zu werden, sagte der Bischof weiter. Aus einem "demütigen Selbstbewusstsein" heraus solle sie sich in die Welt einmischen, Freiräume schaffen, Begegnung ermöglichen und "widerständig in einer Gesellschaft mit so vielen 'Marktansprüchen' und Zugriffen auf den Menschen sein", appellierte Glettler. Die darin erkennbare Präsenz Jesu rufe den Menschen in die Verantwortung, für eine gerechtere Welt zu sorgen. Christus beim Namen zu nennen und ihn den Zeitgenossen nahe zu bringen ist nach den Worten des Bischofs ein viel wichtigerer Dienst der Kirche als, "alles kommentieren zu müssen" und den Leuten zu sagen, sie müssten so oder so leben.
Die verschiedenen "Bühnen", die anlässlich des Diözesanjubiläums je eine Woche lang in acht steirischen Städten stehen, stehen laut Glettler für die Bereitschaft der Kirche, etwas mehr an die Öffentlichkeit zu gehen, sich angreifbar machen - auch gegenüber Kritik. Zum Jubiläum sollen aber auch andere Menschen auf die Bühne geholt und Partizipation ermöglicht werden.
Die Weizer Bühne - der dritte Schauplatz nach Judenburg und Kapfenberg mit einer Vielzahl an Veranstaltungen - begibt sich in die "Spannung zwischen Tradition und Erneuerung", teilte die Diözese Graz mit. Auf dem Programm stehen u.a. Gespräche mit Prominenten wie den Bischöfen Hermann Glettler und Wilhelm Krautwaschl, dem Soziologen Manfred Prisching, dem Philosophen Peter Strasser, mit der Rom-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder und dem Theologen Paul Zulehner; weiters Lesungen, Kabarett, ein Solidaritätsfest, liturgische Feiern sowie kulturelle und musikalische Beiträge wie Malwerkstätten für Kinder, Tänze und ein Konzert von Nachwuchsbands. (Info: www.800-jahre-graz-seckau.at/buehnen)
Quelle: kathpress