Bleiburg: Kirche mahnt Gedenken ohne politischen Missbrauch ein
Ja zum christlichen Totengedenken in Bleiburg für die Opfer von Kriegsverbrechen und Nein zu allen Formen des Missbrauchs dieser Feier: Das hat die Diözese Gurk bei einer Presskonferenz am Mittwoch in Klagenfurt betont. Gleichzeitig wurden die kirchlicherseits vorgegeben Bedingungen bekräftigt, damit die am 12. Mai in Loibach stattfindende Gedenkfeier an die in Jugoslawien ermordeten Geflüchteten, die sich im Mai 1945 in Südkärnten aufgehalten hatten, nicht politisch missbraucht wird.
"Die damaligen Ereignissen wurden lange als bloße 'Vertreibung' verharmlost. Erst in den vergangenen Jahren gab es ein allmähliches Umdenken", sagte Ordinariatskanzler Jakob Ibounig als Vertreter der Diözese Gurk. Angesichts des Wissens um die damalige Tragödie gebe es seitens der Diözese die Erlaubnis für die Messe mit Gedenken auf dem Friedhof und Prozession.
Die damalige Auslieferung der geflüchteten und entwaffneten Kroaten und Slowenen - Soldaten und Zivilisten - an das kommunistische Regime in Jugoslawien sei der "Anfang des Wegs in den Tod" gewesen, so Ibounig. Die Messe solle daran erinnern, aber nicht politisch missbraucht werden. Die als Mitveranstalterin verantwortliche Kroatische Bischofskonferenz (HBK) habe in den vergangenen Jahren die Predigten zur Verfügung gestellt. In der Predigt von 2017 sei ausdrücklich ermahnt worden, keine begleitenden Kundgebungen zu tätigen oder Abzeichen zu tragen.
Um sicher zu stellen, dass auch das räumliche und zeitliche Umfeld der Messe am Samstag auf dem Loibacher Feld keinen Anlass für Kritik bietet, seien die Verantwortlichen der Kirche Kroatiens in diesem Jahr auch schriftlich dazu aufgefordert worden, Maßnahmen durchzusetzen. Ibounig nannte "Verbot politischer Reden innerhalb der Messe, das heißt vom Einzug bis zum Schlusssegen, Verzicht auf das Tragen politischer Abzeichen, Plakate und Transparente, Uniformen oder uniformähnlicher Bekleidung sowie von Trikots oder sonstiger Bekleidung mit inkriminierenden Aufdrucken, Verbot des Aufbaus von Zelten und Verkaufsständen sowie kein Ausschank von Alkohol".
In einer ebenfalls am Mittwoch veröffentlichten Aussendung der Diözese Gurk wird weiters betont, dass der HBK gegenüber die Einhaltung dieser Vorgaben als Bedingung für eine künftige Zustimmung zur Abhaltung der Gedenkmesse schriftlich festgehalten worden sei. Außerdem werde in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass für die gesamte Veranstaltung die österreichische Rechtsordnung gelte, die einzuhalten ist.
Die Kroatische Bischofskonferenz und der private Verein "Bleiburger Ehrenzug" hätten daraufhin garantiert, dass am Samstag auf dem Loibacher Feld in Südkärnten ein ordentliches und würdiges Gedenken an die Opfer des Mai 1945 stattfinden werde. Der Vorsitzende der HBK, Erzbischof Zelimir Puljic, habe in einem persönlichen Schreiben vom 3. Mai an den Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, bestätigt, dass die HBK die von der Kärntner Ortskirche genannten Auflagen "im vollen Umfang annimmt". Die HBK ist gemeinsam mit dem "Bleiburger Ehrenzug" Veranstalterin des alljährlichen Opfergedenkens am Loibacher Feld.
Christliches Gedenken für Hinterbliebene
"Diese Heilige Messe gibt den Angehörigen der Opfer die Möglichkeit, der damals auf dem Loibacher Feld und den Todesmärschen getöteten Menschen zu gedenken und für sie zu beten", so die Diözese Gurk: "Das Loibacher Feld wurde für viele Hinterbliebene zu einem Ort des christlichen Gedenkens, vor allem auch deshalb, weil das Regime im kommunistischen Jugoslawien jede Erinnerung an die Gräuel der unmittelbaren Nachkriegszeit verboten und verfolgt hat. Die Feier der Heiligen Messe im Rahmen der Gedenkfeier entspricht der kirchlichen Ordnung und hat in den vergangenen Jahren auch keinen Anlass für Kritik geboten. Deshalb hat die Katholische Kirche in Kärnten auf Anfrage der Kroatischen Bischofskonferenz die Erlaubnis zur Feier der Messe wieder erteilt."
Die Kärntner Ortskirche sage "ein 'Ja' zum christlichen Totengedenken im Rahmen der Messe und gleichzeitig auch ein klares und entschiedenes 'Nein' zu jeder Form der politischen oder nationalistischen Instrumentalisierung der Gedenkfeier. Die Katholische Kirche in Kärnten distanziert sich deshalb ausdrücklich von jedem Missbrauch dieses Totengedenkens und verurteilt daher beispielsweise Kundgebungen, die im Umfeld der kirchlichen Feier das Ustascha-Regime verharmlosen oder gar verherrlichen." Erinnert wurde in der Pressekonferenz ebenso wie in der Aussendung, dass diese Haltung kirchlicherseits seit dem letztjährigen Totengedenken in zahlreichen Gesprächsrunden mit Vertretern der HBK, der österreichischen Behörden und auch des Mauthausen-Komitees klar gemacht worden sei.
288 Sicherheitskräfte im Einsatz
Die Sprecherin der Kärntner Landespolizeidirektion, Michaela Kohlweiß, erinnerte bei der Pressekonferenz an die schon seit den 1970er-Jahren konsequent durchgeführte Aufsicht des Bleiburg-Gedenkens auf Basis des Sicherheitsgesetzes und der Strafprozessordnung. Heuer werde es mit 288 Kräften und zusätzlichen einsatzbereiten Reserven eine massive Verstärkung des Sicherheitspersonals geben.
Die vom Verfassungsrechtler Prof. Bernd-Christian Funk am Dienstag geäußerte Mahnung zur Anwendung von Versammlungsgesetz, Verbotsgesetz, Abzeichengesetz und Strafprozessordnung und Sicherheitspolizeigesetz erfolge nicht erst heuer, so Kohlweiß. Die Beurteilung Funks sei aber nicht zutreffend. Die Polizei werde deshalb ihre Videos von den Einsätzen der vergangenen Jahre der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung übergeben, kündigte die Sprecherin an, auch unter Verweis der Dutzenden Anzeigen allein von Mai 2017.
Funk hatte in seinem Gutachten u.a. erklärt, es handle sich um eine Zusammenkunft, "die wegen der dort stattfindenden Manifestationen in Form der Kundgabe von Meinungen und politischen Erklärungen als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes zu qualifizieren ist", und "hier hat man bis jetzt weggesehen und versucht dieses Wegschauen auch noch mit fadenscheinigen Argumenten zu legitimieren". Dies könnte "den Tatbestand eines Missbrauch der Amtsgewalt, jedenfalls eine strafbare Pflichtverletzung begründen".
Im gleichen Sinn wie Kohlweiß äußerte sich bei der Pressekonferenz auch der zuständige Völkermarkter Bezirkshauptmann Gert Klösch. Dabei verwies er auch auf die zahlreichen neu vereinbarten Änderungen, Verbote und Einschränkungen für das Bleiburg-Gedenken 2018. So werde es heuer keine Zelte und keine Devotionalienstände innerhalb des Festgeländes - einschließlich die öffentlichen Gründe im Bereich Loibacher Friedhof/Prozessionsweg - geben.
Friedhof, Prozession, Gedenkmesse
Das Gedenken beginnt am Samstag, 11 Uhr, mit einem Gebet am Loibacher Friedhof. Danach führt eine Prozession auf das Gelände des "Bleiburger Ehrenzugs", wo der Altar steht und der Vorsitzende der Kroatischen Bischofskonferenz, Erzbischof Zelimir Puljic (Zadar), ab 12 Uhr die Gedenkmesse an die Ereignisse im Mai 1945 leitet.
Rund eine halbe Million Flüchtlinge aus Slowenien, Kroatien und Bosnien hielten sich damals, von Süden kommend, in Kärnten auf. Nach dem Zusammenbruch der Ostfront und der Niederlage der Wehrmacht am Balkan brach auch der "Unabhängiger Staat Kroatien" (kurz (Nezavisna Drzava Hrvatska/NDH), der 1941 ausgerufene Vasallenstaat der Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg unter dem Ustascha-Diktator Ante Pavelic, zusammen.
Im April und Mai 1945 fand eine wahre Völkerwanderung Richtung Österreich statt. Unter den Flüchtlingen waren einfache Soldaten, slowenische Heimwehrangehörige ("Domobranci"), kroatische Kollaborateure ("Ustasi") und Familienangehörige der Soldaten. Die Briten, die als Besatzungsmacht Kärnten kontrollierten, ließen die Flüchtlinge allerdings wieder zurück nach Jugoslawien bringen und lieferten sie den kommunistischen Machthabern aus.
Jenseits der Grenze begannen die Massaker, als Angehörigen der Tito-Armee die Gefangenen in Empfang nahmen. Viele der Flüchtlinge wurden grausam ermordet. Der Fluchtpunkt Kärnten und die höchst fragliche Vorgangsweise der Britischen Besatzungsmacht ging als die Tragödie von Bleiburg und Viktring in die Geschichte ein. Bereits auf den Fußmärschen in die Lager wurden zahlreiche Zurückgeschickte ermordet, weitere Massaker wurden in den Lagern verübt. An vielen Orten Sloweniens kam es ohne jedes Gerichtsverfahren zu summarischen Hinrichtungen von antikommunistischen Militärangehörigen, auch Zivilisten und deutsche Kriegsgefangene wurden umgebracht. Von tausenden Gefangenen in den Lagern Teharje, Sentvid nad Ljubljano und Skofja Loka überlebte nur eine kleine Zahl an Zivilpersonen und Minderjährigen. Die Gesamtzahl der hauptsächlich auf slowenischem Gebiet exekutierten Personen wird auf über 100.000 geschätzt.
Quelle: kathpress