Theologe Prokschi: Ökumene muss auch mit Fundamentalisten reden
Die im katholisch-orthodoxen Dialog engagierten "Ökumene-Player" müssen auch mit den sogenannten fundamentalistischen Gruppen das Gespräch suchen: Das hat der Wiener Ostkirchenkundler Prof. Rudolf Prokschi am Mittwoch im "Kathpress"-Gespräch betont. Prokschi äußerte sich über die vorwöchige Tagung von Repräsentanten der offiziellen Kommission für den theologischen Dialog zwischen katholischer und orthodoxer Kirche und der verschiedenen regionalen Kommissionen/Initiativen. Tagungsort war die Orthodoxe Akademie von Kreta in Kolymbari. Der Austausch mit u.a. dem Präsidenten des vatikanischen Einheitsrats, Kardinal Kurt Koch, hatte das Thema "Crossroads of Theological Dialogues".
Die Analyse über eine unterschiedliche Offenheit der orthodoxen Hierarchie und Basis für den Dialog habe eine wichtige Rolle gespielt, berichtete Prokschi. Allerdings müsse man selbstkritisch fragen, inwieweit offizielle Ökumene-Erklärungen auch innerkatholisch rezipiert worden seien - "in den Pfarren, an den Fakultäten, den Hochschulen, den Bischofskonferenzen oder der Glaubenskongregation".
Was die "Fundamentalisten" in der Orthodoxie betreffe, so müsse man unterscheiden: "Die einen sehen ja in den Katholiken bestenfalls Häretiker. Es gibt aber innerhalb der Orthodoxie ein großes, breites Spektrum." Es werde da gewisse Gruppierungen geben, "mit denen wird man nicht ins Gespräch kommen können", so der Theologe: "Aber 'Fundamentalisten' ist so ein Sammelbegriff, und da muss man stärker differenzieren."
Im Grunde gehe es darum, dass die in der Ökumene eher nicht oder kaum Engagierten "ihre Vorsteher - das heißt die Patriarchen und Erzbischöfe - unterstützen und klar sagen: Das ist ein guter Weg. Dass also die positiven Kräfte gestärkt werden".
Das Problem bei den Orthodoxen sei sicher, "dass es nicht ganz einfach ist, den Weg der Ökumene in panorthodoxer Abstimmung zu gehen", gab Prokschi zu bedenken: "Das heißt: Die Orthodoxen müssen jetzt schauen, wie sie mit den Dokumenten der Großen Synode von Kreta umgehen, wo ja vier Landeskirchen nicht dabei waren. Zum Teil haben wir darüber auf Kreta schon auch sehr sachlich-kritisch gesprochen."
"Gemeinsam Vaterunser beten"
Bei dem Treffen sei auch betont worden, dass Ziele und Grundlagen des Dialogs einmal klargestellt werden müssten.
Ein erster Schritt wäre z. B., dass wir alle sagen: Wir können mit gutem Gewissen gemeinsam das Vaterunser beten. Das ist noch nicht bei allen angekommen. Diejenigen aber, die dafür offen sind, müssen sich einmal sagen: Wir werden an dem jetzt festhalten und es auch tun.
In Kolymbari sei von der offiziellen Kommission neben Kardinal Koch auch Erzbischof Job Getcha anwesend gewesen. Koch und Getcha sind die beiden Ko-Präsidenten der Kommission. Dazu seien die Verantwortlichen der schon lang bestehenden katholisch-orthodoxen Dialogkonferenzen in Frankreich, Deutschland und Nordamerika, die junge Kommission der österreichische Stiftung "Pro Oriente", die St.-Irenaeus-Arbeitsgruppe sowie Experten aus der Schweiz, Rumänien, Belgien, Russland, Deutschland, Serbien, Österreich und Griechenland gekommen.
Atmosphärisch sei es ein offenes Gespräch gewesen, so Prokschi. Eine Weiterarbeit sei angeregt worden - "man hat angedacht, dass man in vier oder fünf Jahren wieder zusammenkommen sollte".
"Viele Punkte nicht kirchentrennend"
Die vorhandenen regionalen Spannungen, die politische Gründe hätten, seien nicht spürbar und auch nicht thematisiert worden.
Es waren Gespräche in einer herzlichen und wissenschaftlich objektiven Weise. Wir haben versucht, die Möglichkeit einer gemeinsamen Zukunft unserer Kirchen zu skizzieren - in der Richtung, dass wir gesagt haben: Für uns sind viele Punkte, die immer wieder genannt werden, nicht kirchentrennend.
Prof. Prokschi berichtete, dass im Herbst in Graz ein vertiefendes Dokument des St. Irenäus-Arbeitskreises erscheinen werde. "Und da wird unter anderem gesagt: Auch beim I. Vaticanum (1869/70) muss man genau hinschauen, die Texte im Original lesen und kann nicht pauschal alle Aussagen negativ beurteilen."
Interessant sei auch die Arbeit in Nordamerika. "Dort hat man sich etwa sehr stark über Zukunftsperspektiven für eine gemeinsame Kirche Gedanken gemacht. Es wäre wichtig, dass das in der offiziellen Kirche wahrgenommen wird und auch das, was in den anderen Ländern - Frankreich und Deutschland - geschieht. Ob es jetzt umsetzbar ist, kann man noch nicht sagen. Aber man muss offen für neue Entwicklungen bleiben."
Quelle: kathpress