Landau: Weiteres Wachstum der Caritas ist kein Ziel
Der Präsident der österreichischen Caritas, Michael Landau, sieht es nicht als Ziel seiner Organisation, weiter zu wachsen. Zwar habe sich die Mitarbeiterzahl der Caritas seit Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2013 von 1.400 auf 4.400 erhöht, was "Ausdruck für ein Stück Not, aber auch für ein Stück Hilfsbereitschaft, das es in Österreich gibt" sei, sagte Landau im Interview in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Quart" des Forums Kunst-Wissenschaft-Medien der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ). Ziel sei aber nicht weitere Zunahme, sondern der Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft, u.a. durch "Pionierdienste" für das Zusammenleben. Möglichst alle Menschen sollten eine Chance haben und menschenwürdig leben können, so die Zielvorstellung des Caritas-Präsidenten.
Die drei Einsatzbereiche Pflege, Hospiz und Lernhilfe hätten in den jüngsten Jahren stark an Bedeutung zugenommen, schilderte Landau. Während die Tätigkeiten im Hospizbereich vor allem von Ehrenamtlichen und Spenden gestützt werden, erhält die Caritas im Pflegebereich von öffentlicher Hand Unterstützung. Das Pflegethema werde künftig noch mehr in den Vordergrund treten, angesichts der prognostizierten Verdoppelung der derzeit 130.000 Demenzerkrankten in Österreich in absehbarer Zeit.
Die Caritas-Lernhilfe beruht hingegen auf derzeit 50 "Lerncafes", in denen 1.500 Kinder betreut werden. Diese seien "nur die zeitbeste Lösung", betonte Landau, "das Beste wäre ein System, das die Lerncafes nicht bräuchte"; alle Kinder sollten vom Schulsystem "auf die Bildungsreise mitgenommen werden". Dennoch seien Lerncafes für jedes beteiligte Kind ein Gewinn, würden doch 95 Prozent der jungen Besucher das Schuljahr positiv abschließen.
Flüchtlingsengagement rückläufig
Stark zurückgefahren habe die Caritas in jüngster Vergangenheit ihre Flüchtlingsarbeit, für welche noch 2015 und 2016 die Nothilfe stark ausgebaut und viele neue Notquartiere eröffnet worden waren. Zumal die Zahl der Asylanträge und somit der Druck wieder immens zurückgegangen sei - laut Landau auf das Niveau der 2000er-Jahre-, habe man die meisten der Caritas-Asylunterkünfte seit dem Vorjahr wieder geschlossen.
Im Wesentlichen finanziere sich die Caritas aus öffentlichen Geldern, wo sie - wie eben im Pflege- oder Behindertenbereich - Aufgaben der öffentlichen Hand übernehme; weiters aus Eigenleistungen sowie aus Spenden und Kirchenbeitrags-Mitteln. "Fast keines unserer Angebote kann ganz ohne Spendenmittel auskommen", so Landau. Die Arbeit der Freiwilligen - derzeit sind es in Caritas-Einrichtungen landesweit 50.000, Tendenz weiter steigend - ermögliche es, wie etwa bei der Obdachlosen-Hotline "Kältetelefon" an Orte, wo andere nicht hinkommen, zu gelangen. Die Hauptamtlichen seien hingegen das "Rückgrat", das die Hilfe stabil und nachhaltig mache.
Bewusstsein für Sozialstaat wach halten
Als besondere Aufgabe erachtete es Landau, die strukturelle Solidarität und auch das Bewusstsein für diese zu fördern. Es handle sich dabei um nötige Formen des "organisierten Zusammenhalts" im Sozialstaat, bei dem Lebensrisiken, die den Einzelnen überfordern, gemeinsam getragen werden. "Ich glaube, das Bewusstsein, dass vom Sozialstaat letztlich alle profitieren, ist etwas verloren gegangen und es ist wahrscheinlich im Moment wichtig, genau dafür zu werben", so der Caritas-Präsident, der beim aktuellen Regierungsprogramm den Eindruck hatte, es sei ein "Programm für die Starken und Fitten".
Mehr Augenmerk verdiene zudem die Frage nach dem Zusammenhalt und seinen Wurzeln. "Wir riskieren unsere christlichen Werte nicht, indem wir uns für Menschen einsetzen, die unsere Hilfe brauchen. Europa würde seine Werte nicht nur riskieren, sondern - wie ich meine - verlieren, würde es das nicht mehr tun. Wir helfen den Menschen nicht, weil sie Christen sind, sondern weil wir Christen sind", betonte Landau.
Quelle: kathpress