St. Nikolausstiftung: Gleichberechtigung schon im Kindergarten
Warum mit der St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien eine kirchliche Trägerin von Kindergärten und Horten eine umfangreiche Broschüre anlässlich der Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren veröffentlicht, begründet Geschäftsführer Elmar Walter so:
Diese Publikation soll einen Beitrag zu einer politisch wachsamen Haltung leisten und unsere Leser und Leserinnen auch auf ihre persönliche, politische Verantwortung hinweisen.
Die von der Autorin und Kulturvermittlerin Petra Unger verfasste Broschüre "Frauen Wahl Recht - Demokratie und Frauenrechte" wurde am Mittwoch in Wien präsentiert und wird allen Mitarbeitern der St. Nikolausstiftung sowie Eltern dort betreuter Kinder zur Verfügung gestellt.
In der Erstellung und der Bereitstellung der Broschüre sieht die 2009 von Kardinal Christoph Schönborn ins Leben gerufene Stiftung einen "wichtigen Bildungsauftrag", wie es in einer Aussendung am Donnerstag hieß: In deren pädagogischen Einrichtungen gehe es um "Partizipation von Anfang an". Für viele Kinder sei der Kindergarten die erste Bildungseinrichtung, in der sie ihrem Alter gemäß Teilhabe an der Gesellschaft und demokratische Prinzipien kennenlernen und erleben sollen - und dazu gehöre auch Geschlechtergerechtigkeit. Was es braucht, um Kinder in partizipativen Entscheidungs- oder Verhandlungsprozessen zu unterstützen, erklärt Susanna Haas, die pädagogische Leiterin der St. Nikolausstiftung, auch in der neuen Broschüre unter dem Titel "Partizipation im Kindergarten".
Die 112 Seiten umfassende Publikation (Auflage 7.000 Stück) wurde vom Zukunftsfonds der Republik Österreich und der Frauenabteilung der Stadt Wien finanziell unterstützt. Anliegen und Inhalte stellten Vertreter der Stiftung und Autorin Unger am Mittwochabend im Festsaal des Alten Rathauses vor, als Ehrengast sprach die afroösterreichische Vize-Bezirkschefin der Inneren Stadt, Mireille Ngosso, die Begrüßungsworte.
Frauenwahlrecht war "Meilenstein"
Die drei titelgebenden Begriffe Frauen, Wahl und Recht hätten in der Vergangenheit oft nichts miteinander zu tun gehabt, teilte die St. Nikolausstiftung zum Inhalt mit. Über Jahrhunderte seien Frauen mit Vorurteilen, Diskriminierung, Bevormundung und geschlechterspezifischen Ungerechtigkeiten konfrontiert worden. Das Recht auf Partizipation und Gleichberechtigung sei schließlich mit dem Frauenwahlrecht 1918 festgeschrieben worden - einem "Meilenstein österreichischer (Geschlechter)Demokratie". Die Publikation bietet einen Einstieg in die Geschichte der Frauenbewegung und Geschlechtertheorie und würdigt diejenigen, die tatkräftig für Frauenrechte eintraten und dies immer noch tun.
Die Geschichte lehrt, dass demokratische Errungenschaften, wie Wahlrecht und Meinungsfreiheit, keine unveränderbaren Größen darstellen, zeigt Petra Unger in ihrem Buch weiter auf. Gerade unter antidemokratischen Regimen gerieten Grundwerte und politische Teilhabe ins Hintertreffen.
Ein Angriff auf die Rechte von bestimmten Gruppierungen ist ein Angriff auf die Demokratie selbst.
Dass das "Projekt Demokratie" kein abgeschlossenes ist und immer wieder aufs Neue gefestigt werden muss, verdeutlicht die Autorin im letzten Kapitel, wo von Hürden und Benachteiligungen für junge, migrantische Frauen und Männer die Rede ist.
Zur St. Nikolausstiftung Erzdiözese Wien gehören derzeit 85 Standorte mit rund 1.050 Mitarbeitern und 6.100 Kindern. Die Kindergärten und Horte sind in allen Wiener Bezirken vertreten. Ein gelebtes Miteinander auf Basis des christlichen Weltbildes, Erziehungspartnerschaft und ein Interesse an den individuellen Lebensentwürfen der Kinder und ihrer Familien zeichnen die pädagogische Arbeit laut eigenen Angaben der Stiftung aus. (Info und Bestellung der Broschüre "Frauen Wahl Recht" unter Mail: office@nikolausstiftung.at; www.nikolausstiftung.at)
Quelle: kathpress