Kirchen bekämpfen zunehmendes Problem der Altersarmut von Frauen
Es gibt Damen, die im Pelzmantel zum Essen in die "Gruft", die Obdachlosen-Einrichtung der Caritas Wien, kommen: "Der Schein des Reichtums trügt", denn die Wohnungen der Betreffenden seien ungeheizt "und sie stellen sich zur Essensausgabe an, weil jeder Cent umgedreht werden muss", beschreibt Renate Moser, Gründungsmitglied einer neuen Sozialinitiative, das zunehmende Problem der Altersarmut von Frauen. Um ihm entgegenzuwirken, wurde kürzlich in Wien die ökumenische Plattform "Altersarmut bei Frauen - alt.arm.weiblich" gegründet.
Ziel der Plattform sei es, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, präventiv zu wirken, Kräfte und Erfahrungen zu bündeln und die Politik in die Pflicht zu nehmen, für mehr Fairness bei der Wohlstandsverteilung zu sorgen, so Moser zur Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen (aktuelle Ausgabe).
"Altersarmut beginnt nicht mit dem ersten Tag der Pension, sondern bereits früher", wies die Leiterin der "Plattform für Geschiedene und Wiederverheiratete in der Kirche" (WIGE) der Erzdiözese Wien hin. Bis zur Pensionsreform 2003/2004 wurden für die Pensionsberechnung die besten 15 Berufsjahre herangezogen, heute jedoch ist der Durchrechnungszeitraum auf ein ganzes Arbeitsleben ausgedehnt. Für viele Versicherte bedeute dies hohe finanzielle Einbußen im Ruhestand - gerade für Frauen. Viele Mütter seien lange bei den Kindern zu Hause gewesen oder hätten viele Jahre in Teilzeit gearbeitet, erklärte Moser. Das sei bei einer funktionierenden Partnerschaft, in der zwei Pensionen zur Verfügung stehen, kein großes Problem. "Schwierig wird es allerdings, wenn sich ein Paar trennt, wenn der Partner stirbt, wenn einer von beiden arbeitslos oder krank wird."
Dass laut Regierungsprogramm der türkis-blauen Koalition das Dazuverdienen in der Pension erleichtert werden soll, betrachtet die kirchliche Expertin mit gemischten Gefühlen.
Wer das möchte, soll das gerne tun können. Aber dass man grundsätzlich etwas dazuverdienen muss, weil man es mit der normalen Pension nicht schafft, ist sozial ungerecht.
Gerade Frauen hätten den Staat entlastet, indem sie zugunsten ihrer Kinder beruflich zurücksteckten. "Und das wird bestraft, wenn die Frauen älter sind. Das finden wir unfair", kritisierte Moser.
Nur 842 Euro Pension im Durchschnitt
In Österreich sind laut EU-SILC (Europäische Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen, 2016) derzeit 203.000 Menschen über 65 Jahre von Armut betroffen, davon sind 136.000 Frauen. Die durchschnittliche Alterspension in Österreich beträgt für Männer 1419 Euro, für Frauen 842 Euro - um 40 Prozent weniger. Einer der Appelle der Plattform "Altersarmut bei Frauen - alt.arm.weiblich" an die Politik ist laut Moser die "Uraltforderung" nach gleicher Bezahlung bei gleicher Arbeit für Frauen und Männer. Zudem müssten Vätern Zugänge zu Elternkarenz und Teilzeitarbeit geebnet werden. "Und wir fordern, anständige Gehälter zu bezahlen, die höher sein müssen als die Mindestsicherung", ergänzte Moser.
Das Problem drängt, denn "Altersarmut ist mitten in der Gesellschaft angekommen". Moser berichtete von starkem Zulauf auch auf die Sozialmärkte "Le+O" von der Caritas oder "SOMA" in Wien. Auch gut ausgebildete Frauen mit einem Studium wendeten sich dorthin. Wobei viele die mit Armut verbundene Scham überwinden müssten. Dazu komme Einsamkeit als soziale Einschränkung. Wer aus finanziellen Gründen gewisse Dinge wie einen Pfarrausflug nicht mitmachen könne, "fühlt sich ausgegrenzt und herausgerissen aus dem Freundeskreis und ist eingeschränkt in den Entscheidungsmöglichkeiten", so Moser. Auch dagegen wolle die Plattform "Altersarmut bei Frauen - alt-arm-weiblich" - eine gemeinsame Initiative der WIGE mit der Seniorenpastoral der Erzdiözese, der Kontaktstelle für Alleinerziehende sowie der Stadtdiakonie Wien - auftreten.
Quelle: kathpress