Expertin: Religionsunterricht ist mehr als nur Wissensvermittlung
Schulischer Religionsunterricht hängt wesentlich an Personen, die sich schon für diesen Glauben entschieden haben, ihn leben und lehren. Davon ist die geschäftsführende Leiterin des österreichischen Interdiözesanen Amtes für Unterricht und Erziehung, Andrea Pinz, überzeugt. Persönliche Stellungnahme, Erfahrung, Spiritualität und Empathie gehörten genauso dazu wie Gebet und Stille, sagte die 56-Jährige im Gespräch mit der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA am Dienstag. All das solle die Wissensvermittlung im Religionsunterricht ergänzen, die ebenfalls wichtig sei, um als Christ im Dialog mit Andersdenkenden bestehen zu können.
Pinz äußerte sich am Rande des Europäischen Forums zum schulischen Religionsunterricht, an dem in München 40 Experten aus elf Ländern teilgenommen haben. Die Tagung stand unter dem Motto der "Spirituellen Intelligenz". Der Begriff taucht laut Pinz erstmals um die Jahrtausendwende auf. Gemeint sei damit die integrierende Kraft aller Intelligenzen, die es den Menschen ermögliche, große Sinnfragen, sein Leben betreffend, zu stellen und sein Tun in einen größeren Zusammenhang einzuordnen. Sie würde allerdings eher "spirituelle Begabung" sagen, erklärte Pinz. Sie verstehe darunter ein Potenzial des Menschen, das sich aus Intelligenz, Motivation, Anstrengungsbereitschaft und Kreativität zusammensetzt, "also einer schöpferischen, lösungsorientierten Kraft". Gekennzeichnet sei "spirituelle Begabung" durch "Transzendenzoffenheit, Sehnsucht nach Ganzheitlichkeit" sowie Veränderungspotenzial. Auch moralische Autorität komme ihr zu, die etwas als gut oder böse bewerten könne, und damit transformative Kraft habe.
"Treue zu Gott und zu den Menschen"
Unterricht allgemein und auch der Religionsunterricht sind nach den Worten von Pinz, die auch das Erzbischöfliche Amt für Schule und Bildung der Erzdiözese Wien leitet, stark auf Wissensvermittlung angelegt. Im Fach Religion gehe es darum, sich mit den Inhalten des christlichen Glaubens auseinanderzusetzen und argumentieren zu können. So gerüstet könne man in der pluralen Welt mit anderen Religionen und Andersdenkenden in einen Dialog treten.
Für guten Religionsunterricht ist laut Pinz "Treue zu Gott und Treue zu den Menschen" wichtig. Die christliche Botschaft als Inhalt des Unterrichts müsse "in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen ankommen. Ihre Sorgen und Nöte müssen Platz haben". Dies gelinge, wo der Glaube Antworten auf die großen Frage der jungen Leute geben kann. "Dazu gehört aber einzuräumen: Ich kann dir diese Antwort anbieten, ob du sie als hilfreich annehmen kannst, muss ich deiner Freiheit überlassen", wies die Schulamtsleiterin hin.
Der Religionsunterricht werde in Österreich gut angenommen, so Pinz. Obwohl sich Schüler zu Beginn jedes Schuljahres davon abmelden können, lägen die Abmeldezahlen seit gut 20 Jahren "auf einem relativ konstant niedrigen Niveau": Bei den Volksschulen sind es laut Pinz 1,8 Prozent, wobei sich sogar Kinder ohne religiöses Bekenntnis freiwillig zum katholischen Religionsunterricht anmelden. In der Sekundarstufe 1 steigt die Zahl der Abmeldungen auf zwölf, später dann auf gut 20 Prozent. "Das spricht für die exzellente Arbeit unserer Lehrkräfte."
Quelle: kathpress