Rassismusreport: Hasspostings gegen Muslime auf Höchstand
In Österreich wurden im Vorjahr so viele rassistische Vorfälle gemeldet wie noch nie, wobei dieser Anstieg vor allem auf die Zunahme von Internet-Hasspostings gegen Muslime und Flüchtlinge zurückgeht. Wie der Verein "ZARA - Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit" in seinem am Mittwoch präsentierten Jahresbericht feststellt, machen rassistische Artikel, Postings und Kommentare, die über Online-Portale oder soziale Netzwerke verbreitet wurden, 44 Prozent der insgesamt 1.162 im Vorjahr dokumentierten Fälle aus. Die Zahl der Hasspostings steige weiter, doch auch deren Meldung dank der im Herbst 2017 eingerichteten Beratungsstelle #GegenHassimNetz, hieß es.
Viele Kommentare erlaubten "tiefe Einblicke in den Grad der Verachtung, Abscheu und Vernichtungsphantasien, die den mutmaßlichen Tätern entgegengebracht würden", so die ZARA-Pressemitteilung. Unter einem Video auf YouTube und Facebook, in dem ein verwirrt wirkender Mann mit dunkler Hautfarbe auf der Straße liegt und das binnen Stunden tausendfach geteilt wurde, lauteten Postings etwa "Einfach drüber fahren, gibt genug von dem Müll", "Lass ihn liegen - Scheiße tritt sich fest", "Erschießen", "Gas geben", ist dem Rassismus-Report zu entnehmen. Dass hier kein öffentlicher Aufschrei erfolge und auch Personen des öffentlichen Lebens Pauschalverurteilungen und Verdächtigungen äußerten, scheine Hassposter in ihrem Verhalten zu bestätigen. Viele der Täter seien sich keiner Schuld bewusst, fänden ihre Postings bloß "witzig".
Die Medien sieht der Rassismus-Bericht in einer Schlüsselrolle, sei die Berichterstattung über Straftaten von Muslimen oder Flüchtlingen doch oft der Ort, wo in den Kommentaren "Hatestorm" losgetreten würden. Auch Pauschalverunglimpfungen würden dazu beitragen: Eine Journalistin der "Kronen Zeitung" hatte etwa in einem Interview mit Kardinal Christoph Schönborn mit dem Titel "Wird der Islam Europa erobern, Herr Kardinal?" in einer Fragestellung formuliert: "Manche muslimische Lebensweisen passen nicht mit unseren Werten und Grundrechten zusammen. Stichwort Ehrenmorde, Zwangsehen, Terrorismus." Die direkte Verknüpfung von Verbrechen mit der islamischen Religion sei rassistisch bzw. verhetzend, heißt es dazu im Bericht, auch hätten Leser die Wortwahl der Journalistin vielfach übernommen und in den Kommentaren weiterverbreitet.
Unter den Beispielen im Jahresbericht scheint auch die von der FPÖ verbreitete "Falschinformation über ein angebliches Nikolo-Verbot in Wiener Kindergärten" auf: Trotz Richtigstellungen seitens der Stadt werde die Falschmeldung "Jahr für Jahr wiederholt und im Zusammenhang mit der Behauptung verbreitet, der christliche Nikolo würde verboten, um muslimische Kinder nicht zu beleidigen", dokumentiert der Bericht. Entsprechende Postings u.a. von FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache seien von Lokal- und Tageszeitungen sogar auf Titelseiten unhinterfragt weiterverbreitet worden; der eingeschaltete Presserat beließ es bei einer Ermahnung an die Chefredaktionen aufgrund einer missverständlichen Darstellung.
Mehr Agitation auch offline
Allerdings werde auch offline die Agitation härter, laut ZARA besonders gegenüber als Muslime wahrnehmbaren Personen. Frauen mit Kopftuch würden "in nahezu allen Lebensbereichen diskriminiert", durch Beschimpfungen und tätliche Angriffe im öffentlichen Raum bis hin zur Verwehrung von Leistungen, Arbeitsplätzen oder Diensten. "Eine Art rassistischer Grundkonsens" nehme zu und bahne seinen Weg in viele Strukturen und Entscheidungsgremien.
Der momentane Regierungskurs in Österreich treibe diese Entwicklung nach Ansicht des Vereins bloß voran: Es gebe eine "fortgesetzte Politik der Ausgrenzung, mit der Personen aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aufenthaltsstatus schlechter gestellt werden", ebenso wie "populistische Parolen und Wahlversprechen, die die rassistische Feindbildkonstruktion von den bedrohlichen 'Ausländern' weiterhin manifestieren". Wer nicht österreichischer Herkunft sei, sei mit ständig neuen Einschränkungen und zusätzlichen Auflagen beim Zugang zu öffentlichen Leistungen konfrontiert. Dringend nötig seien "Distanzierung von rechtspopulistischen Konzepten" sowie den Start von "demokratiefördernden sowie inklusiven Programmen" gegen Rassismus und deren Einfluss auf Politik, appellierte ZARA-Geschäftsführerin Claudia Schäfer an die Bundesregierung.
Quelle: kathpress