Down-Syndrom-Tag: "Signal nötig, dass Behinderte erwünscht sind"
Derzeit besteht eine klare Tendenz, Menschen mit Trisomie 21 und ähnlichen Behinderungen vor der Geburt "auszulesen", das heißt, abzutreiben: 95 Prozent der Kinder mit Down-Syndrom kommen in Deutschland nicht zur Welt, macht die "Aktion Leben" anlässlich des Down-Syndrom-Tages (21. März) aufmerksam. In Österreich gibt es keine Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und somit auch keine Angaben, doch führe auch hier der flächendeckende Einsatz von Pränataldiagnostik zur vorgeburtlichen Selektion. Gefordert sei hier vor allem die Politik. "Wie menschenwürdig kann eine Gesellschaft sein, wenn sie Eltern aufbürdet, Kinder vor der Geburt auszusortieren?", fragte "Aktion Leben"-Geschäftsführerin Martina Kronthaler am Dienstag in einer Aussendung.
Dass auch hierzulande alle Zeichen auf Selektion stehen, werde laut Kronthaler an der raschen Verbreitung der Bluttests für Trisomie 21 ersichtlich. Diese Untersuchung habe keinen therapeutischen Nutzen, könne die Erkrankung doch bloß erkannt, nicht aber "geheilt" werden. "Um diese Tendenz zu stoppen, braucht es dringend klare Signale von der Politik, dass Kinder mit Behinderungen erwünscht und willkommen sind", so die Lebensschützerin. Ein wichtiger Schritt dazu sei bei auffälligem Pränataldiagnostik-Befund - der für die Eltern immer eine Krise bedeute - der verpflichtende Hinweis auf Beratung- und Unterstützungsangebote.
Derzeit würden Eltern weder vor den Tests über deren mögliche Tragweite erfahren, noch nach einer Diagnose Down-Syndrom; bei letzterer müssten Ärzte laut der derzeitigen Gesetzeslage zwar auf die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruches hinweisen, nicht jedoch auf die Angebote psychosozialer Beratung. Die Diagnostik mit ihrer Suche nach Abweichungen von Normen erzeuge enormen Druck und lasse Frauen und ihre Partner die Schwangerschaft oft als sehr stressvoll erleben. "Die Wartezeit zwischen Untersuchung und Ergebnis wird zur Qual. Und wenn das Ergebnis auf eine Chromosomen-Abweichung hindeutet, wird Eltern meist nahegelegt, schnell eine Entscheidung über das Weiterleben ihres Kindes zu treffen", berichtete Kronthaler.
Beratung vor und nach der Diagnose
Psychosoziale Beratung wird von der "Aktion Leben"-Schwangerenberatung angeboten - und zwar vor, während und nach der Pränataldiagnostik. Schwangere und ihre Partner werden bei den Entscheidungen unterstützt und nach auffälligem Befund begleitet, u.a. durch bedarfsgerechte Weitervernetzung, damit alle hilfreichen Informationen dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
Kommt eine Frau mit einem auffälligen Befund zu uns, ist Feuer am Dach. Wir schauen dann, was heißt das jetzt für sie, was braucht sie in dieser Situation, wie können wir ihr und ihrem Partner im Schock zur Seite stehen.
So Kronthaler. Einfacher sei jedoch eine Beratung noch vor der Untersuchung, könne hier doch im Vorfeld und in Ruhe überlegt werden, welche Untersuchungen gewollt sind, was deren Aussagekraft und Risiken sind und was ein auffälliger Befund für die Eltern bedeutet.
Salzburgs Bischofshaus erinnert an Welttag
Mit einer Ausstellung im Bischofshaus macht die Erzdiözese Salzburg auf den Welt-Down-Syndrom-Tag aufmerksam: Am 21. März ab 13.30 Uhr gibt es eine Vernissage der Fotokünstlerin Elke Resl, die mit 26 Porträts "Menschen aus Stadt und Land Salzburg, die dem Down-Syndrom ein Gesicht geben" zeigt, kündigte Barbara Schubert vom Referat für Pastoral mit Menschen mit Behinderung an. Mit der Ausstellung im Bischofshaus, die bis 20. April bei freiem Eintritt zu sehen ist, will die Erzdiözese den Betroffenen und ihren Familien eine Stimme geben. Der 21. März werde bei ihnen als "Festtag" und als "Tag des Lebens und der Freude" gefeiert, hieß es.
Menschen mit Down-Syndrom seien "Zeugen der Vielfalt des Lebens", sei doch ihre Behinderung sofort sichtbar und konfrontiere Menschen mit "dem Anders-Sein", erklärte Schubert. Die in der Ausstellung gezeigten Porträts seien ein "starkes Zeichen" für das "schöne, aufregende und bewegende Leben mit Down-Syndrom". Ähnliches gelte für die Vernissage, deren Botschaft "Es ist normal, verschieden zu sein" laute. Die Veranstaltung findet mit einem inklusivem Programm statt, unter Beteiligung u.a. der Clowndoctors, der "KibelloHunde", der inklusiven Band "Die Kunterbunten 14er", des inklusiven Chors der NMS Diakonie und des syrisch-österreichischen Ensembles "amal".
Weltweit wird etwa jedes 700. bis 800. Kind mit einer Trisomie 21 geboren. Etwa 9.000 Menschen mit Down-Syndrom leben derzeit in Österreich. In der häufigsten Form der Trisomie 21 liegt das 21. Chromosom bei Betroffenen in jeder Körperzelle dreimal vor. Das führt in der Regel zu körperlichen Besonderheiten und zu verzögerter kindlicher Entwicklung. Die geistigen Fähigkeiten variieren bei den Betroffenen stark, von schweren Behinderungen bis zu fast durchschnittlicher Intelligenz. Die Lebenserwartung von Menschen mit Down-Syndrom liegt mittlerweile bei etwa 60 Jahren.
Quelle: kathpress