Franziskus: Frauenförderer auf dem Stuhl Petri
Bis hin zur "New York Times" sorgte das Magazin "Donne, Mondo, Chiesa" (Frauen, Welt, Kirche) der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen. Grund des Aufsehens ist ein Artikel, in dem Ordensfrauen erzählen, wie übel ihnen zum Teil in der Kirche mitgespielt wird. Vielfach behandelten Kleriker Ordensfrauen wie niedere Bedienstete, klagen mehrere Schwestern in dem Beitrag. Dahinter stecke oft die Vorstellung, "dass ein Priester alles und eine Nonne nichts ist. Der Klerikalismus tötet die Kirche", kritisiert eine Ordensfrau.
Parallel dazu dokumentierte der "Osservatore" in seinem Hauptblatt ein Vorwort des Papstes für ein Buch der spanischen Sozialwissenschaftlerin Maria Teresa Compte. Darin kritisiert Franziskus Machismo, Frauenhandel, Gewalt und Sexismus auch in fortschrittlichen Gesellschaften. Und in der Kirche gleite "die dienende Rolle, zu der jeder Christ aufgerufen ist, für Frauen manchmal in Knechtschaft ab". Das sagte Franziskus nicht zum ersten Mal. Bereits 2013 verwendete er diese Formulierung in einer Ansprache an den Päpstlichen Laienrat.
Neu sind weder die anfangs zitierten Erfahrungen der Ordensfrauen noch ist es die Kritik von Franziskus. Aber wenn kritische Töne zur Benachteiligung von Frauen aus der Männerbastion des Vatikan zu hören sind, sorgt das für Aufmerksamkeit. Zumal kurz vor dem Weltfrauentag am 8. März.
"Was die Haltung von Papst Franziskus zu Frauenthemen angeht, steht das Urteil noch aus", schreibt die indische Feministin und Theologin Astrid Lobo Gajiwala beim Stichwort "Frauen" in einem jetzt erschienen "Pope-Francis-Lexicon", herausgegeben von zwei US-Journalisten. Darin analysiert Lobo Gajiwala entsprechende Äußerungen und Maßnahmen von Franziskus. Nicht wegen weitreichender Veränderungen für Frauen, sondern wegen seiner inneren Haltung, seinem Gespür für ihre Benachteiligung, hält Lobo Gajiwala ihn für "pro-women".
Sie führt dazu unter anderem "Amoris laetitia" an, Franziskus' Lehrschreiben zu Ehe und Familie. Darin kritisiert der Papst es, wenn in einer Familie nur der Mann das Sagen habt, er verwerfe jede Form sexueller Unterwerfung und spreche von Vergewaltigung in der Ehe. Ein Vergehen, das in ihrer Heimat Indien noch immer nicht unter Strafe gestellt sei, beklagt die Autorin.
Bild bleibt widersprüchlich
Doch das Bild des Reformpapstes bleibt nach Ansicht der feministischen Theologin widersprüchlich. Einerseits spreche er sich für eine stärkere Präsenz von Frauen in der Kirche aus und nenne dafür die Aufgaben von Pastoral, Begleitung, Theologie - aber nicht Entscheidungsgewalt. So waren zur Familiensynode 2015 zwar 30 Frauen als Auditorinnen geladen, aber ohne Stimmrecht, was an der rechtlichen Struktur einer Bischofssynode liegt.
Ab Dienstag berät im Vatikan die Päpstliche Lateinamerika-Kommission über "die Frau als Säule der Kirche und Gesellschaft in Lateinamerika". Da die Kommission nur aus Kardinälen und Bischöfen besteht, wurden immerhin für dieses Thema zusätzlich kirchliche und gesellschaftliche Verantwortungsträgerinnen aus Südamerika eingeladen.
Daneben sorgt vor dem Weltfrauentag eine internationale Konferenz über Frauenrechte im Umfeld des Vatikan für Diskussionen. Viermal fand das Treffen im Vatikan statt. Dieses Jahr, für das Thema mangelnder Geschlechtergerechtigkeit in großen Organisationen wie der katholischen Kirche, zieht der Veranstalter "Voices of Faith" in die Jesuitenkongregation um. "Voices of Faith" ist eine Initiative der Fidel-Götz-Stiftung, die sich für Frauenrechte einsetzt.
Grund des Ortswechsels ist die Weigerung der zuständigen Vatikanischen Behörde, drei geplante Referentinnen zu akzeptieren. Was innerhalb des Vatikan gesagt werde, sehe man von außen immer auch irgendwie als Position des Papstes und des Vatikan an, begründete Kardinal Kevin Farrell vom Dikasterium für Laien, Familie und Leben die Ausladung. Zudem gab es wohl Missverständnisse. Gleichwohl werde man zuhören, was die Frauen auf der Tagung zu sagen haben, so Farrell.
"Wohlmeinendes Patriarchat"
Es braucht noch einiges Zuhören, bis die jahrhundertealte, klerikale Männerkultur im Vatikan Anliegen, Erfahrungen und Beiträge von Frauen so ganz würdigen kann. Und das hängt auch nicht allein vom Papst ab. Immerhin habe Franziskus trotz seiner Widersprüche, so das Fazit von Astrid Lobo Gajiwala, von seinem "wohlmeinenden Patriarchat" aus "mehr dafür getan, Frauen in der Kirche zu beteiligen, als jeder Papst vor ihm".
Quelle: kathpress