Publizist Nußbaumer: Christentum bringt den "Blick von unten"
Nicht nur für das eigene Glaubensleben, sondern auch für ein zukunftsfähiges Gesellschaftskonzept ist das Christentum von zentraler Bedeutung: Davon hat sich Furche-Herausgeber Heinz Nußbaumer am Mittwochabend im Gespräch mit dem Salzburger Erzbischof Franz Lackner überzeugt gezeigt. Der Journalist und einstmalige Sprecher der Bundespräsidenten Kurt Waldheim und Thomas Klestil nahm teil an der seit 2015 regelmäßig stattfindenden Veranstaltungsreihe "Beim Erzbischof zu Gast", bei dem Lackner interessante Persönlichkeiten zu Gespräch und Gedankenaustausch einlädt. Nußbaumer kam ins Bischofshaus als "Pilger und Botschafter grenzüberschreitender Glaubenserfahrungen", wie er erklärte.
Zentrales Thema der Begegnung war die Sehnsucht als treibende und sinnstiftende Kraft in einer Gesellschaft, in der vermeintlich alles möglich ist. Erzbischof Franz Lackner ermutigte dabei die anwesenden Zuhörer:
Etwas gerade nicht zu können, ist auch Fähigkeit und Möglichkeit.
Die Sehnsucht sei der Anfang am Weg zu Gott, war der Franziskaner Lackner überzeugt. In einer Gesellschaft, die vorgebe, jeden Wunsch jederzeit zu erfüllen, tue man sich oft schwer, sich diesem Gefühl hinzugeben, gab der Salzburger Erzbischof zu bedenken.
Nußbaumer bezeichnete die Sehnsucht auch als Schlüsselbegriff und Startpunkt für sein Pilgern: "Ich sehnte mich nach Rückzug, nach einem Ort, der keinen Handyempfang hat", berichtete der ehemalige Pressesprecher der Bundespräsidenten Waldheim und Klestil. Im Athoskloster habe der Journalist schließlich eine "Gegenwelt zum Wahnsinn meines Alltags" gefunden. Von "seinen Mönchen" habe er u.a. gelernt, nach einem Rückschlag immer wieder aufzustehen. Er genoss aber auch die "alte Klosterordnung" und erfuhr die "Schönheit der Orthodoxie".
Für Nußbaumer - der laut eigener Aussage durch seine Erfahrungen als Athos-Pilger ein besserer Christ wurde - nehme das Christentum "den Blick von unten ein" und damit die Schwachen in den Blick. Glaube sei für ihn darum die "grundsätzliche Offenheit gegenüber dem Transzendentalen":
Der Mensch braucht etwas, das über ihm steht, damit er nicht der eigenen Hybris verfällt.
Wichtig sei es, den Dialog zwischen den Religionen als zentrales Anliegen zu verfolgen. "Der Dialog kommt meist zwischen Menschen zustande, die ohnehin miteinander im Gespräch sind; vielmehr muss er aber zwischen Menschen gefördert werden, die einander misstrauen", forderte der Journalist.
Heinz Nußbaumer, geboren 1943 in Bad Reichenhall und aufgewachsen in Salzburg, war zunächst Pressereferent des späteren Bundeskanzlers Josef Klaus und Redakteur der Salzburger Volkszeitung, ehe er 1966 zum "Kurier" wechselte und dort von 1971 bis 1989 das Ressort Außenpolitik leitete. Neun Jahre war er daraufhin Pressechef der Präsidentschaftskanzlei und Sprecher der Bundespräsidenten Waldheim und Klestil, später freier Publizist, Medienberater, Gastgeber der TV-Diskussionsreihe "philosophicum" sowie seit 2003 Herausgeber der "Furche". Als Buchautor schrieb Nußbaumer "Der Mönch in mir" und "Meine kleine große Welt".
Quelle: kathpress