Menschenhandel: Ordensfrauen wollen Öffentlichkeit wachrütteln
Der Einsatz gegen Menschenhandel stand im Mittelpunkt der diesjährigen Jahrestagung der Höheren Ordensoberinnen in Vöcklabruck, die am Donnerstag zu Ende gegangen ist. Sr. Patricia Erber, Leiterin des Vereins "Solwodi Österreich" rief die Ordensverantwortlichen dazu auf, bei den Thema nicht nachzulassen und die Öffentlichkeit immer wieder wachzurütteln. "Solwodi" ("Solidarität mit Frauen in Not") bietet Schutz und Beratung für Prostituierte, die oft ohne Schulbildung, mit hohen Schulden und aus großer Not zu dieser Tätigkeit genötigt wurden. Aussteigerinnen werden unterstützt bei der Alltagsbewältigung, um das Leben selber in die Hand zu nehmen. Ebenso erhalten sie Unterstützung, wenn sie Kinder haben oder bei Behördenwegen. "Solwodi" unterhält Schutzwohnungen in Wien und Innsbruck.
Laut der Salvatorianerin Sr. Maria Schlackl gibt es 2,4 Millionen von Menschenhandel Betroffene weltweit, 32 Milliarden Euro würden mit diesem Verbrechen jährlich umgesetzt. In Österreich stammten 96 Prozent der Betroffenen aus Osteuropa. Rund 120.000 Euro "verdiene" ein Menschenhändler in Österreich pro Jahr an einer Person. "Menschenhandel ist mitten unter uns pure Realität", so die Ordensfrau und weiter:
Menschenhandel steht unter einer Decke der Angst, deshalb ist es so schwer, das sichtbar zu machen. Es ist daher nicht einfach, den Missbrauch im Zeitalter der Ökonomisierung zu erfassen.
Sr. Anna Mayrhofer, für die "Solwodi" Schutzwohnung in Wien zuständig, berichtete über ihre Tätigkeiten: "Zuerst geht es um Stabilisierung, Normalisierung des Lebensalltages. Dann heißt es, das Selbstwertgefühl aufzubauen und Ressourcen zu entdecken und zu mobilisieren, neue Lebensperspektiven zu entwickeln und Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen." Dabei gehe es auch oft darum, "Traumatisierungen zu akzeptieren oder Hilflosigkeit auszuhalten", so Sr. Mayrhofer: "Es geht um unser Dasein, mit und bei den Frauen."
An der Tagung in Vöcklabruck nahm auch Sr. Marjolein Bruinen, teil. Sie ist die Initiatorin des Netzwerks "Renate" (Religious in Europe Networking Against Trafficking and Exploitation). Diesem gehören bereits Ordensfrauen aus 26 Staaten an, die sich für eine Beendigung des Menschenhandels einsetzen. P. Hans Eidenberger von den Marianisten hob in einem Vortrag hervor, der Kampf gegen Menschenhandel sei ein bevorzugtes aktuelles Einsatzgebiet von Orden. Besonders dort, wo Leben bedroht sei, gelte der Aufruf in den Ordenscharismen, "Zeugen des Evangeliums zu sein" und die "Komfortzone zu verlassen".
Fremde wie Einheimische behandeln
Die Jahrestagung stand heuer unter dem Motto "Umgang mit dem Fremden". Den spirituellen Teil leitete die deutsche Ordensfrau Kyrilla Schweitzer. Sie stellte das biblische Gebot "Der Fremde soll euch wie ein Einheimischer gelten" in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. "Die Begegnung mit dem Fremden kann eine Begegnung mit Gott werden", so die Exerzitienbegleiterin. Einen Fremden solle man nicht ausnutzen oder ausbeuten. Dennoch sei die Begegnung mit dem Fremden oft unheimlich und mit Ängsten verbunden, räumte Schweitzer ein, verwies aber auf den biblischen Standpunkt: "Gastfreundschaft hat einen Wert an sich und ist nicht einfach eine milde Gabe. Hier spiegelt sich die Würde des Anderen." Eindeutig sei Menschenwürde "gerade aus biblischer Sicht unteilbar".
Auf dem Programm in Vöcklabruck stand weiters auch die Generalversammlung der Vereinigung von Frauenorden (VFÖ) sowie eine gemeinsame Sitzung mit dem Vorstandes der Superiorenkonferenz der Männerorden. "Dabei geht es um die akkordierte und aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit auf Zukunft hin", erläuterte VFÖ-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer. Der neue Bischofsvikar für Orden in der Diözese Linz, Adolf Trawöger, feierte mit den Ordensfrauen einen Gottesdienst.
Quelle: kathpress