Wien: Ökumene-Gipfel aus Anlass "50 Jahre Orthodoxengesetz"
Vor 50 Jahren, am 23. Juni 1967, hat die Orthodoxe Kirche in Österreich mit dem "Orthodoxengesetz" eine neue juristische Grundlage für ihr kirchliches und gesellschaftliches Wirken erhalten. Am Dienstag, 27. Februar, findet aus Anlass dieses Jubiläums in Wien eine Festveranstaltung statt, zu der u.a. der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I., Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, und Kardinal Kurt Koch, Präsident des vatikanischen Einheitsrates, ihr Kommen zugesagt haben. Zahlreiche weitere höchstrangige Gäste aus der orthodoxen und katholischen Kirche verleihen dem Festakt hohe kirchenpolitische Relevanz.
Eröffnet wird die Festveranstaltung um 18 Uhr mit einer Vesper in der griechisch-orthodoxen Kirche zum Heiligen Georg (1010 Wien, Griechengasse 5). Im Anschluss findet ab 18.45 Uhr in der griechisch-orthodoxen Kathedrale zur Heiligen Dreifaltigkeit (1010 Wien, Fleischmarkt 13) die eigentliche Festversammlung statt. Grußworte sprechen - als Hausherr - Metropolit Arsenios (Kardamakis) und Kardinal Kurt Koch, Dankesworte kommen von Patriarch Bartholomiaos I. Den Festvortrag hält der Wiener Religionsrechtsexperte Dominik Orieschnig, zu Wort kommen auch der Leiter des Kultusamtes, Oliver Henhapel, und der für die Orthodoxie im Kultusamt zuständige Ministerialrat Anton Stifter.
Ihr Kommen zugesagt von katholischer Seite haben u.a. der Apostolische Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, die Bischöfe Ägidius Zsifkovics, Manfred Scheuer, Wilhelm Krautwaschl, Klaus Küng, Alois Schwarz, Werner Freistetter und Franz Scharl. Von Seiten der Orthodoxie kann Metropolit Arsenios neben Patriarch Bartholomaios I. u.a. den griechisch-orthodoxen Patriarchen von Alexandrien und ganz Afrika, Theodor II., den russisch-orthodoxen Erzbischof von Österreich, Antonij (Sevrjuk), Metropolit Isaak (Barakat) vom Patriarchat von Antiochien und den serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic) begrüßen.
Das "Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über äußere Rechtsverhältnisse der griechisch-orientalischen Kirche in Osterreich" (BGBl. Nr. 229/1967) ist als "Orthodoxengesetz" zum Begriff geworden. Es zählt zu den legistischen Meilensteinen des Umgangs der Zweiten Republik mit den in ihr gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und ist von essentieller Bedeutung für die Stellung der Orthodoxen Kirche in Österreich. Als solches genießt es in panorthodoxen Kreisen auch international hohe Anerkennung, was durch die Teilnahme des Ökumenischen Patriarchen am Festakt zum Ausdruck kommt.
In Österreich leben zwischen 400.000 und 450.000 orthodoxe Christen. Sieben orthodoxe Kirchen haben hier kirchliche Strukturen und sind in der seit 2010 bestehenden Orthodoxen Bischofskonferenz vertreten: Das Patriarchat von Konstantinopel (griechisch-orthodox), das Patriarchat von Antiochien, die russisch-orthodoxe Kirche, die serbisch-orthodoxe Kirche, die rumänisch-orthodoxe Kirche, die bulgarisch-orthodoxe Kirche und die georgisch-orthodoxe Kirche. Der Bischofssitz der georgisch-orthodoxen Kirche für Österreich ist derzeit allerdings vakant.
Staat und Kirche
Die Geschichte der Orthodoxen Kirche in Österreich geht zumindest bis ins 18. Jahrhundert zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg brachen die Fragen innerkirchlicher orthodoxer Jurisdiktion wieder neu auf. Es waren vor allem die politischen Spannungen des Kalten Krieges, die nicht ohne Auswirkungen auf die in Österreich existierenden Diasporakirchen waren, deren Mutterkirchen in Abhängigkeit von kommunistischen Regimen standen. Das betraf damals vor allem die russische, serbische und rumänische orthodoxe Kirche. So bestand in Österreich staatlicherseits ein Interesse an geordneten Abläufen, die durch die Initiativen des damaligen Ökumenischen Patriarchen Athenagoras (1948-72) in Reichweite rückten, wobei gerade die griechische Orthodoxie eben nicht im kommunistischen Herrschaftsbereich lag.
Im Dialog mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel und dem von ihm bereits 1963 eingesetzten ersten Metropoliten von Austria, Chrysostomos Tsiter, wurden juristische Wege und Möglichkeiten gesucht, der Orthodoxen Kirche in Österreich eine gesellschaftliche Stimme als Körperschaft öffentlichen Rechts zu verleihen. Auf Seite des Staates war es Unterrichtsminister Heinrich Drimmel, ein Kirchenrechtler, der die erforderlichen Arbeiten am Gesetz vorantrieb, die nach einem Regierungswechsel von seinem Nachfolger Theodor Piffl-Percevic vollendet wurden.
Das 1967 vom österreichischen Nationalrat beschlossene "Orthodoxengesetz" setzte sich zur Aufgabe, der kanonischen Errichtung der Metropolis von Austria auch staatlicherseits Rechnung zu tragen, regelte die bekenntnismäßige Zugehörigkeit zur Orthodoxen Kirche in Österreich, erkannte die bestehenden orthodoxen Kirchengemeinden auf staatlicher Ebene an und schuf die Möglichkeit der Errichtung neuer Einrichtungen. Es gewährleistet u.a. die Erteilung orthodoxen Religionsunterrichts an Schulen oder regelt vermögensrechtliche Fragen.
Seit der Novellierung im Jahr 2011 besteht mit Wirksamkeit für den staatlichen Bereich unter Vorsitz des Metropoliten von Austria eine orthodoxe Bischofskonferenz, zu deren Aufgaben insbesondere die Koordination des Religionsunterrichts, das kirchliche Begutachtungsrecht oder die Abgabe von Stellungnahmen gegenüber dem Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur vor der Anerkennung von orthodoxen Einrichtungen zählen.
(Infos zur Orthodoxie in Österreich: www.orthodoxe-kirche.at)
Quelle: kathpress