"Wir wollen, dass Mission zur Priorität Nummer eins wird"
Mit einem "Mission Manifest" will ein Zusammenschluss von Christen in Österreich, Deutschland und der Schweiz der Kirche im deutschsprachigen Raum aus "ihrer derzeitigen Krise" und zu einem "Comeback" verhelfen: "Die Kirche muss wieder missionarischer werden und Mission als die Grund-Option allen pastoralen Tuns erkennen", betonte der Mit-Initiator der Aktion und "missio"-Nationaldirektor P. Karl Wallner, Anfang Jänner im Vorfeld der Präsentation der Aktion beim Augsburger Christen-Treffen "Mehr".
Zu den Erstunterzeichnern des in 10 Thesen unterteilten Manifests gehören der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki, der Passauer Bischof Stefan Oster und der Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky. Ebenfalls aus Österreich stammt die am Manifest beteiligte Theologin und nunmehrige Mitarbeiterin beim Päpstlichen Rat für Neuevangelisierung, Raphaela Pallin, der Pressechef der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, sowie der frühere Leiter der Wiener Koordinierungsstelle JAKOB, Benedikt Michal. Das "Manifest" im Folgenden im Wortlaut:
Präambel
Nach menschlichem Ermessen wird die Kirche in Deutschland, Österreich und der Schweiz in wenigen Jahren kaum mehr eine gesellschaftlich wahrnehmbare Rolle spielen. Das ist weniger schade um die Kirche als schlimm für die Menschen, die Gott verlieren oder Jesus nie kennenlernen. Wir sind katholische Christen in Österreich, Deutschland und der Schweiz, die unter der "Erosion des Glaubens", von der Papst Franziskus spricht, leiden. Wir wissen: Unsere Heimatländer sind Missionsländer geworden. Wir sind bereit für Mission. Wir wünschen, dass unsere Länder zu Jesus finden. Wir laden alle ein, die sich verbindlich mit uns hineinbegeben wollen in eine Welle des Gebets. Wir möchten diejenigen zusammenführen, die den Mut zu ungewöhnlichen Schritten haben.
"Das Gebot der Stunde", sagt auch Papst Franziskus, "ist die pastorale Neuausrichtung, also dafür zu sorgen, dass die Strukturen der Kirche alle missionarischer werden, dass die gewöhnliche Seelsorge in all ihren Bereichen expansiver und offener ist, dass sie die in der Seelsorge Tätigen in eine ständige Haltung des Aufbruchs versetzt und so die positive Antwort all derer begünstigt, denen Jesus seine Freundschaft anbietet". Viele Bischöfe sind diesem Aufruf gefolgt und haben ihn sogar noch verstärkt. Unsere Initiative von unten möchte sie unterstützen.
These 1
Uns bewegt die Sehnsucht, dass Menschen sich zu Jesus Christus bekehren. Es ist nicht mehr genug, katholisch sozialisiert zu sein. Die Kirche muss wieder wollen, dass Menschen ihr Leben durch eine klare Entscheidung Jesus Christus übergeben. Sie ist ja weniger eine Institution oder Kulturform sondern eine Gemeinschaft mit Jesus in der Mitte. Wer Jesus Christus als seinem persönlichen Herrn nachfolgt, wird andere für eine leidenschaftliche Nachfolge Jesu entzünden.
These 2
Wir wollen, dass Mission zur Priorität Nummer eins wird. Und zwar durch eine Fokussierung der finanziellen und personellen Ressourcen der Kirche auf die Evangelisierung. "Die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch!". Der finale Auftrag Jesu an seine Freunde lautet: "Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern" (Mt 28,19). Eine Kirche, die nicht freudig und überzeugend auf alle zugeht, hat keine Mission; sie verliert ihr Warum und Wozu. Sie steht für nichts. Und sie schrumpft statt zu wachsen. Für unsere Länder heißt das: "The church will send or the church will end".
These 3
Wir glauben, dass die Chancen nie größer waren als jetzt. Das Defizit an privater und gemeinsamer Hoffnung in der Welt wird von Tag zu Tag größer. Viele suchen und geben sich mit kleinen Antworten zufrieden. Dabei ist die denkbar größte Hoffnung bereits in der Welt. Das Evangelium hat nichts von seiner Attraktivität verloren. Wir Christen sind dazu da, diese Hoffnung zu teilen, statt sie für uns zu behalten. Wo das geschieht, wird es für Menschen unserer Zeit verlockend, Christ zu sein. Weltweit nehmen 200 Millionen Christen sogar Verfolgungen in Kauf, weil sie von Jesus, ihrer einzigen Hoffnung, nicht lassen können.
These 4
Wir sprechen alle Menschen in unseren Ländern an und machen keinen Unterschied (wie Jesus keinen Unterschied gemacht hat). Wir gehen auf Christen, Nichtchristen, Andersgläubige und Menschen, die nicht mehr glauben, zu. Es gibt keinen Menschen, für den Jesus nicht gestorben ist und der Jesus nicht kennenlernen sollte. Gott ist "die Liebe" (1 Joh 4,16) und will, "dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen." (1 Tim 2,4) Das wollen wir auch.
These 5
Wir glauben, dass unsere Mission so kraftvoll sein wird, wie es unsere Gebete sind. Ein missionarischer Neuaufbruch kann nicht anders beginnen als mit einem Neuaufbruch in Fasten und Gebet. Gott, der alle Menschen leidenschaftlich liebt, hat gehandelt und wird auch jetzt handeln, wenn wir ihn persönlich und rückhaltlos anrufen. Es werden Wunder geschehen. Gott wird den Menschen über den Weg laufen und sei es in Träumen und inneren Eingebungen.
Haben wir keine Scheu, Gott selbst um die schwierigsten Dinge zu bitten, wie die Bekehrung großer Sünder oder ganzer Völker. (Charles de Foucauld)
These 6
Wir danken allen Christen außerhalb der katholischen Kirche, die heute schon mit Hingabe missionieren, taufen und Menschen zu Jesus führen. Wir Christen in der katholischen Kirche sehen ihre Treue zur Heiligen Schrift und ihre entschiedene Nähe zu Jesus. Wir haben Wertschätzung für die positiven Impulse der Reformation. Wir wollen demütig lernen - auch und gerade von den Freikirchen - und mit allen unseren Geschwistern in der Ökumene kooperieren, um selbst missionarischer zu werden. Wir wissen, dass die Welt nur zu Christus findet, wenn wir die Einheit wiederfinden und sie in Gebet und Mission schon heute einüben (vgl. Joh 17,21).
These 7
Wir müssen die Inhalte des Glaubens neu entdecken und sie klar und mutig verkündigen, sei es nun gelegen oder ungelegen. Wir haben sie durch Gottes Offenbarung empfangen, finden sie gefasst im Urdokument der Heiligen Schrift und lebendig überliefert im Verstehen der Kirche, wie es der Katechismus lehrt. Die Geheimnisse des Glaubens müssen vollständig, ganzheitlich, in rationaler Klarheit und in der Freude der Erlösten verkündigt werden. Sie müssen leuchten. Wer anderen Menschen den Glauben verkünden will, darf nicht dilettieren; er muss zuerst an sich arbeiten - an seinem Leben, an seiner Liebe und an seinem Wissen. Der missionarische Aufbruch erfordert eine neue Lernbewegung des Glaubens, denn wir haben verlernt, was es heißt missionarisch zu sein.
These 8
Wir wollen missionieren, nicht indoktrinieren. Die Mission Jesu zu überbringen hat stets den Charakter einer Einladung; Mission ist die Sehnsucht, die eigene Freude mit anderen zu teilen; ein freies, respektvolles Angebot an freie Menschen. Mission bedeutet, den Menschen die Füße zu waschen, nicht den Kopf. Sie überredet nicht, übt keinen Druck aus und ist mit Zwang oder Gewalt unvereinbar. Christen sind nicht nur tolerant gegenüber Andersdenkenden, - sie engagieren sich sogar aktiv für Religionsfreiheit. Den Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens vertreten wir ohne jede Aggression. Wir können unmöglich schweigen von der Hoffnung, die uns erfüllt (1 Petr 3,15).
These 9
Wir brauchen eine "Demokratisierung" von Mission. Nirgendwo steht, dass die Mission, die Jesus uns gegeben hat, sich auf Spezialisten, professionelle Verkündiger, Theologen, Kleriker oder Mitglieder von Ordensgemeinschaften beschränkt. Missionarisch zu sein ist der Auftrag Christi an alle Getauften. Mission beschränkt sich auch nicht auf bestimmte ("nichtchristliche") Länder, Kulturen und/oder Religionen. Mission ist jederzeit und überall. Sie ist die große, oft vergessene Querschnittsaufgabe aller Christen in allen Ländern und Kulturen.
These 10
Wir müssen uns selbst zur Freude des Evangeliums bekehren, um andere zu Jesus führen zu können. Wo wir uns im Denken, Handeln und Fühlen einem allgemeinen humanistischen Mainstream angepasst haben, müssen wir entschiedene Anstrengungen unternehmen, um uns, wie Papst Benedikt XVI. sagt, "von der Weltlichkeit der Welt zu lösen". Nur als geisterfüllte "neue Menschen" haben wir missionarisches Profil. Wir sollten allerdings damit rechnen, dass der ersehnte Aufbruch im Glauben nicht immer nur eine Erfolgsgeschichte sein wird. Doch im treuen und freudigen Zeugnis für Jesus erstrahlt auch aus Leiden und Widerständen eine Schönheit, die früher oder später fruchtbar wird.
Quelle: kathpress-Infodienst