Schönborn: "Europa ist immer weniger Zentrum der Weltkirche"
Papst Franziskus reagiert in seinen Reformbemühungen deutlich auf die Entwicklung, dass Europa "immer weniger das Zentrum der Weltkirche ist": Das hat der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn anlässlich des 20-Jahre-Jubiläum seiner Kardinalsernennung in einem Interview der Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen gesagt. Die heutige Realität sei, dass die Kirche eher in Afrika und Asien "aufstrebend und vital" ist, so der Kardinal.
Auch in den Personalentscheidungen des Papstes sei diese Entwicklung erkennbar, befand der Erzbischof. Nach seiner eigenen Ernennung am 21. Februar 1998 habe er Papst Johannes Paul II. gefragt: "Sind vier Kardinäle nicht ein bisschen viel für Österreich?" Neben Schönborn lebten damals auch noch seine Wiener Amtsvorgänger Franz König und Hermann Groer sowie Kurienkardinal Alfons Maria Stickler. Ob es auch künftig in den kleinen mitteleuropäischen Ländern einen Kardinal gebe - derzeit außer Wien auch in Prag und Budapest - werde man aber erst sehen, so Schönborn.
Er selbst werde jedenfalls dem Papst vorschriftsgemäß in zwei Jahren - mit dem Erreichen des 75. Lebensjahres - den Rücktritt anbieten, und zwar "nicht nur pro forma", sondern mit dem ernstgemeinten "Wunsch, dass er angenommen wird", sagte der Kardinal. Er selbst sei "sehr begierig darauf, stillere Zeiten zu haben, damit das geistliche Leben genügend Platz hat". An Beschäftigung werde es ihm sicher nicht fehlen, Spekulationen über seine Zukunft mache er jedoch noch keine.
Seine eigene Haupttätigkeit sei momentan die des "Bischofs von Wien" und des Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, wobei er sich in diesem Amt auch als Vermittler zwischen der österreichischen Kirche und Rom sehe, sagte Schönborn. Nachsatz: "Das war auch immer wieder notwendig, zum Beispiel in schwierigen Situationen."
In Rom sei er derzeit durchschnittlich einmal pro Monat - aufgrund seiner Mitgliedschaft u.a. in der Glaubens-, Bildungs- und Ostkirchenkongregation, im Päpstlichen Rat für die Evangelisierung der Völker, in der Kardinalskommission für die Vatikanbank und im Synodenrat.
Mit Blick auf die im Oktober stattfindende Jugendsynode erklärte Schönborn, er wisse noch nicht, ob er ähnlich wie zuvor bei den Familiensynoden auch diesmal zum Mitglied der Synodensitzung ernannt werde. Er gehe davon aus, dass die Jugendsynode in einer "klimatisch anderen Situation" als die letzten beiden Bischofsversammlungen stattfinden würden. "Ich glaube nicht, dass es stark um kontroverse Themen gehen wird, sondern um Unterscheidung: Die Unterscheidungsfähigkeit, die ein junger Mensch braucht, um seinen Weg als Christ zu gehen", so der Kardinal.
Schönborn sprach von einem "guten" Verhältnis von Kirche und Staat in Österreich, trotz jüngster Differenzen hinsichtlich der staatlichen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Er wünsche sich hier nach der diesbezüglichen Erkenntnis der Verfassungsrichter noch "Diskussionen und vielleicht auch manche Präzisierungen" durch die Politik. Der Erzbischof bekräftigte dabei seine Kritik: Die Kirche habe nie gegen das Partnerschaftsgesetz protestiert, das gleichgeschlechtliche Partnerschaften zivilrechtlich sehr gut absichere - da dies eine Frage der Gerechtigkeit sei. Die Ehe habe jedoch durch den Umstand, dass nur die Verbindung von Frau und Mann die Generationenfolge ermögliche, auch rechtlich eine "besondere, unersetzliche Stellung", so der Kardinal.
Quelle: kathpress