Caritas: "Solidaritätsbarometer Steiermark" bestätigt Engagement
"Der Grundwasserspiegel der Nächstenliebe in der Steiermark liegt beachtlich hoch": Dieses Resümee hat der Grazer Caritasdirektor Herbert Beiglböck anlässlich der derzeit laufenden Caritas-Haussammlung 2018 gezogen. In einem Pressegespräch am Mittwoch in Graz wurde der "Solidaritätsbarometer Steiermark" präsentiert - eine erstmals durchgeführte soziologische Studie, in der die "soziale Stimmung" im Bundesland erhoben wurde. Ersichtlich wurde dabei laut Beiglböck, dass ein großer Teil der Bevölkerung der Meinung ist: "Hilfe soll jeder erhalten, der sie braucht und hier lebt." Das bestätige die Caritas in ihrer Arbeit, "und das zeigt auch, dass wir uns nicht von kurzfristigen Stimmungen irritieren lassen sollten, die als Mehrheitsmeinung präsentiert werden".
An der Pressekonferenz im "Paulinum" der steirischen Caritas nahmen neben Beiglböck auch Studienautor Florian Brugger vom Institut für Soziologie an der Uni Graz, Caritas-Mitarbeiter Georg Eichberger, Caritas-Kuratoriumsvorsitzende Kristina Edlinger-Ploder sowie die für Soziales auf Landes- und Stadtgemeindeebene zuständigen Politiker Doris Kampus (SPÖ) und Kurt Hohensinner (ÖVP) teil.
Für den vom Soziologen Brugger und der Caritas entwickelten "Solidaritätsbarometer" wurden 1.000 Steirer telefonisch zu Themen wie soziales Engagement, Spendenverhalten, Einstellung zum Helfen und soziale Verantwortung befragt. "Wir werden diese soziale Messgröße fünf Jahre lang in Folge erheben und sehen, wie sie sich entwickelt - weil wir das gute Miteinander in der Steiermark stärken und fördern wollen", kündigte Direktor Beiglböck an. Es gelte sorgfältig umzugehen mit der nun mit Fakten belegbaren Hilfsbereitschaft, "damit dies nicht verlorengeht und nicht durch unnötige Worte vergiftet wird".
Neun von zehn spenden regelmäßig
Die wichtigsten Ergebnisse: Die Spenden- und Hilfsbereitschaft in der Steiermark ist hoch und kontinuierlich. Mehr als 90 Prozent der Befragten haben 2016 zumindest einmal gespendet; rund ein Drittel war ehrenamtlich aktiv. Entgegen anders lautender Behauptungen, wonach solidarisches Handeln zusehends spontan und ereignisorien-tiert sei, gaben fast 90 Prozent der Befragten an, jedes Jahr in Form von Spenden oder anderen Hilfeleistungen zu helfen.
Besonders ausgeprägt ist die Solidarität im eigenen Umfeld - Familie, Nachbarn und Freunde - und mit "schuldlos Schwachen". Die Solidarität mit hier Lebenden ist deutlich höher als mit Notleidenden anderswo in der Welt; wobei hinsichtlich der Hilfsbereitschaft gegenüber Personen der eigenen Nation laut Studienautor Brugger etwa gleich groß ist wie jene mit Ausländern und Flüchtlingen, die in der Steiermark leben. Gruppen wie Kindern, Alten, Kranken und Behinderten sprechen neun von zehn Befragten das Recht auf Hilfe zu, immerhin 70 Prozent befürworten aber auch Hilfeleistungen für Alkoholiker, Drogenabhängige, Arbeitslose und Ex-Häftlinge.
Ebenso räumen mehr als 90 Prozent der Befragten österreichischen Staatsbürgern ein Recht auf wohlfahrtsstaatliche Leistungen ein. Für rund 70 Prozent sollte dieses Recht auch für Flüchtlinge und Ausländer, die hier leben, gelten. Das aus der Umfrage ersichtliche "deutliche Bekenntnis zum Wohlfahrtsstaat" schließt laut Brugger aber auch hohe Solidaritäts-Erwartungen an Einzelpersonen und soziale Organisationen ein. Weiters bemerkenswert: Wer hilft, erwartet in aller Regel keine persönlichen Gegenleistungen wie Dankbarkeit, wohl aber, dass Hilfsempfänger die Werte der Gesellschaft achten und auch die Gründe ihrer Hilfsbedürftigkeit zu überwinden suchen.
Rund 4.000 Haussammler unterwegs
Rund 4.000 Haussammlerinnen und -sammler klopfen derzeit im Rahmen der zum 68. Mal durchgeführten "größten sozialen Aktion der Steiermark" an Haustüren; 2017 wurden 800.000 Euro gespendet, die direkt für Notleidende in der Steiermark eingesetzt werden, gab Servicestellenleiter Georg Eichberger bekannt. Mit dem Einsatz von neun Regionalkoordinatoren seit vergangenem Herbst wolle die Caritas die Wirkung ihrer Arbeit und die Hilfe für Menschen in Not weiter verstärken. Motto der noch bis Karfreitag andauernden Caritas-Haussammlung: "Mut > Angst".
Zugute kommen die Spenden z.B. dem Obdachlosenheim "Ressidorf", der Jugendnotschlafstelle "Schlupfhaus", einem Beratungszentrum für Schwangere oder der Ausspeisung und Begegnungsstätte Marienstüberl.
Die Caritas-Kuratoriumsvorsitzende und frühere ÖVP-Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder sprach von einem "Netz der Solidarität", das mit Hilfe der Hausammler über die gesamte Steiermark gespannt werde. Ziel sei es, in jeder Pfarre im Bundesland eine Pfarrcaritas-Sprechstunde anzubieten. "Die Not kann überall zu Hause sein, auch dort, wo wir sie nicht vermuten - im Haus nebenan, in der Wohnung unter uns", sagte Edlinger-Ploder. Die Haussammler könnten Betroffenen auch die Tür hin zur Caritas öffnen, die deren Hilfe nicht kennen oder sich nicht trauen, darum zu bitten.
Quelle: kathpress