Wien: Fasten-Aktion der Salvatorianer zum Thema Menschenhandel
Dem Thema Menschenhandel widmen die Salvatorianer heuer ihre Fasten-Aktion. In Kooperation mit der Universität für angewandte Kunst in Wien lud der Orden Kunstschaffende ein, sich kreativ mit dieser auch Österreich betreffenden Verletzung der Menschenrechte auseinanderzusetzen. Augenfälligste "Frucht" ist ein fünf mal elf Meter großes Fastentuch der jungen bulgarischen Künstlerin Zhanina Marinova, das am Aschermittwoch ab 18 Uhr in der Wiener Michaelerkirche zu sehen sein wird; die während der Fastenzeit zugängliche Ausstellung in der viel frequentierten Innenstadtkirche umfasst weitere acht Arbeiten namhafter Künstler. Auch ein Drama bietet der Orden zum Thema Menschenhandel: das Stück "Kalbfleisch" wird am 23. und 24. Februar im Wiener "Theater Brett" aufgeführt.
Die Salvatorianer machen seit Jahren auf Verbrechen rund um Ausbeutung in der Öffentlichkeit aufmerksam, wies P. Erhard Rauch, Pfarrer von St. Michael und früherer Generalsekretär der Superiorenkonferenz der Männerorden, in einem Pressegespräch am Montag hin. Die Ordensgemeinschaft gründete die Initiative "Ware Mensch" und ist Mitgründerin der "Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel", vertreten durch die Wiener Kriminologin und Menschenhandels-Expertin Katharina Beclin. Zhanina Marinova erläuterte vor den Pressevertretern ihr Fastentuch.
"Im Menschenhandel wird Gott selbst verkauft, geschunden und gedemütigt", betonte P. Rauch. Die Pfarrgemeinde St. Michael wolle dagegen ein Zeichen setzen und ihre "Touristenkirche" als Raum für Gedankenanstöße zur Verfügung stellen. Es gebe viele Formen von Entrechtung als "Wunden in der Gesellschaft", sie zeigten sich etwa in erniedrigender Kindererziehung oder als Ansinnen, den Willen von Menschen zu brechen - was laut Rauch noch vor wenigen Jahren im Zusammenhang mit der Priesterweihe seitens der Vatikans so formuliert wurde. Auch im Hinblick auf die untergeordnete Stellung der Frau gebe es für die Kirche durchaus Anlass für selbstkritische Reflexion. Dass das Leid der "anderen" nicht kalt lassen darf, habe Jesus allen Christen mit seinem Satz "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" eingeschärft.
Österreich fungiere mit seiner Lage in Mitteleuropa als Transit- und Zielland von Menschenhandel, wiesen die Salvatorianer hin. In der Regel stammten die Opfer in Österreich aus ärmeren EU-oder Drittstaaten. Bis zu 350 Menschen werden jährlich von heimischen Opferschutzeinrichtungen und NGOs betreut. Unter den Betroffenen seien Kinder, Männer und Frauen sowie Angehörige verschiedener Länder und Ethnien - vielfach im Umfeld sexueller Ausbeutung.
"Extrem hohe Dunkelziffer"
Die an der Uni Wien lehrende Katharina Beclin wies auf die "extrem hohe Dunkelziffer" bei diesen Verbrechen hin: Die Opfer würden sich oft aus Angst vor Vergeltung - auch solcher gegen Angehörige - scheuen, gegen Ausbeuter vorzugehen. Als Hemmschuh erweist sich nach den Worten der Kriminologin auch die drohende Abschiebung der Opfer, sobald ein Verfahren abgeschlossen ist. Beclin forderte ein unbefristetes Bleiberecht und Zugang zum Arbeitsmarkt für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen.
Unzureichend ist die Gesetzeslage laut der an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät lehrenden Forscherin auch im Bereich Arbeitsausbeutung etwa am Bau, in der Landwirtschaft oder bei der 24-Stunden-Pflege. Das auf illegale Migration fokussierte Regierungsprogramm gebe wenig Anlass zur Hoffnung, dass sich hier bald Verbesserungen zeigen, so Beclin. Sie hält auch nichts - wie sie sagte - von höheren Strafen: Viel wichtiger sei die Steigerung der Entdeckungs- bzw. Verfolgungswahrscheinlichkeit von Delikten. Auch die jetzt populäre "restriktive Sozialpolitik" verschärfe das Problem Menschenhandel, weil sie Abhängigkeiten begünstige. Beclin nannte es schon allein sprachlich absurd, von einer "Mindest-Sicherung" noch etwas abzuzwacken.
Opfer in Form von nackten Leibern inmitten von Chaos - "unsichtbare" Personen, weil "verborgen vor den Augen der Gesellschaft und mit ihrem "Körper als Währung" - zeigt Zhanina Marinova in ihrem Fastentuch. Sie schuf es während einer Woche, berichtete sie; wegen der 55 Quadratmeter Malfläche könne sie es erst nach der Altarverhüllung am Aschermittwoch in vertikaler Lage sehen. Bis zum Ende der Fastenzeit sind in der Michaelerkirche auch Werke von Elke Krystufek, Lucia Riccelli, Jerson Jimenez, Vivien Kabar u.a. zu sehen, die käuflich erworben werden können. Der Gewinn geht zur Gänze an die "Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel". Eröffnet wird die Ausstellung am Aschermittwoch um 18 Uhr im Rahmen einer Eucharistiefeier, in der auch das Aschenkreuz aufgelegt wird. Anschließend gibt es eine Führung mit Künstlerin Marinova. (Info: http://salvatorianer.at und http://gegenmenschenhandel.at)
Quelle: kathpress