Medizinerin: Fasten leitet körperliche "Reparaturvorgänge" ein
Maximal ein- bis zweimal im Jahr bewusst zu verzichten, tut jedem gut: Davon ist die Fastenmedizinerin Ulrike Göschl überzeugt. Heilfasten mit einer Kalorienreduktion deutlich unter dem Grundumsatz scheine körperliche und seelische "Reparaturvorgänge" einzuleiten, für die in Zeiten des Ernährungsüberflusses buchstäblich kein Platz ist. Fasten werde so zu einer Art "Boxenstopp für unser ganzes System", erläuterte Göschl im Interview mit "Kathpress" anlässlich der bevorstehenden Fastenzeit.
Rein körperlich betrachtet, führe eine stark reduzierte Nahrungszufuhr zu einer Umstellung des Stoffwechsels und einer Verbrennung körpereigener Fettreserven, um so die Energieversorgung der lebenswichtigen Organe zu gewährleisten. Dieser Prozess habe positive Auswirkungen auf die Gesundheit, helfe etwa bei chronisch entzündlichen Erkrankungen, verbessere die Stoffwechselparameter und den Blutdruck, erhöhe die Vielfalt in der Darmflora und moduliere damit auch das Immunsystem. Das Reduzieren von Kalorien, Portionsgröße und Würzmittel führe außerdem zu einem "bewussteren Essverhalten und kann nachhaltig eine gesündere Lebensweise im Alltag bewirken", gab Göschl zu bedenken.
Hinter der Absicht zu fasten stehe nämlich oft der Wunsch nach einer Form des Neustarts, um Veränderungen im Leben anzugehen, eine Zeit der Reduktion im Überfluss zu schaffen und der Gesundheit etwas Gutes zu tun. Als Diät zum Abnehmen tauge Fasten allerdings nicht, es könne aber dabei helfen, sich auf eine neue, veränderte Verhaltensweise einzulassen. Fasten habe darüber hinaus eine entschlackende Wirkung und helfe dem Körper dabei, Ablagerungen, Zellbruchstücke oder andere Reste abzubauen und der Wiederverwertung zuzuführen. Das gleiche einem "Recycling-Prozess", der vor allem dann funktioniere, wenn kein Insulin im Körper kreist.
Bei der Wahl der Fasten-Methode rät die Medizinerin dazu, auf die eigenen Bedürfnisse zu schauen und den Prozess ärztlich begleiten zu lassen. Denn der Verzicht auf Nahrung sei "kein neuer Diättrend, sondern ein drastischer Eingriff in den Stoffwechsel".
Um Fasten voll ausschöpfen zu können, brauche es ausreichende Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten und eine Auszeit vom Alltag für mindestens eine Woche. Nur so könne seine ganzheitliche Wirkung, mit den begleitenden psychischen Prozessen, im Sinne einer verbesserten Selbstwirksamkeit und Stressreduktion greifen und langfristig zu einem gesünderen Lebensstil führen, so die Expertin.
Göschl ist ärztliche Leiterin im Kurhaus Marienkron, das seit fast 50 Jahren betreutes Fasten anbietet. Die Gründung von Marienkron geht auf das Jahr 1953 zurück, als Zisterzienserinnen aus der deutschen Abtei Seligenthal ein Stück der Heiligenkreuzer Stiftspfarre Mönchhof erhielten und vorerst im Pfarrhof einzogen. Anfangsidee war es, eine Gebetsstätte direkt am nahe gelegenen Eisernen Vorhang zu Ungarn zu gründen. Bis 1959 wurde ein Kloster errichtet und zum Priorat erhoben, das seit 1991 eine eigene Abtei ist; 1969 bauten die Schwestern das Kur- und Gesundheitszentrum, das heute besonders für Fasten- und Kneipp-Kuren bekannt ist.
In den jüngsten Jahren wurden Kurzentrum und Kloster wieder getrennt. Seit Anfang 2015 gehört das Kurzentrum einer neu gegründeten Gesellschaft, an der neben der Abtei Marienkron und dem Stift Heiligenkreuz mehrheitlich der Orden der Grazer Elisabethinen beteiligt ist. 2018 wird das Kurhaus rundumerneuert und schließt deshalb ab Jänner für ein Jahr.
Quelle: kathpress