Benediktiner-Pater: "Fasten ist mehr als eine Schlankheitskur"
Fasten erfreut sich in der Gesellschaft einer immer größeren Beliebtheit. Dabei hat sich das Ritual vielfach seiner religiösen Kleidung entledigt und tritt etwa in Form von Schlankheits- oder Entschlackungskuren auf. Der Benediktiner-Pater Johannes Pausch vom Europakloster Gut Aich unterscheidet deshalb klar zwischen Hungern oder einer Diät und einer "vernünftigen Lebensgestaltung, die im religiösen Kontext Fasten genannt wird". Religiöses Fasten ziele auf eine "Gottes- oder Transzendenzerfahrung" und eine spirituelle Vertiefung ab. Grundlage für eine solche Lebensgestaltung sei "eine Reduktion als Voraussetzung für Gewinn", so Pater Pausch in einem Interview mit "Kathpress" anlässlich der bevorstehenden Fastenzeit.
Der spirituelle Aspekt des Fastens berge ein Entwicklungs- und Beziehungspotenzial in sich, erläuterte der Ordensmann. Als vernünftige Lebensgestaltung trage es zum Beziehungsaufbau "zu mir selbst, zu anderen, zur Natur, zur Schöpfung und zu Gott" bei. Fehlt diese Beziehungskultur, werde Fasten leicht zum Kreisen um sich selbst und zur Verwirklichung des Egos.
Im christlichen Kontext sei der Brauch nie nur Selbstzweck, sondern immer auf das Osterfest und die Auferstehung, daher auf einen Wandlungsprozess hin, ausgerichtet. "Die Fastenden erleben an Leib und Seele durch die vernünftige Reduktion der Nahrung oder anderer Dinge die Erfahrung von Tod und Auferstehung, von Verlust und Fülle", so der Ordensmann.
Fasten spiele aber auch in allen anderen großen Weltreligionen eine gewisse Rolle, werde dort seit tausenden Jahren als sinnstiftend erfahren und sei neben den heiligen Festen die am besten überlieferte religiöse Praxis. "Wenn sie sich nicht im Alltag und für viele Menschen bewährt hätte, würde sie längst vergessen sein", betonte Pater Pausch. Insofern sei die Fasten-Praxis als vernünftige Lebensgestaltung dem Menschen immanent.
Anfängern empfiehlt der Ordensmann, zunächst die innere Motivation zu prüfen, ein klares Ziel zu definieren und sich Unterstützung im Rahmen von Fastengruppen zu holen, die einen wichtigen Erfahrungs-Austausch ermöglichten. Fasten müsse dabei nicht immer mit Nahrungsverzicht einhergehen, in einer medial bestimmten Welt könne es etwa auch sinnvoll sein, einen Fernseh- oder PC-Fastenplan aufzustellen.
Im Europakloster fasten die Mönche nicht nur vor Ostern oder dem Advent. Jede Woche von Freitagnachmittag bis Samstagabend gibt es einen Regularfasttag. Das Kloster bietet vor Ostern und Weihnachten auch angeleitete Fastenwochen für Mönche und Gäste.
Quelle: kathpress