Scheuer: "Political Correctness" blendet Christenverfolgung aus
Ein in Europa beobachtbarer neuer, aggressiver Atheismus verbindet Religion mit Unfreiheit und Unterdrückung - das führt laut dem Linzer Bischof Manfred Scheuer zu einer sehr selektiven Beachtung der Menschenrechte. Die dort verankerte Religionsfreiheit gelte wenig.
Wann immer von der Verfolgung von Christen weltweit die Rede sei, wird dies durch den Rückblick auf vergangene Schandtaten des Christentums zugedeckt.
Und weiter wörtlich:
Von einer gegenwärtigen Verfolgung oder Unterdrückung des Christentums will die 'Political Correctness' nichts wissen. Die Verfolgung von Christen stößt auf eine fast unheimliche Nichtbeachtung.
Der Bischof äußerte sich in einer Predigt in der koptisch-orthodoxen St. Georg-Kirche in Linz, wo Vertreter der neun christlichen Kirchen in Oberösterreich anlässlich der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen einen ökumenischen Gottesdienst feierten. Scheuer erinnerte dabei daran, dass die koptisch-orthodoxe Kirche eine "Kirche des christlichen Bekenntnisses und des Zeugnisses" in einem vom Islam dominierten Umfeld sei. Für ihre Standhaftigkeit im Glauben gebühre den Kopten Dank. So wie die Christen der ersten Jahrhunderte ihren Glauben vor dem Forum der Öffentlichkeit darlegten, so bräuchten auch heute die Christen den öffentlichen Disput, das Forum der intellektuellen Auseinandersetzung und der Kultur nicht zu scheuen, betonte der Linzer Bischof.
Widerspruch sei etwa angesichts der verbreiteten Gleichgültigkeit über religiöse Verfolgung angezeigt: Etwa jeder zehnte Christ wird weltweit wegen seines Glaubens diskriminiert oder verfolgt, mehr als 200 Millionen Menschen in 60 Staaten, wies Scheuer hin: "Was kümmert das Europa!?"
"Ökumene heißt voneinander lernen"
In seiner Predigt blickte Scheuer auf seinen Besuch in der koptisch-orthodoxen Kirche vor 15 Jahren zurück: "Damals wurde mir bewusst, wie viel die Kirche theologisch und spirituell Ägypten bzw. Christen aus Ägypten verdankt." Ökumene stehe zuerst für das "Bewusstsein, was wir einander verdanken, was wir voneinander lernen können". Das werde auch auf weltkirchlicher Ebene erkannt: Mit der "Wiener Christologischen Formel" von 1971 anerkannten römisch-katholische wie orientalisch-orthodoxe Kirchenvertreter die Übereinstimmung ihres Christus-Glaubens; mit der Konsens-Erklärung von 1973 wurden dann - wie Scheuer erinnerte - die gegenseitigen Verurteilungen als Häretiker beendet. Und am 28. April 2017 unterzeichneten Papst Franziskus und der koptisch-orthodoxe Papst Tawadros II. eine gemeinsame Erklärung über die gegenseitige Taufanerkennung in Kairo.
Der Linzer Diözesanbischof, der in der Österreichischen Bischofskonferenz auch zuständiger Referatsbischof für Ökumene ist, betonte, dass Ökumene gemeinsames Zeugnis sei, wie bereits im Ökumenismus-Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils zu lesen sei. Der Glaube dürfe wichtige Lebensbereiche wie Leid, Schuld, Krankheit und Tod nicht tabuisieren oder ausklammern. Das letzte entscheidende Forum für die Verantwortung des Glaubens sei "die Verantwortung vor den Armen und Leidenden", so Scheuer.
100 Vertreter der Ökumene feierten mit
Die römisch-katholische Kirche vertraten bei dem Gottesdienst auch Dompfarrer Maximilian Strasser und die Linzer Ökumene-Referentin Gudrun Becker; weitere Teilnehmende waren u.a. der evangelische Superintendent Gerold Lehner, Vertreter der altkatholischen, der reformierten und evangelisch-methodistischen Kirche, der rumänisch-orthodoxen und der serbisch-orthodoxen Kirche sowie der Baptisten. Für die gastgebende koptisch-orthodoxe St. Georg-Kirche in der Wiener Straße in Linz feierten in Vertretung des koptisch-orthodoxen Bischofs Anba Gabriel der aus Wien angereiste P. Lukas Daniel sowie "Hausherr" P. Johannes Abousif mit. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Kinderchor und vom Jugendchor der koptischen Gemeinde.
Superintendent Lehner begrüßte die etwa 100 Mitfeiernden im Namen des Forums der christlichen Kirchen in Oberösterreich: "Wir alle, die wir hier stehen, sind Teil der einen Kirche, die Jesus Christus berufen hat." Allen Unterschieden in Sprache, Kultur, Liturgie, Theologie und Spiritualität zum Trotz gelte es diesen gemeinsamen "einen Kern" zu sehen.
Die Kollekte des Gottesdienstes kommt koptischen Christen in Ägypten zugute, die immer wieder Gewalt und Übergriffen ausgesetzt sind. (Info: www.dioezese-linz.at/oekumeneunddialog)
Quelle: kathpress