Kirche: Dank an treue Katholiken, Aufmerksamkeit für Suchende
Die Sorge um Menschen auf der Suche nach Sinn und um die Ausgetretenen bzw. das Bemühen, die Türen der Kirche für einen Wiedereintritt stets offen zu halten, prägen immer stärker das seelsorgliche Selbstverständnis der katholischen Kirche in Österreich. Zugleich gilt der Dank der Kirche all jenen Katholiken, die mit ihrem Kirchenbeitrag das kirchliche Wirken finanzieren und/oder auch selbst aktiv mitarbeiten. Das geht aus den Stellungnahmen der einzelnen Diözesen zu den aktuellen Zahlen der heimischen Kirchenstatistik hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurden.
Die österreichweit meisten Wiedereintritt konnte die Diözese Graz-Seckau verzeichnen. 1.430 Steirerinnen und Steirer sind voriges Jahr wieder in die Kirche eingetreten. Das sei eine Steigerung von 8,25 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2016: 1.321), hielt die Diözese fest, wobei in dieser Zahl auch 142 "Widerrufe" enthalten seien. Damit sind Katholiken gemeint, die zunächst ihren Austritt erklären, aber innerhalb der Frist von drei Monaten wieder Abstand von diesem Schritt nehmen.
Die Motive für den Wiedereintritt seien sehr unterschiedlich. Viele Menschen wollten aber wieder "zurückkehren, um ihren Glauben wieder bewusst in der Gemeinschaft der Kirche zu leben". Im Jahr 2018 solle verstärkt der Blick auf jene Menschen gerichtet werden, "die den Sinn in einer Kirchenmitgliedschaft nicht mehr sehen". Das 800-Jahr-Jubiläum der Diözese im Jahr 2018 biete nicht nur Anlass, "sondern liefert der Diözese Graz-Seckau auch den Ansporn dazu, Begegnungen und das Gespräch zu suchen".
Im Vergleich zu den vergangenen Jahren sind in der Steiermark die Austrittszahlen deutlich gesunken. Das sei zwar erfreulich, dennoch "stellt jeder Austritt für die katholische Kirche in der Steiermark einen großen Verlust für die Zukunft dar", hieß es in der Aussendung. Die konkreten Motive für einen Kirchenaustritt seien vielfältig und reichten von loser Kirchenbindung bis hin zu individuellen und persönlichen Gründen. Aus jedem einzelnen Motiv wolle die Diözese Graz-Seckau aber jedenfalls lernen. Zudem reagiere auch Bischof Wilhelm Krautwaschl auf jeden Austritt mit einem Brief und bitte um Feedback.
Linz: "Orientierung in Zeiten von Umbrüchen"
Einen Rückgang an Austritten und eine Zunahme an Eintritten konnte 2017 die Diözese Linz verzeichnen: Im Jahresverlauf traten 8.797 Personen aus (2016 waren es 9.236). 966 Personen traten wieder oder neu in die katholische Kirche ein (Reversionen: 925, Konversionen: 41; 2016 waren es 869). 82 Personen haben ihre Austrittserklärung in Antwort auf einen Brief von Diözesanbischof Manfred Scheuer widerrufen (2016: 115).
Wie Pastoralamtsdirektorin Gabriele Eder-Cakl dazu in einer Aussendung unterstrich, wolle sich die Diözese künftig noch intensiver der suchenden und kirchenfernen Menschen annehmen. Aus vielen Gesprächen mit den Oberösterreichern wisse sie um deren Fragen, "wo ihr Platz und Sinn im Leben ist". Die christliche Religion gebe "Orientierung in Zeiten von Umbrüchen".
Viele Menschen schätzten das "brennende Licht im Pfarrhof am Ort". Sie freuten sich über die Kirchenräume, "die Orte für 'himmlische' Musik oder stille Oasen sind". Menschen schätzten die persönliche Begegnung mit Seelsorgern in der Pfarre, im Krankenhaus oder im Betrieb. Sie seien dankbar für spirituelle Tiefe bei Kirchenfesten und für Unterstützung und Trost in Krisensituationen.
Eder-Cakl kam auch auf die ihr genannten Gründe für einen etwaigen Kirchenaustritt zu sprechen: "Es sind persönliche Kränkungen, Verletzungen bei Festen oder in Krisenzeiten. Es ist die Unzufriedenheit mit kirchlichen Positionen in Frauenfragen oder bei Beziehungsthemen oder schlicht der Wunsch, nicht mehr dabei sein zu wollen." Die Diözese Linz setze stark auf eine professionelle Ausbildung und Weiterbildung der Seelsorger und Mitarbeiter. Trotzdem gebe es auch unangemessenes und unprofessionelles Verhalten. Dafür wolle sie sich im Namen der Diözese entschuldigen.
Mehrere hundert Menschen treten pro Jahr in Oberösterreich wieder oder neu in die Kirche ein. Eder-Cakl dazu: "Das tun sie, weil sie wieder dazugehören wollen, Gemeinschaft erleben wollen, weil sie ein Patenamt übernehmen wollen oder die Kulturleistungen der Kirche unterstützen möchten - oder auch, weil ihnen der Glaube wichtig geworden ist in ihrem Leben." Auch diesen Schritt wolle die Kirche "mit hoher Qualität und angepasst an die jeweilige persönliche Situation professionell begleiten".
Lackner:"Tür zum Wiedereintritt weit geöffnet"
Eine leichte Steigerung bei den Kirchenaustritten musste die Erzdiözese Salzburg 2017 verzeichnen (2017: 4.830, 2016: 4.611). Allerdings traten auch wieder mehr Menschen in die Kirche ein (2017: 506, 2016: 454). Die Kirche respektiere jeden Austritt, so der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in einer Pressemitteilung, wiewohl jeder Weggang von der katholischen Kirche natürlich schmerze.
"So weit es gewünscht ist, wollen wir mit den Ausgetretenen in Kontakt bleiben", hielt Lackner fest. Und: "Die Tür zum Wiedereintritt ist weit geöffnet." Wörtlich sagte der Erzbischof: "Die Kirche ist eine verbeulte Institution, dennoch - ohne Schuld und Fehler schön reden zu wollen - bewahrt sie in nicht ganz reinen Gefäßen ein kostbares Gut, den Glauben an einen menschenfreundlichen Gott."
Innsbruck: Dank an Kirchenbeitragszahler
In der Diözese Innsbruck sind 2017 3.298 Menschen aus der Kirche ausgetreten, das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Prozent. Erneut stieg die Zahl der Wiedereintritte, womit der Höchststand aus dem Vorjahr übertroffen werden konnte, wie die Diözese mitteilte. Auffallend bei den Wiedereintritten sei die Altersstruktur: Nahezu zwei Drittel der Menschen, die wieder in die Kirche eintreten, sind zwischen 21 und 40 Jahre alt.
Trotz der Steigerungen bei den Wiedereintritten hielt Bischof Hermann Glettler fest: "Jeder Austritt aus unserer Kirche tut mir leid - auch wenn es für einige nur eine vorübergehende Distanzierung sein mag." Die Türen für ein Gespräch stünden jedenfalls immer offen. "Der Wiedereintritt in die Kirche ist mindestens so leicht möglich wie der Austritt", so Glettler.
Um mit den Menschen mehr ins Gespräch zu kommen und noch genauer die Gründe für die Austritte zu erfahren, steht in der Diözese Innsbruck mit Pfarrer Wolfgang Meixner seit einem Jahr ein "neutraler Ansprechpartner für Ausgetretene" zur Verfügung. Seine Bilanz: Meixner führte mit mehr als 100 Menschen "sehr wertvolle Gespräche, die auch zum Handeln bewegten", wie er sagte.
Für 2018 sollte die Kirche die Menschen vor und nach dem Schritt des Austretens noch stärker im Blick haben. Meixner: "Wir müssen die unterschiedlichen Beweggründe ernst nehmen und unsere Kommunikation noch mehr ausbauen. Jeder einzelne Austritt ist es wert, genauer hinzusehen."
Bischof Glettler wie auch der Innsbrucker Finanzkammerdirektor Markus Köck wollten zugleich all jenen Katholiken Danke sagen, die mit ihrem verlässlichen finanziellen Beitrag "die Vielfalt seelsorglicher und caritativer Arbeit ermöglichen". Der Kirchenbeitrag bietet die wirtschaftliche Grundlage für eine lebendige Kirche, so Glettler.
St. Pölten: Vertrauensbeweis der Bevölkerung
In der Diözese St. Pölten ist die Zahl der Kirchenaustritte um knapp 5 Prozent gesunken (2017: 4.661, 2016: 4.903). 367 Menschen sind 2017 wieder in die Gemeinschaft der Kirche eingetreten oder von einer anderen Konfession konvertiert. 30 Personen haben den Austritt innerhalb von drei Monaten widerrufen.
Der Direktor der Pastoralen Dienste der Diözese St. Pölten, Johann Wimmer, dankte in einer Aussendung allen Katholiken, die mit ihrem Kirchenbeitrag die Arbeit der Kirche für die Menschen im Westen Niederösterreichs unterstützen. "Die Zahl der Katholiken unserer Diözese ist im Jahr 2017 stabil geblieben. Stabilität im Bereich der Mitgliederzugehörigkeit ist für jede Organisation in diesen Zeiten der Veränderung eine gute Nachricht", betonte Wimmer. "Stabilität gibt ein Stück Sicherheit und Rückhalt und ist zugleich auch ein Auftrag: Kirche darf Zeichen und Werkzeug für die froh machende Botschaft Jesu sein." Es sei ein Vertrauensbeweis und zugleich Herausforderung, wenn 70 Prozent der Menschen, die im westlichen Teil Niederösterreich leben, das der Kirche zutrauten.
Zsifkovics: Schwerpunkt Jugend
Stabile Verhältnisse kennzeichnen auch die Situation im Burgenland. So gab es 2017 kaum Veränderungen bei den Eintritten (108) und Austritten (1.199) im Vergleich zu den Vorjahren. Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics dazu in einer Aussendung: "Die Stabilisierung des Niveaus ist zwar erfreulich, dennoch schmerzt jeder einzelne Austritt. Ein leichter, aber stetiger Rückgang der Katholikenzahl ist ein gesellschaftliches Faktum, dem wir uns offen und ungeschminkt stellen müssen." Es wäre jedoch verfälschend, die Entwicklung einzig anhand der Gegenüberstellung zwischen Eintritten und Austritten zu messen. Vielmehr müsse auch und vor allem das Verhältnis zwischen Taufen und Sterbefällen und der Vergleich zwischen Weg- und Zuzügen mitberücksichtigt werden.
Große Hoffnungen setzt der Eisenstädter Bischof auf die Jugend, die im Jahr 2018 ein Schwerpunkt der seelsorglichen Arbeit in der Diözese sein wird. Zsifkovics: "Wir können und wollen junge Menschen in ihren Anliegen, Interessen, Sorgen und Hoffnungen, aber auch in ihrer Sprache, Kultur und Ausdrucksweise ernst nehmen. Das heißt auch, offen zu sein für neue Formen der Begegnung." Dies korrespondiere auch mit der von Papst Franziskus für 2018 anberaumte Jugendsynode.
Insgesamt wolle er der nahen Zukunft mit viel Optimismus entgegengehen, so der Bischof. Die Lebendigkeit der Kirche sei keine Frage der Statistik: "Nicht die Logik der Zahlen, sondern die Logik des Herzens und der Liebe entscheidet über die Lebendigkeit und Strahlkraft der Kirche. Und diese Logik steht in keiner Statistik, sondern wird mit jedem konkreten Werk der Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Mitmenschlichkeit, mit jedem betenden und liebenden Raumgeben für das Wort Gottes immer wieder neu geschrieben."
Feldkirch: Wertschätzung für die Kirche
2.797 Menschen traten 2017 aus der katholischen Kirche in Vorarlberg aus. Im Vergleich mit den Zahlen von 2016 bedeutet das einen Anstieg von rund 3,4 Prozent. "Natürlich ist jeder Austritt einer zu viel und tut uns leid", reagierte der Pastoralamtsleiter der Diözese Feldkirch, Martin Fenkart, in einer Aussendung. "Aber es ist eine Entscheidung, die wir respektieren wollen und die manchmal auch wieder zurückgenommen wird." 213 Männer und Frauen sind nach den diözesanen Angaben 2017 (wieder) in die Kirche eingetreten, weitere 23 widerriefen ihren Austritt innerhalb der dreimonatigen Frist.
Fenkart: "Viele Menschen in unserem Land gehören der Kirche gerne an. Insbesondere an wesentlichen Wendepunkten ihres Lebens, bei Festen, aber auch in schwierigen Zeiten ihres Lebens." 2017 habe es zudem noch weitere spannende Zahlen gegeben: Über 1.000 neue Pfarrgemeinderäte hätten nach der Wahl im März ihre Arbeit für fünf Jahre begonnen. Rund die Hälfte von ihnen seien neue ehrenamtliche Mitarbeiter. Fenkart: "Somit halten wir weiterhin die Zahl von 25.000 Ehrenamtlichen, die sich in vielfältiger Art und Weise dafür engagieren, dass die Kirche vor Ort ein Gesicht hat."
Zudem: "Es gibt viel Sympathie und Wertschätzung für die Kirche in unserem Land und die drückt sich nicht zwingend immer in einer offiziellen Mitgliedschaft aus", so Fenkart und weiter wörtlich: "Wir erleben bei vielen Menschen, die zu uns kommen und die Dienste der Kirche in den Pfarren, Klöstern, Krankenhäusern, Privatschulen, der Hospizarbeit, der Telefonseelsorge etc. in Anspruch nehmen Dankbarkeit, Wertschätzung, Interesse und Gestaltungswille für Kirche und Gesellschaft der Zukunft.
Der Pastoralamtsleiter wies auf die vielfältigen Versuche der Diözese Feldkirch hin, mit den Menschen in Kontakt zu kommen oder auch zu bleiben. Zum Beispiel in Form der Dialogstelle, die vor sieben Jahren eingerichtet wurde. Ihr Ziel sei das Gespräch mit Ausgetretenen, um aus den Erfahrungen und Erlebnissen zu lernen. Auch das 50-Jahr-Jubiläum der Diözese in diesem Jahr werde zum Anlass genommen, um mit vielen Menschen mehr in Kontakt zu treten; "Jung und alt, Frauen und Männer, arm und reich, kirchennah und -fern", so Fenkart.
Quelle: kathpress