Theologe: Regierung sieht Thema Asyl nur mit negativer Brille
Die neue Bundesregierung sieht das Thema Asyl ausschließlich mit einer "negativen Brille", viele der im Regierungsprogramm dazu angekündigten Maßnahmen seien unrealistisch und dienten nur der Stimmungsmache: Diese Einschätzung äußerte der Initiator der "Weizer Pfingstvision" und Gründer der auch für Flüchtlinge engagierte gemeinnützige GmbH "Way of Hope", Fery Berger. Wohl nicht zufällig heiße das entsprechende Kapitel im Regierungsprogramm "Konsequente Verhinderung von Asylmissbrauch". Und es wecke insgesamt den Eindruck, als wolle die ÖVP-FPÖ-Koalition "Flüchtlinge möglichst schnell loswerden", kritisierte Berger am Donnerstag im Gespräch mit "Kathpress".
Als "Tiefpunkt" in der Debatte über weitere Verschärfungen des Asylrechts betrachtet der Weizer Theologe den FP-Vorstoß für Großquartiere vor den Toren Wiens. Hier werde bewusst mit einem hetzerische Vokabular agiert, er halte es für "gefährlich", wenn in Österreich Leute mit solchen Vorschlägen Klubchef einer österreichischen Parlamentspartei sein können. Solche an düstere historische Epochen erinnernde "Lager" kämen viel teurer als die jetzige Unterbringung von Asylwerbern auch in Privatquartieren und seien angesichts des erwartbaren Widerstands seitens der Bevölkerung "völlig unrealistisch", sagte Berger.
Für unsinnig erachtet der kirchliche Flüchtlingsexperte auch Pläne, Flüchtlingen nur mehr Sachleistungen statt finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen; Einkaufs-, Essens- oder Öffi-Gutscheine würden einen nicht zu rechtfertigenden Verwaltungsaufwand bedeuten, gab Berger zu bedenken.
Menschenrechtlich Bedenkliches
Für problematisch hält er auch Ankündigungen im Regierungsprogramm wie die "Erweiterung der Verordnung sicherer Herkunftsstaaten", was zu mehr Abschiebungen in de facto gefährliche Regionen führen würde, oder die "negative Feststellung von Identitäten, wenn eine positive Feststellung nicht möglich ist" - laut Berger eine Beweislastumkehr. Das beabsichtigte Auslesen bzw. Wiederherstellen von Handydaten zur Erhebung der Reiseroute und bei unklarer Identität von Flüchtlingen hält Berger - wie schon davor die Caritas - für menschenrechtlich bedenklich.
Dass von der Regierung keine "aufenthaltsverfestigenden Maßnahmen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens" gewünscht werden, würde laut dem Theologen die bewährte Integrationsarbeit von "Way of Hope" in Weiz infrage stellen: Dort habe man es geschafft, sämtlichen Asylwerber mit positivem Bescheid, die in Weiz blieben, einen Arbeitsplatz zu verschaffen - insgesamt rund 20 Personen, wie Berger berichtete. Das wäre freilich nicht möglich gewesen, hätte man für die Betreffenden nicht schon vor dem Verfahrensabschluss integrative Maßnahmen gesetzt. Nun sei z.B. unklar, ob die in der oststeirischen Bezirksstadt erfolgreich durchgeführten Deutschkurse für Asylwerber künftig von der öffentlichen Hand noch bezahlt werden.
In Weiz werden seit bereits drei Jahren auch von der Kirche breit unterstützte und mitgetragene Integrationsbemühungen gesetzt. Die vielfach durch ehrenamtlich tätige Pfarrmitglieder betreuten Heimatvertriebenen - mehrheitlich Syrer, aber auch Irakis, Afghanen und Iraner - werden laut Koordinator Berger in von "Way of Hope" angemieteten neun Privatwohnungen untergebracht, eine davon stellte kostengünstig die Pfarre Weiz zur Verfügung. Die Flüchtlinge lernen von Beginn an Deutsch und absolvieren Wertekurse, werden nach Vorliegen eines positiven Asylbescheids bei Behördenwegen wie etwa zum AMS oder bei Bewerbungen für Jobs unterstützt, berichtete Berger.
Die neue Bundesregierung startet ins neue Jahr mit einer Klausur in kirchlichem Ambiente: Im Bildungszentrum Schloss Seggau sollen sich die Teams von ÖVP und FPÖ laut Ankündigung besser kennenlernen, während die Jahresplanung mit den inhaltlichen Schwerpunkten der einzelnen Ressorts erarbeitet wird. Im Mittelpunkt stehen dem Vernehmen nach Einsparungen, die Entlastung kleiner Einkommen und die Kürzung der Familienbeihilfe im Ausland.
Quelle: kathpress