Caritas für mehr Augenmerk auf ältere arbeitslose Menschen
Auch gute Konjunkturzahlen dürfen nach Überzeugung der Caritas nicht davon absehen lassen, gezielte Maßnahmen für ältere arbeitslose Menschen zu setzen. "Wenn die 'Aktion 20.000' abgeschafft wird, müssen frei werdende Mittel für den Ausbau des erweiterten Arbeitsmarkts und Qualifizierungsmaßnahmen umgewidmet werden", forderte Caritas-Präsident Michael Landau nach dem Regierungsbeschluss, diese Förderung älterer Arbeitssuchender auslaufen zu lassen, in einer Aussendung am Dienstag.
Die aktuell sinkende Arbeitslosigkeit sei sehr erfreulich, "aber wir wissen, dass es keinen nachhaltigen Arbeitsmarkt für jene gibt, die Vermittlungshindernisse haben - und auch für diese Menschen brauchen wir Beschäftigung", so Landau. "Wir dürfen auf ältere arbeitslose Menschen nicht vergessen!" Nicht alle in Österreich würden von der momentan guten Wirtschaftslage profitieren. "Für uns als Caritas ist es daher entscheidend, wie sich die angekündigten Maßnahmen auf die Schwächsten in unserem Land auswirken", erklärte Landau. Die Caritas-Projekte für Langzeitarbeitslose zeigten: "In einem ausgewogenen Verhältnis von Fordern und Fördern kann aktive Arbeitsmarktpolitik wesentlich zum Abbau von Vermittlungshindernissen beitragen", wies Landau hin.
Dies ersetze aber nicht Maßnahmen zum Abbau strukturell bedingter Arbeitslosigkeit. Neben aktiver Arbeitsmarktpolitik und einem dauerhaft erweiterten Arbeitsmarkt für jene, deren rasche Reintegration in den regulären Arbeitsmarkt unrealistisch ist, gehören dazu laut Caritas die systematische Senkung der Lohnnebenkosten besonders bei den Schwächsten. Auch die Erhöhung der im internationalen Vergleich niedrigen Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld sei notwendig.
"Wir sehen es in unserer täglichen Arbeit: Die Zahl der älteren Menschen, die weder Zugang zum Pensionssystem noch realistische Jobchancen haben, ist nach wie vor hoch", teilte Landau mit. Gerade für schwer Vermittelbare sei es nötig, einen erweiterten "unbefristeten" Arbeitsmarkt auf Dauer zu etablieren. "Wir brauchen Unternehmungen und Arbeitsplätze, die auch langfristig vom AMS gefördert werden." Sinnvolle Beschäftigung bei angemessener Entlohnung bräuchten auch Arbeitnehmer mit wenig Perspektiven. Landau betont weiter:
Unser Ziel muss lauten, möglichst allen Menschen zu ihrem auch in den Menschenrechten festgehaltenen Recht auf Arbeit zu verhelfen, von der man auch leben kann.
Die Caritas selbst bietet in mehr als 100 Beschäftigungsprojekten jenen Menschen Perspektiven, die am ersten Arbeitsmarkt nur schwer unterkommen. Insgesamt werden 1.147 Arbeitsplätze auf Zeit für langzeitarbeitslose Menschen bereitgestellt.
"Regierungsprogramm vernachlässigt Schwache"
Scharfe Kritik an dem von der Regierung am Neujahrstag verkündeten Aus für die "Aktion 20.000" übte der steirische Caritasdirektor Herbert Beiglböck. Für viele Menschen ist der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Österreich nur schwer möglich. "Darauf wird in den aktuellen Entscheidungen der Regierung keine Rücksicht genommen", ärgerte sich Beiglböck. Die Koalition sende gerade kein Signal dafür aus, dass Chancengleichheit Ziel des Sozialstaates sein müsse: "Jeder Mensch zählt."
Auch die steirische Caritas berief sich in ihrer Aussendung am Dienstag auf ihre jahrelange Arbeit mit Langzeitarbeitslosen: Diese brächten spezielle Unterstützungsprogamme, um am ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Lange Arbeitslosigkeit sei meistens mit mehreren Problemstellungen verbunden. "Betroffene brauchen intensive Begleitung und Unterstützung, die nur im Rahmen eines geförderten Arbeitsverhältnisses möglich ist", so Beiglböck.
Die gute Wirtschaftslage solle genutzt werden, um dauerhaft einen dritten Arbeitsmarkt aufzubauen, forderte der Caritasdirektor. "Wenn nun die Aktion 20.000 überfallsartig beendet wird, ist zu fragen, wie die Regierung betroffenen Menschen Hoffnung und Perspektiven geben will." Aus der Sicht der Caritas sei jede Form von Arbeit besser als Nichtarbeit - dies gelte für den einzelnen Menschen, der in seiner Persönlichkeit gestärkt wird und für die Gesellschaft insgesamt, weil dadurch ein Beitrag zum Gemeinwohl geleistet wird.
Quelle: kathpress