Sternsingen heuer mit 85.000 Kindern und Dreikönigs-Rap
Der Weihnachtsbrauch des Sternsingens geht ab nächster Woche in seine 64. Auflage: Erneut ziehen rund 85.000 Kinder als drei heilige Könige Kaspar, Melchior und Balthasar verkleidet von Haus zu Haus. Sie besingen die weihnachtliche Friedensbotschaft, hinterlassen Haussegen auf den Türen und sammeln Spenden für Hilfsprojekte in armen Ländern. Zur Motivation der vielen jungen Beteiligten wurde in diesem Jahr ein Sternsinger-Rap als Videoclip veröffentlicht, der die Tätigkeiten der drei Könige zusammenfasst. "Wer seit 2.000 Jahre in aller Munde ist, muss sich immer neu erfinden", erklärte dazu am Dienstag Jakob Wieser, Geschäftsführer der Dreikönigsaktion (DKA) der Katholischen Jungschar, im Interview mit "Kathpress".
"Leih mir dein Ohr, denn ich bin Melchior / Hab meinen Spruch für dich gelernt und hab damit heut was vor / Ich stapf durch den Schnee in den Straßen - ok? Bin seit 7 in der Früh in der Gegend unterwegs / Ich trag bunte Gewänder aus fernen Ländern / Du findest das peinlich? Mann, ich will was verändern / Hör dir mein Lied an und nimm einen Flyer / Ich tag deine Haustür und ziehe gleich weiter", so eine Strophe des Songs "Listen to the kings", bei dem "MC Balthazar, Rhymemaster Caspar & Kingkool Melchior" rappen. Das Lied, an dessen Videodreh Sternsingergruppen aus ganz Österreich beteiligt waren, kommt in den Pfarren zum Einsatz und ist unter www.sternsingerrap.at abrufbar.
"Für viele Pfarren gehört es zu ihrer DNA, dass sie Sternsingen gehen", erläuterte DKA-Geschäftsführer Wieser. Weiterhin deute die hohe Teilnahme darauf, dass der Einsatz für die Kinder eine "tolle Sache" sei. "Sie sind ein bis drei Tage mit Freunden unterwegs, besuchen die Haushalte der Umgebung und werden beschenkt, wissen aber auch um ihren Auftrag, das Evangelium zu verkünden und die Menschen an ihre Verantwortung zur Nächstenliebe zu erinnern", so Wieser. Die Aktion hänge jedoch auch sehr von den engagierten Personen in den Pfarren ab, die die Kinder einladen, mit ihnen die Lieder einstudieren, sie begleiten, sie bekochen, ein kleines Dankeschön überlegen und die Gewänder herrichten und waschen. Schätzungen gehen von rund 30.000 Begleitern und fast genauso vielen weiteren, im Hintergrund wirkenden Helfern aus.
Hilfe für die ärmsten Länder
Der Einsatz der Kinder und ihrer Begleiter bewegt weltweit Großes: Bereits 418 Millionen Euro wurden seit Beginn der Aktion im Winter 1954/55 für Entwicklungsinitiativen in Afrika, Asien und Lateinamerika gesammelt. Alleine im letzten Jahr spendeten die Österreicher den Sternsinger 17,1 Millionen Euro, was der Dreikönigsaktion dem allgemein rückläufigen Trend zum Trotz ein Rekordergebnis und Platz fünf aller nationalen Fundraising-Aktionen bescherte. 500 Projekte rund um den Erdball in den jeweils ärmsten Ländern der Kontinente werden mit den Mitteln jährlich unterstützt. "Bei allen geht es um die Sorge um eine gerechtere Welt, in dem Sinn, wie es Papst Franziskus in 'Laudato si' formuliert hat", fasste Wieser zusammen.
Um deutlich zu machen, wie die Spenden eingesetzt werden, besuchen jedes Jahr Projektpartner der Dreikönigsaktion aus einem Beispielland Österreich und berichten aus erster Hand. Diesmal steht Nicaragua im Fokus. "Nicaragua ist das zweitärmste Land Lateinamerikas nach Haiti, und die Situation besonders der Kinder und Jugendlichen ist dramatisch. Viele sind auf sich alleine gestellt, da die Eltern mehr als zwölf Stunden am Tag arbeiten müssen oder als Arbeitsmigranten im Ausland ihr Glück versuchen. Die Bildung, Freizeit und Entwicklung kommt damit unter die Räder", schilderte Jakob Wieser. Die DKA-Partnerorganisationen vor Ort bieten den ärmsten Kindern Kurse für duale Berufsausbildung sowie Möglichkeiten geschützter Freizeit mit pädagogischer Begleitung.
Auch politische Botschaft
Längst zur Tradition geworden sind die Sternsingerbesuche bei den Spitzen des Landes. Kardinal Christoph Schönborn empfängt die Könige am 27. Dezember im Wiener Erzbischöflichen Palais, Bundespräsident Alexander Van der Bellen am 30. Dezember, die zweite Parlamentspräsidentin Doris Bures am 5. Jänner. Auch mit den gerade erst angelobten neuen Ministern werden Termine angestrebt, wobei hier laut Wieser die Tradition klarer politischer Botschaften fortgesetzt wird:
Immer geht es dabei um das Anliegen, den Evangeliums-Aufruf zu konkreter Nächstenliebe umzusetzen - etwa durch Armutsbekämpfung, engagiertem Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung.
Königliche Segenswünsche werden auch weit über Österreichs Grenzen hinaus überbracht. In mehreren Nachbarländern - darunter Deutschland, Schweiz, Südtirol, Ungarn, Slowakei und Polen - hat sich ebenfalls eine rege Sternsinger-Tradition entwickelt. Eine gemeinsame europäische Delegation wird am 1. Jänner im Vatikan an der Neujahrsmesse mit Papst Franziskus teilnehmen, der die Sternsinger schon zuvor als "Anwälte der Armen und Notleidenden" gewürdigt hat; beim Gottesdienst im Vorjahr brachten österreichische Sternsinger die Gaben zum Altar. Am 9. Jänner besuchen die Sternsinger schließlich das EU-Parlament in Brüssel und singen bei dessen Vizepräsident Rainer Wieland sowie den österreichischen Abgeordneten.
(Infos: www.sternsingen.at)
Quelle: kathpress