EZA-Experte Hödl sieht Regierungsprogramm "verhalten positiv"
"Verhalten positiv" hat Heinz Hödl, Geschäftsführer der "Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission" (KOO), das Regierungsprogramm im Hinblick auf die Entwicklungszusammenarbeit beurteilt. Entscheidend würden letztlich die Umsetzung und vor allem das Budget 2018 sein. "Daran werden wir die Ernsthaftigkeit der Bemühungen erkennen", so Hödl wörtlich in einer Stellungnahme gegenüber "Kathpress".
Grundsätzlich positiv zu sehen seien etwa die Absicht, den Auslandskatastrophenfonds aufzustocken, und das Bekenntnis zu einer stärkeren Hilfe vor Ort sowie zum langfristigen Ziel, die EZA auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Hödl: "Um dieses Ziel zu erreichen muss Österreich um eine Milliarde Euro mehr an EZA leisten."
Der KOO-Geschäftsführer sprach sich einmal mehr für eine "Entwicklungsmilliarde für Afrika" im Rahmen des "Zukunftspakt für Afrika" als Schwerpunkt der österreichischen EU Präsidentschaft im 2. Halbjahr 2018 aus. Weiters brauche es eine verstärkte Unterstützung von Partnerländern der Entwicklungszusammenarbeit im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Korruption sowie beim Aufbau progressiver nationaler Steuersysteme.
Das Regierungsprogramm sieht u.a. eine reduzierte Zahl an Schwerpunktländern bzw. -regionen vor, wo dann der verstärkte Fokus auf das Thema Migration gelegt werden soll. Diese Zielvorgabe ist für Hödl zu sehr auf Migration und zu wenig auf konkrete Ursachenbekämpfung ausgerichtet. Es sei zu befürchten, "dass es wie so oft um Fluchtbekämpfung statt um Fluchtursachenbekämpfung gehen wird".
Positiv wertet Hödl, dass sich die Regierung in ihrem Programm dazu bekennt, alle internationalen Verträge zum Klimaschutz umzusetzen und dass die UN-Nachhaltigkeitsziele ("Sustainable Development Goals") beachtet werden.
Hödl: "Die SDGs sind eine große Chance. Im neuen Regierungsprogramm sind sie in zwei Kapiteln explizit genannt: Umwelt und Verwaltungsreform. Für eine wirksame Umsetzung müssen jedoch Strukturen und Verantwortlichkeiten geschaffen werden, die diesem integrierten Ansatz gerecht werden und echte Fortschritte in der Zielerreichung ermöglichen." Österreich hinke im internationalen Vergleich bereits jetzt hinterher.
Konsequente Menschenrechtspolitik
Besonders Gewicht legt der KOO-Geschäftsführer auch auf die laut Regierungsprogramm angekündigte Friedens- und Menschenrechtsarbeit. ÖVP und FPÖ bekennen sich darin "zur Prävention und Lösung von Konflikten am Krisenmanagement sowie an der Friedenssicherung im Rahmen internationaler Organisationen, vor allem der Vereinten Nationen, aktiv mitzuwirken". Zugleich wolle man sich für eine Mitgliedschaft Österreichs im UN-Menschenrechtsrat für die Periode von 2019-2021 stark machen.
Hödl dazu: "Von der Regierung erwarten wir uns daher eine konsequente Menschenrechts-, Friedens- und solidarische Wirtschaftspolitik. Die Regierung wird an der Umsetzung des Regierungsprogrammes zu messen sein." In mehr als 40 Regionen der Welt herrsche derzeit Krieg. Lokale und nationale Konflikte hätten meist geopolitische und weltwirtschaftliche Dimensionen. Die internationale Sicherung von Ressourcen und Absatzmärkten spiele dabei eine wesentliche Rolle. Vor allem gehe es um Bergbau, Förderung fossiler Energieträger, agroindustrielle Landnutzung und Zugang zu Wasser. Interventionen aufgrund wirtschaftlicher und politischer Interessen verursachten und schürten Konflikte, die u.a. auch durch Waffenhandel gefördert würden.
Hödl kritisierte in diesem Zusammenhang etwa die derzeitigen Wirtschaftspartnerschaften (EPA) der EU mit Afrika: "Wenn die EU wirklich eine Partnerschaft auf Augenhöhe möchte, dann muss sie auch über die Chancen und Risiken der Wirtschaftsabkommen (EPA) für die afrikanischen Länder diskutieren. Bei den europäisch-afrikanischen Beziehungen müssen der Schutz der Menschenrechte und der Abbau von Ungleichheiten im Fokus stehen. Nicht freier, sondern fairer Handel ist wichtig".
Kritik an Integrationsprogramm
Wenig Freude mit dem Kapitel über Integration im Regierungsprogramm hat der Integrationsbeauftragte der Diözese Graz-Seckau, Erich Hohl, wie er in einer Aussendung am Montag mitteilte. Es sei bezeichnend und verrate die Geisteshaltung der neuen Bundesregierung, wenn man sehe, wo sie das wichtige Thema "Integration" einordnet: Integration werde nicht schlüssig im Abschnitt "Zukunft und Gesellschaft", sondern - in Fortführung des Wahlkampfes - gemeinsam mit "Innerer Sicherheit und Landesverteidigung" als Bedrohungsszenario abgehandelt.
Es fänden sich im Programm nur "bruchstückhaft" Überlegungen, wie man Menschen in schwierigen Lebensumständen eine Zukunftsperspektive eröffnen kann. Wichtige konkrete hilfreiche Maßnahmen, wie z.B. dass man mit jedem einzelnen Asylberechtigten, der in Österreich bleiben darf, eine individuelle Entwicklungsplanung durchführt, würden sich leider nicht im neuen Regierungsvorhaben finden. Gelingende Integration brauche aber faire Chancen zur sozialen, kulturellen und politischen Teilhabe, so Hohl.
Auch hinsichtlich Migrationspolitik und Asylfragen sei "weniger eine solidarische Melodie eines gestaltbaren Miteinanders als eine klare Abwehrhaltung zu erkennen". Hohl: "Während sich das Regierungsprogramm bei Verschärfungen im Asylwesen und bei Umstellungen und Kürzungen in der bisher schon nicht üppig dotierten Grundversorgung detailreich ins Zeug legt, finden sich keine überprüfbaren Hinweise, welche wirksamen Hilfestellungen Österreich im internationalen Geschehen zur Eindämmung und Bewältigung der Flüchtlingsströme einbringen möchte."
Quelle: kathpress