650 Jahre Nationalbibliothek: Kostbares Evangeliar setzte Anfang
Eine kostbare Handschrift - das 1368 vollendete Evangeliar des Johannes von Troppau - steht am Beginn der habsburgischen Büchersammlungen und bildet damit gleichsam den "Gründungscodex" der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB). Anlässlich des 650-Jahr-Jubiläums einer der bedeutendsten Gedächtnisinstitutionen des Landes ist die ganz in Gold geschriebene, mit aufwändigem Bildschmuck versehene und von einem Prachteinband umgebene Handschrift mit den vier Evangelien des Neuen Testaments nun erstmals digitalisiert über die Website onb.ac.at abrufbar, teilte die Nationalbibliothek am Freitag mit.
Als eine der größten Kostbarkeiten der ÖNB, die aus konservatorischen Gründen nur höchst selten in der Öffentlichkeit gezeigt werden, wird das Evangeliar das erste von zwölf "Objekten des Monats" sein, die während des Jubiläumsjahres im Rahmen der Jubiläumsausstellung "Schatzkammer des Wissens" im Prunksaal zu sehen sein werden. Weitere werden u.a. Mozarts "Requiem", die berühmte Gutenberg-Bibel und das handschriftlich korrigierte Typoskript von Ingeborg Bachmanns Gedicht "Böhmen liegt am Meer" sein.
Über das Evangeliar des Johannes von Troppau heißt es in der Aussendung, am Ende der insgesamt 189 Pergamentblätter führe der Schreiber und Buchmaler nicht nur seinen Namen und seine kirchlichen Ämter an, sondern auch das Entstehungsjahr 1368. Als Auftraggeber vermutet man Herzog Albrecht III. von Österreich (1349-1395), den kunstsinnigen Bruder von Rudolf IV. dem Stifter. Details zu dieser Handschrift präsentiert Experte Andreas Fingernagel in einem Vortrag am 30. Jänner 2018 im Oratorium der ÖNB am Wiener Josefsplatz.
Motto "Unsere Geschichte lebt"
Unter dem Motto "Unsere Geschichte lebt" bietet die Nationalbibliothek im Jubiläumsjahr ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm mit Ausstellungen, Konzerten, Lesungen, Vorträgen, Filmvorführungen, Aktionstagen - und der eigens dafür konzipierten ÖNB-App. Die Jubiläumsausstellung "Schatzkammer des Wissens" ist ab 26. Jänner 2018 zu sehen, sie präsentiert 650 Jahre Kultur- und Bibliotheksgeschichte von den Anfängen der kaiserlichen Hofbibliothek über die Nationalbibliothek der 1. Republik und die dunklen Zeiten des 2. Weltkriegs bis in die unmittelbare Gegenwart. Durch die Ende des 19. Jahrhunderts in die Bibliothek integrierte Papyrussammlung Erzherzog Rainers ist die Schau zugleich ein Streifzug durch die Mediengeschichte, die vor über 3.000 Jahren im Ägypten der Pharaonen beginnt und mit einem Blick in die digitale Zukunft des Wissens endet.
Neben den zwölf "Objekten des Monats" werden mehr als 170 außergewöhnliche Schätze der Bibliothek - Prachthandschriften und wertvolle Frühdrucke, kostbare Musiknoten und Landkarten ebenso wie Fotos und Grafiken - bis 13. Jänner 2019 im Prunksaal zu sehen sein.
Für 22. Februar 2018 ist ein großer Festakt zum Jubiläum angekündigt: Im Beisein von Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird die deutsche Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann den Festvortrag halten. Am 6. Mai bieten beim "Open House" alle Standorte der ÖNB - die Lesesäle am Heldenplatz sowie alle musealen Bereiche - bei freiem Eintritt einen Blick hinter die Kulissen der größten Bibliothek dieses Landes. Abgeschlossen wird das Jubiläumsjahr mit einem Festkonzert in der Augustinerkirche: Am 22. November erklingt Anton Bruckners "Messe in f-Moll für Soli, vierstimmigen gemischten Chor und Orchester" an jenem Ort, an dem der Meister selbst 1872 die Uraufführung dirigierte. (Info: www.onb.ac.at)
Quelle: kathpress