Kirche gedenkt Kardinal Sticklers zum zehnten Todestag
Am Dienstag ist es genau zehn Jahre her, dass Kardinal Alfons Maria Stickler verstorben ist. In seinem Geburtsort Neunkirchen (Niederösterreich) wird die Frühmesse für den am 12. Dezember 2007 verstorbenen Geistlichen gelesen, der lange Zeit "Bibliothekar und Archivar der Heiligen Römischen Kirche" und in seinen letzten beiden Lebensjahren auch der älteste lebende Kardinal weltweit war. Stickler, der selbst den Großteil seines Lebens in Rom wirkte und im 98. Lebensjahr verstarb, ist in seiner Titelkirche San Giorgio in Velabro bestattet.
Stickler wurde 1910 als zweites von zwölf Kindern geboren. Nach der Matura in Wien trat er in das Noviziat der Salesianer Don Boscos ein, nach dem Studium der Philosophie und Theologie in Benediktbeuern, Turin und Rom wurde er am 27. März 1937 in der römischen Lateranbasilika zum Priester geweiht. Anschließend studierte er kirchliches und weltliches Recht an der Lateran-Universität. Danach lehrte er an der kirchenrechtlichen Fakultät der römischen Salesianer-Universität, wurde Dekan dieser Fakultät und schließlich Rektor der Hochschule.
Am Aschermittwoch 1971 wurde Stickler von Paul VI. zum Leiter der Vatikanischen Bibliothek berufen. Am 8. September 1983, kurz vor dem Papstbesuch in Österreich, berief ihn Johannes Paul II. zum "Pro-Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche" und ernannte ihn gleichzeitig zum Erzbischof mit dem Titularsitz Bolsena und der später bei einem Bombenanschlag schwer beschädigte Titelkirche San Giorgio in Velabro. Am 7. Juli 1984 übertrug ihm Johannes Paul II. außerdem die Leitung des vatikanischen Geheimarchivs, im April 1985 wurde er ins Kardinalskollegium berufen.
Während seiner Amtszeit setzte sich Stickler unermüdlich für die Erhaltung und Modernisierung der Vatikan-Bibliothek ein, die nicht nur als Aufbewahrungsort der "weltweit reichsten Sammlung an Handschriften" (rund 70.000) gilt, sondern auch eine Million gedruckter Bücher, rund 150.000 Kupferstiche und eine überaus wertvolle Münzsammlung umfasst. Unter anderem wurde unter der Leitung des österreichischen Kardinals ein großer Bunker errichtet, in dem die wichtigsten Schätze der Bibliothek (unter anderem der "Codex Vaticanus") atombombensicher untergebracht sind.
In seiner aktiven Zeit hatte Stickler als Kirchenrechtsexperte internationalen Ruf. Er nahm als "peritus" am Zweiten Vatikanischen Konzil und an der Vorbereitung des neuen "Codex Iuris Canonici" teil. Unter anderem war er auch einer der drei Vizepräsidenten der Internationalen Vereinigung für die Geschichte des Rechts und der Institutionen.
Im Sommer 1988 trat Stickler aus Altersgründen von seinem Amt als Leiter der Vatikanbibliothek und des Geheimarchivs zurück. Seinen Ruhestand verbrachte er zurückgezogen in seiner Wohnung im Palazzo del Sant'Uffizio in Rom. Weiterhin galt der Kardinal, der 1996 zum Kardinalspriester "pro hac vice" ernannt wurde, als großer Freund und Förderer der tridentinischen Liturgie in der vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanums praktizierten Form. Papst Benedikt XVI. bezeichnete Stickler aus Anlass seines 70-jährigen Priesterjubiläums als "Patriarchen", sprach ihm öffentlich Dankbarkeit für sein Lebenswerk aus und leitete nach dessen Tod auch das Requiem.
Quelle: kathpress