Brandstetter versteht "als Katholik" Schönborn-Kritik an Homo-Ehe
Verständnis für die Kritik aus der katholischen Kirche an der Öffnung des Rechtsinstituts der Ehe für homosexuelle Paare hat Österreichs scheidender Justizminister Wolfgang Brandstetter signalisiert. Viele Menschen in Österreich hätten noch ein "traditionelles Familienbild", das ihnen persönlich wichtig sei und das durch die jüngste Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) beeinträchtigt werde, sagte der Noch-Vizekanzler in einem Interview für die aktuelle Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Profil": "Offen, ehrlich und höchstpersönlich: Ich bin Katholik und verstehe die Argumentation von Kardinal Christoph Schönborn, dass der traditionelle Begriff der Ehe durch eine besondere Natur als Verbindung von Mann und Frau charakterisiert ist."
Diese Aussagen treffe er aber "als Privatmann", betonte Brandstetter. Als Justizminister sage er nun: "Roma locuta, causa finita". Das Erkenntnis des VfGH, wonach die Ehe auch auf Verbindungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts auszuweiten sei, müsse umgesetzt werden.
Er habe sich Beginn seiner Amtszeit 2013 um eine Beseitigung inhaltlicher Unterscheide zwischen der Eingetragenen Partnerschaft für homosexuelle Paare und der Ehe eingesetzt, so Brandstetter. Die Bemühungen seien "nicht ohne Ergebnis" geblieben, wobei es am Schluss noch um die Frage der Begrifflichkeit gegangen sei. Er hoffe, dass es mit dem Urteil nun Rechtsfrieden gebe, so der scheidende Vizekanzler, der schon vor Wochen angekündigt hat, dass er die Politik verlassen wird.
Die Höchstrichter hatten in der vergangenen Woche die Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft als diskriminierend befunden. Sie verfügten, dass die bisher bestehenden unterschiedlichen Regelungen für verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare mit Ablauf des 31. Dezember 2018 aufgehoben werden. Somit können auch gleichgeschlechtliche Paare in Österreich künftig heiraten. Gleichzeitig steht dann die Eingetragene Partnerschaft auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.
Kardinal Christoph Schönborn kritisierte das Urteil vehement. Ehe sei eine "dauerhafte Beziehung von Mann und Frau, die offen ist für neues Leben", der VfGH-Entscheid eine "willkürliche Änderung", befand er in einem Statement am 5. Dezember, das der ORF am Sonntag in einem Beitrag im Religionsmagazin "Orientierung" wiederholte. Zu Wort kam darin auch die Rechtsphilosophin Elisabeth Holzleithner, die den Wiener Erzbischof dafür kritisierte, dass er "die Unterscheidung von Staat und Kirche nicht hinreichend ernst nimmt".
Schönborn bekam aber auch Rückendeckung: Anliegen des Kardinals sei es, "Unterschiede zu benennen, ohne damit diskriminierend wirken zu wollen", erklärte der an der Universität Wien lehrende Theologieprofessor Jan-Heiner Tück in der "Orientierung", und weiter: "Warum muss hier Ungleiches gleich genannt werden?" Fest stehe freilich, dass die katholische Kirche nun in schwieriger Situation sei, zumal sie in der Öffentlichkeit immer als "Blockiererin" wahrgenommen werde, so Tück, der in der vergangenen Woche das umstrittene VfGH-Urteil als einen "Bruch mit der Rechtstradition" bezeichnet hatte.
Tücks Kollege Gerhard Marschütz vom Fach Theologische Ethik hob hervor, dass die Ehe aus christlicher Sicht immer "offen für Zeugung, sprich Familie" - und damit ein tragendes strukturierendes Gesellschaftsgebilde - sei. Mit der Erkenntnis sei der VfGH den Schwulen- und Lesbenverbänden entgegengekommen, so der Wiener Theologe.
Quelle: kathpress