Schönborn: In Zeiten von Fake News verlässliche Info gefragt
"Die Leute haben es satt, Fake News zu bekommen", solide, verlässliche Information durch Qualitätsmedien wird wieder zunehmend geschätzt: Als Beispiel für diese erfreuliche Entwicklung hat Kardinal Christoph Schönborn auf die große Auflagensteigerung der renommierten New York Times seit der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump hingewiesen. Der Wiener Erzbischof äußerte sich am Mittwochabend im Wiener Franziskanerkloster bei der traditionellen Adventbegegnung mit Mitarbeitern des ORF - an deren Spitze Generaldirektor Alexander Wrabetz und die Chefs der Religionsabteilungen im Radio und TV, Doris Appel und Gerhard Klein - und anderen Medienschaffenden.
Er wolle diese "Good News" dem Lamento über heutige Krisen entgegenhalten, sagte Schönborn. "Gerade die enorme Diversifizierung der Medienwelt arbeitet nicht gegen ein öffentlich-rechtliches Institut."
Der Kardinal bedankte sich für die gute Zusammenarbeit mit dem ORF, der seinen gesetzlichen Auftrag zur Bildung und zur angemessenen Berücksichtigung der in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Berichterstattung bestens erfülle. Der ORF biete hier ein "unglaublich weites Spektrum" und sei im Bereich der Religion international wohl eines der aktivsten öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen. Besonders hob Schönborn das im Fernsehen live übertragene Requiem zum Welt-Aids-Tag (1. Dezember) im Stephansdom und die tags darauf aus Innsbruck übertragene Bischofsweihe von Hermann Glettler hervor.
Der in der Österreichischen Bischofskonferenz für Medien zuständige Kardinal unterstrich auch den "gemeinsamen Auftrag, 'kooperative Intelligenz' zu fördern". In diesem Zusammenhang erinnerte er an ein Geschenk, das er vor einem Jahr den damaligen Chefs der beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP in einer Koalitionskrise gemacht habe: das Buch "Kooperative Intelligenz: Das Erfolgsgeheimnis der Evolution", verfasst vom aus Österreich stammenden Mathematiker, Biologen und Professor an der Harvard University, Martin A. Nowak, und Roger Highfield. Darin werde wissenschaftlich fundiert und überzeugend dargelegt, dass evolutiver Fortschritt auf der Basis von Kooperation und nicht auf Konkurrenz - dem Darwin'schen "Survival of the Fittest" - erfolgt. Dies sei zugleich ein Erfolgsrezept, "wie eine Gesellschaft fit wird für die Zukunft", betonte Schönborn.
Wrabetz: ORF betont Verbindendes
Auf "viele Gemeinsamkeiten" wies ORF-Generaldirektor Wrabetz in seinem Grußwort hin: "Zu gelingenden Gesellschaften gehören funktionierende, gute Religionsgemeinschaften, aber auch öffentlich-rechtlicher Rundfunk dazu", wenn es darum gehe, das Verbindende, "Vertrauen Verdienende" in den Mittelpunkt zu stellen. Durch Phänomene wie Digitalisierung, Individualisierung, Fake News und "Hate Speech" sei das wichtiger als in früheren Jahren. Verlässliche Information und verbindende Kultur zu vermitteln sei Auftrag und geradezu "Daseinszweck" des ORF, unterstrich Wrabetz.
Darin unterscheide sich der ORF von kommerziellen Medien, er sei nicht Aktionären Rechenschaft schuldig, sondern dem Publikum und der Gesellschaft. Bestrebungen, den ORF durch Teilprivatisierung zu schwächen, würden viel gefährden, warnte der Generaldirektor: "Denn nur wir machen" jährlich 49 "Orientierung"-Sendungen, 90 Termine der mehrfach ausgezeichneten Reihe "kreuz & quer", 16 "Feierabende", 58 "Was ich glaube", 51 "Religionen der Welt" und 16 Gottesdienst-Übertragungen. 2016 habe der ORF 6 Millionen Österreicher zumindest einmal - meist mehrfach - mit seinen Religionssendungen erreicht.
Kurzfristig eingeschoben und beim Publikum erfolgreich seien das Requiem zum Welt-Aids-Tag und die Bischofsweihe in Innsbruck mit 200.000 Mitfeiernden an den TV- und Radiogeräten gewesen.
Hohes Lob verdient laut Wrabetz auch das Hörfunk-Religionsteam mit Sendungen wie "Lebenskunst", "Logos", Gedanken für den Tag", "Religion aktuell", "Praxis" oder "Einfach zum Nachdenken". Der ORF-Chef abschließend: "Ich kann Ihnen nur versichern: Wir werden unser Bestmögliches auch in den kommenden Jahren machen."
Als Weihnachtspräsent überreichte Wrabetz an Kardinal Schönborn das anlässlich von 60 Jahre Fernsehen in Österreich und 50 Jahre ORF nach der Rundfunkreform erschienene Buch "Die Macht der Bilder" von Andy Nowak und Oliver Rathkolb. Das Thema Religion sei darin prominent vertreten.
Stimmungsvoll einbegleitet wurde die Adventbegegnung durch eine Medidation in der Franziskanerkirche. Im Zentrum standen dabei Text und Musik einer Kantate, die durch das Barockensemble der Wiener Dommusik unter der Leitung von Markus Landerer erklang. Der Wiener Generalvikar Nikolaus Krasa führte dabei fachkundig in die dargebotene Adventkantate von Johann Sebastian Bach ein und sprach dazu abschließend ein geistliches Wort.
Quelle: kathpress