Nikolausfeiern: Kirchliche Kindergärten für "achtsame Pädagogik"
Mit einem deutlichen "Ja" zur Frage, ob im Kindergarten am 6. Dezember der Nikolaus kommt, hat sich die nach dem frühchristlichen Heiligen benannte St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien in der Debatte zu Wort gemeldet. Wichtig sei eine "achtsame Pädagogik" bei der Gestaltung des Festes - "dass der Nikolaus keine Angst machen darf und dass er die Verhaltensweisen der Kinder nicht moralisch beurteilt", so die Stiftung, in der 85 katholische Kindergärten und Horte in Wien vereint sind, in einer Aussendung vom Dienstag. Der Nikolausfeier messe man großen Stellenwert zu, ermögliche sie den Kindern doch die Auseinandersetzung mit Werten wie Solidarität, Nächstenliebe und Anteilnahme.
Besonderes Augenmerk lege man auf die kindgerechte Vorbereitung und Feier, erklärte die Stiftung. Im Vorfeld werde über das Leben und das Wirken des Bischofs gesprochen, der im 4. Jahrhunderts in Myra (heute Türkei) lebte und sich der Legende nach besonders um die schutzbedürftigen Menschen kümmerte: Er habe sie unterstützt, ohne ihr Verhalten zu bewerten oder sie moralisch in die Pflicht zu nehmen. Im Kindergarten müsse dies in das Leben der Kinder übersetzt werden: "Wann erleben sie in ihrem Alltag Menschlichkeit, Mitgefühl und wann und wie können sie für andere da sein?", so eine Schlüsselfrage. Besprochen werde auch, warum der Nikolaus gefeiert und gespielt werde.
Um keine Angstgefühle auszulösen, suchen die St.-Nikolaus-Kindergärten als Nikolausdarsteller stets eine den Kindern bekannte Person, die sich vor oder mit den Kindern verkleidet. Er (oder sie) hat auch keinen Bart, außer die Kinder wünschen dies. "Für Kinder ist das keine Entzauberung des Moments, wenn sich der Nikolaus vor ihnen umzieht. Sobald die Person verkleidet ist, ist sie der Nikolaus - das ist die magischen Phase", wird Susanna Haas, die pädagogische Leiterin der Stiftung, zitiert. Gespieltes werde schon im nächsten Augenblick als real empfunden, da Kinder schnell zwischen Wirklichkeit und Phantasie wechseln.
Von den Eltern, die schon zum Kindergartenstart die Broschüre "Nikolaus feiern im Kindergarten" erhalten, werde diese Feierform gut angenommen, berichtete Stiftungs-Geschäftsführer Elmar Walter. "Uns ist bewusst, dass diese Art zu feiern eine Veränderung darstellt. Jedoch ist anzumerken, dass sich das Bild des Hl. Nikolaus in den letzten 1700 Jahren oftmals verändert hat."
Jungschar: "Sympathischer Heiliger"
Den "angstfreien Zugang" betont auch die Katholische Jungschar, die den Schutzpatron der Kinder und Jugendlichen als "sympathischen Heiligen" und "Vorbild im Glauben und in der Nächstenliebe" bezeichnet. In Graz findet am Mittwoch die bereits traditionelle Nikolausaktion statt, bei der am 14 Uhr Nikolausdarsteller durch die Herrengasse ziehen und "die Frohbotschaft des Heiligen vermitteln". Bei Mitmach-Stationen können Kinder eigene Nikolausmützen basteln, in die Rolle des Nikolaus schlüpfen und somit den Heiligen besser kennenlernen, denn "Jede und Jeder kann wie Nikolaus sein". Abschluss ist um 17 Uhr eine Nikolausfeier mit Kindersegnung im Hof der Stadtpfarrkirche.
Frohbotschaft statt Drohbotschaft
Die "Frohbotschaft statt Drohbotschaft" des Nikolaus hebt die Katholische Jungschar auch in der Diözese St. Pölten hervor, wo gemeinsam mit der Katholischen Männerbewegung eine diözesane Nikolaus-Schulung veranstaltet wurde. 25 Teilnehmer erhielten in Großgöttfritz pädagogische Hinweise, eine Präsentation des Lebens des Heiligen und viele Praxistipps, von der Frage "Muss der heilige Nikolaus die Schuhe ausziehen?" bis hin zum Umgang mit dem Vermummungsverbot oder mit den Enttäuschungen der eigenen Kinder, dass ihr Vater bei der Nikolausfeier immer fehlt.
Das Buch mit den schlechten und guten Taten der Kinder sei inzwischen abgeschafft, "jetzt freuen sich alle uneingeschränkt, wenn ich komme", berichtete einer der Absolventen, der bereits seit Jahrzehnten den Heiligen aus Mhyra darstellt. Ein Bloßstellen oder Moralpredigten gebe es heute nicht mehr, zudem sollten Nikoläuse nichts vormachen - "also dass sie direkt vom Himmel kommen" - und würden ruhig auch den Bart abnehmen, wenn dies besser erscheine. Entscheidend sei beim Nikolaus vor allem die Frage, wie man anderen helfen könne.
Die Nikolaus-Darsteller machen rund um den 6. Dezember Hausbesuche bei Familien, kommen in Kindergärten und Schulen, sind Teile des Gottesdienstes und feiern oft auch in Alters- und Pflegeheimen mit. Neben den Kindermetten zählen die Nikolaus-Feiern zu jenen Gottesdiensten, zu denen immer die meisten Kinder kommen, so die Erfahrung in der Diözese St. Pölten.
Quelle: kathpress