Bischof Glettler: "Das Herz Jesu schlägt für alle"
Kirche darf sich nicht in Sonderwelten zurückziehen, sondern muss sich aufmachen und da sein für alle Menschen. Das hat Bischof Hermann Glettler in seiner Ansprache nach der Weiheliturgie am Samstag in der Innsbrucker Olympiahalle bekräftigt. Der neue Innsbrucker Bischof nahm dabei Bezug auf den Umstand, dass das Land Tirol seit 1796 dem Herzen Jesu geweiht ist. Diese traditionelle Frömmigkeit habe das "Potential für eine neue Vitalität. Dazu müssen die Kruste des Kitsches und die Kruste einer übertriebenen nationalen Aufladung entfernt werden". Wenn das gelinge, könne man offen und sensibel sein für Notleidende, Verbitterte, Benachteiligte und Einsame. "Eine Spiritualität des Herzens lehrt uns auf den Herzschlag Gottes zu achten. Das Herz Jesu schlägt für alle", sagte der Bischof.
Kirche müsse sich "neu wagen" und dürfe sich nicht in eine spirituelle Sonderwelt flüchten, führte der Bischof aus und sagte: "Wir dürfen unsere Gesellschaft in ihrer Turbulenz und Nervosität heutigen Lebens nicht allein lassen." Die Welt "mit ihrer überwältigenden Vielfalt von Leben, von Kulturen, Geschichten und Milieus - und gleichzeitig mit ihrer bedrängenden Vielfalt von Leid, Unrecht und Verworfenheit", sei eine Schicksalsgemeinschaft, an der die Kirche Anteil habe. "Als Gläubige müssen wir ein Plus an Vertrauen und Zuversicht einbringen. Lassen wir uns nicht von Ängsten manipulieren und fehlleiten", appellierte Glettler.
Als Bischof möchte er daher "einer Ortskirche vorangehen, die nicht im Selbstmitleid, nicht in der Erschöpfung und nicht in der Diskussion um interne Fragen erstarrt, sondern den Willen hat, sich auf den Weg zu machen", so Glettler. Gerade die Kirche mit ihrer starken Pluralität habe den Auftrag, Einheit zu leben.
Deutliche Worte fand der Bischof im Blick auf die innerkirchliche Pluralität und damit verbundene Spannungen: "Niemand interessiert sich für den kirchenpolitischen Zank. Wir sind uns gegenseitig geschenkt!" Es brauche eine "Erneuerung des Vertrauens innerhalb unserer Kirche" und Wertschätzung für unterschiedliche theologische und spirituelle Profile, Berufungen und Charismen. Der neue Bischof betonte:
Beginnen wir von neuem heute damit, dem Misstrauen und dem Verdacht, der Unterstellung und der Geringachtung der anderen Überzeugung oder Position ein klares Nein entgegen zu halten.
An den Anfang seiner ersten Rede als Bischof sagte Glettler "Gruß und Dank für die überwältigend herzliche Aufnahme durch die Tiroler einem "Bischof mit einem innerösterreichischen Migrationshintergrund" gegenüber. Der Schlüssel zu einem Leben in Fülle sei die Dankbarkeit, nicht der Anspruch oder eine Forderung. "Zuerst möchte ich Gott für mein Leben danken. Es erfüllt mich mit Staunen, wie energisch und zärtlich zugleich er mich bisher geführt hat", so Glettler in seinen persönlich gehaltenen Worten. In diesem Gottvertrauen wolle er sein Amt beginnen, zumal die Erwartungen, die in der Vorfreude der Weihe auf mich gerichtet wurden, "uneinlösbar hoch" seien.
Trotz persönlicher Schwächen und Unsicherheiten gehe es darum, in die ursprüngliche Dynamik der Jesus-Bewegung einzutreten.
Es ist die Dynamik der Liebe, die von Jesus ausgeht und über alle Jahrhunderte hinweg Menschen berührt und in die Nachfolge ruft.
Angesichts der Gefahr einer generellen Bürokratisierung aller Lebensbereiche und auch der kirchlichen Dienste, sei es umso dringlicher "in die Dynamik des ersten Aufbruchs, in die Frische, Liebe und Großzügigkeit des Aufbruchs zurückzufinden".
Nuntius: Was lange währt, wird endlich gut
"Was lange währt, wird endlich gut" - dieses Sprichwort könne aus Sicht von Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen für die Weihe von Bischof Hermann Glettler zu Recht gesagt werden. Warum die Bischofsernennung so lange gedauert habe, frage er sich selbst wie viele andere auch, so der Apostolische Nuntius in seinem Grußwort am Ende der Messe. Er könne aufgrund des Päpstlichen Geheimnisses dazu nichts sagen außer: "Gottes Mühlen mahlen langsam, und die des Vatikans besonders langsam - und ich füge hinzu - anders."
Als Bischof solle Glettler zuallererst den Menschen die Frohbotschaft Jesu Christi, des Sohnes Gottes, zu verkünden. "Tritt für das Wort Gottes ein, ob man es hören will oder nicht." Der Bischof müsse sich wie ein Vater um die Gläubigen und vor allem um seine Priester kümmern, sagte der Nuntius unter Verweis auf Papst Franziskus und riet Glettler: "Rufe unverzüglich einen Priester zurück, auch wenn Dein Terminkalender voll ist und nimm Dir ausreichend Zeit für ihn." Zentral für den bischöflichen Dienst sei die Anbetung. "Sie gibt dem Herrn den Platz zu geben, der ihm gebührt", so der Nuntius, der gleichzeitig um das Gebet "um gute geistliche Berufungen" bat.
Es sei sein Wunsch, "dass in der Diözese mit Dir ein missionarischer Aufbruch gelingt, denn viele hungern und dürsten nach dem Evangelium", so Erzbischof Zurbriggen, der im Namen des Papstes Bischofsvikar Jakob Bürgler für den "loyalen, treuen und unermüdlichen Einsatz als Diözesanadministrator" dankte. "Bleiben wir fest im Glauben und in der Treue zum Heiligen Vater wie die Berge der Heimat", so der Nuntius an die Adresse der Tiroler, denn: "Dieser Bischof wird ein Segen für die Diözese sein."
Tirol empfängt Bischof mit offenem Herzen
"Sie werden in Tirol mit offenem Herzen empfangen", sagte Tirols Landeshauptmann Günther Platter in seinem Grußwort. Als Bischof trete der neue Bischof in große Fußstapfen, so Platter im Blick auf die Vorgänger Glettlers: "Aber ich bin mir sicher, dass sie auch eigene Spuren hinterlassen werden." Er sei sich sicher, dass er mit Glettler immer ein offenes Gespräch führen könne, so Platter weiter. Dabei liege es in der Natur der Sache, dass man nicht immer einer Meinung sein könne. Es sei aber eine hohe Qualität in Tirol, "dass man offen redet, dass man sich die Meinung sagt und dass man dies in großem Respekt vor der Aufgabe des jeweils anderen tut."
Querdenker mit Tiefgang
"Die Steiermark freut sich", dass Hermann Glettler die Berufung des Papstes für Innsbruck angenommen hat. So beschrieb der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer die Auszeichnung, die viele Steirer empfinden würden. Er wisse, Gletter wird "herausfordern und für Bewegung sorgen", denn für ihn bedeute Christsein, dem Leben Geschmack zu geben. Glettler sei ein Querdenker, der substantiellen Tiefgang bringt. Schützenhöfer wünschte den Tirolern, dass Glettler "euch genauso begeistert und bereichert, wie er das mit uns in der Steiermark geschafft hat". In der Annahme des Lebens als Geschenk, zitierte er Glettler, beginnt die Dankbarkeit Gott gegenüber zu wachsen.
Bergschuhe für neuen Bischof
"Das Soziale verbindet uns - die Politik und die Kirche." Das unterstrich die Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer in ihrem Grußwort am Ende der Weiheliturgie. Sie sei "von Anfang an begeistert gewesen" von Glettler, der bereits nach seiner Ernennung durch klare Worte dazu aufgerufen habe, "die Komfortzone des Lebens zu verlassen", um das Evangelium zu verkünden und sich dabei in konkreter Nächstenliebe den Notleidenden und Ausgegrenzten zuzuwenden. Gerne wolle sie mit dem neuen Bischof die gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kirche weiter ausbauen, so die Bürgermeisterin, die dem neuen Bischof zugleich mit einem persönlichen Geschenk bedachte: Bergschuhe, Wanderstöcke und ein Freizeitticket, um "den alpin-urbanen Charme unserer Landeshauptstadt erleben können".
Quelle: kathpress