Neuer Bischof von Innsbruck: Theologe, Künstler, Stadtmissionar
Mit dem 52-jährigen Hermann Glettler wird nicht nur ein lang gedienter Seelsorger, der sich über viele Jahre in der Migranten- und Armenseelsorge engagierte, der neue Diözesanbischof von Innsbruck; er ist zugleich auch ausgebildeter Kunsthistoriker und wirkte selbst als Künstler in namhaften Ausstellungen. 14 Jahre lang leitete der gebürtige Steirer die Pfarre St. Andrä im Grazer Multikulti-Bezirk Gries, einem "Auffangbezirk für die Angeschwemmten, in Graz Gestrandeten", wie ihn Glettler in der Missio-Zeitschrift "alle welt" einmal beschrieb. 2016 ernannte ihn der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl zum Bischofsvikar für Caritas und Evangelisation.
Tipp: "Das ganze Interview": Christoph Riedl-Daser im Gespräch mit Hermann Glettler | 2. Dezember | ORF III | 11:15 Uhr
(im direkten Anschluss)
Live aus der Innsbrucker Olympiahalle: Bischofsweihe von Hermann Glettler | 2. Dezember | ORF III | 12:00 Uhr (mehr Informationen)
Hermann Glettler wurde am 8. Jänner 1965 in Übelbach in der Steiermark geboren. Seine Schullaufbahn schloss er am Bischöflichen Seminar und Gymnasium in Graz ab. Die Maturareise führte ihn 1983 nach Frankreich, wo er in Paray le Monial zufällig an einem internationalen Jugendtreffen der Gemeinschaft Emmanuel teilnahm, der er seit 1987 angehört. Im Gespräch mit jungen Theologiestudenten hatte sich damals sein Wunsch verstärkt, Priester zu werden in einer Gemeinschaft, die mitten in der Gesellschaft von heute lebt, betet und arbeitet. Glettler studierte Theologie und Kunstgeschichte in Graz, Tübingen und München.
Am 23. Juni 1991 wurde Hermann Glettler zum Priester für die Diözese Graz-Seckau geweiht. Nach Kaplansjahren in Judenburg-St. Nikolaus und Wagna verbrachte er ein Fortbildungsjahr 1998/99 in St. Nicolas des Champs in Paris. Von 1999 bis 2016 war er Pfarrer im Pfarrverband Graz St. Andrä-Karlau. Als Pfarrer im kulturell und religiös vielfältigen Bezirk Gries engagierte er sich besonders auch für sozial Benachteiligte und Flüchtlinge. Er gehört der Kommission für den interreligiösen Dialog und der Kunstkommission der Diözese an. Zusätzlich zur Kunstvermittlung war er auch immer wieder als eigenständiger Künstler tätig. Als Vorsitzender des Arbeitsausschusses des diözesanen Priesterrates war er im steirischen Klerus fest verankert. Im September 2016 wurde er zum Bischofsvikar für Caritas und Evangelisation in der Diözese Graz-Seckau bestellt. Als Provisor leitet er die Pfarre Graz-Christus der Salvator.
Kultureller Brückenbauer in Graz
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Glettler bereits durch seine Zeit in Graz/St. Andrä bekannt, wo er bald neben der traditionellen Pfarrseelsorge auch die zahlreichen Migranten in den Blick nahm: Im Jahr 2000 erfolgte dazu der "Startschuss" mit einigen Taufen von Kindern afrikanischer Familien. Die Einführung englischsprachiger afrikanischer Gottesdienste band die Menschen dann an St. Andrä, die Pfarrgemeinde wurde Heimstätte der African Catholic Community mit einem von der Musik und dem Temperament Westafrikas geprägten sonntäglichen Gottesdienst. Auch eine spanischsprachige Gemeinschaft fand sich dort ein, der vor allem Leute aus der Dominikanischen Republik angehören.
Brücken baute Glettler immer wieder auch zu Nichtgläubigen: 2014 führte er ein von wechselseitiger Achtung geprägtes Streitgespräch mit dem theoretischen Physiker, "Science Buster" und kämpferischen Atheisten Heinz Oberhummer (1941-2015), das auch in den Medien breit rezipiert wurde.
Seine Affinität und Liebe vor allem für die zeitgenössische Kunst setzte Glettler auch in seiner eigenen Kirche St. Andrä in die Praxis um. Das aus der Barockzeit stammende Gotteshaus ließ er von zahlreichen zeitgenössischen Künstlern umfassend - von der unkonventionellen Fassadenbemalung bis zu den Glasfenstern - umgestalten. Mit konzeptuellen Bildgestaltungen ist er auch selbst künstlerisch tätig (siehe: www.hermannglettler.com), hatte zwischen 1990 und 2015 mehrere Einzelausstellungen, zuletzt heuer im Sommer unter dem Motto "Glettler privat" in der Galerie Sigmund Freud am Grazer Landeskrankenhaus Süd-West. Mit einer seiner Arbeiten war er 2014 neben Werken von Damien Hirst, Joseph Beuys und Erwin Wurm bei der viel beachteten Schau "Leiblichkeit und Sexualität" in der Wiener Votivkirche präsent.
2016 wurde Hermann Glettler mit dem Hanns-Koren-Kulturpreis des Landes Steiermark für das Projekt "Andrä Kunst" ausgezeichnet. Er hat es laut Jury "beispielgebend verstanden, Menschen aus seiner multikulturellen Pfarre und weit darüber hinaus mit zeitgenössischer bildender Kunst zu konfrontieren". Bereits 2011 wurde Glettler der Fritz-Greinecker-Preis für Zivilcourage verliehen.
Anlässlich von Glettlers Ernennung zum Bischofsvikar erklärte Bischof Krautwaschl, der bisherige Pfarrer von Graz-St. Andrä vereine "viele Qualitäten in sich, die ihn für die Aufgabe, Brücke zwischen Diözese und Caritas der Kirche zu sein, geradezu prädestinieren. Der Pfarrer von St. Andrä bringt Menschen unterschiedlichster Kulturen und religiöser Bekenntnisse zusammen und lebt das Miteinander aus einer tiefen christlichen Spiritualität". Glettler selbst betonte damals, er wolle sich verstärkt jenen widmen, die kein Nahverhältnis zur Kirche haben: "Als Bischofsvikar will ich Kirche vor allem auch für Menschen öffnen, die mit Kirche 'nichts am Hut haben'", sagte er im Interview mit der "Kleinen Zeitung".
Unter diesen Anspruch möchte sich Hermann Glettler - wie die zahlreichen Interviews im Vorfeld seiner Bischofsweihe zeigen - auch in seinem Amt als Innsbrucker Diözesanbischof stellen. Wie ambitioniert, entscheidungsfreudig und wortgewandt er sein neues Amt in Angriff nimmt, zeigten Ende November bekannt gegebene personelle Weichenstellungen - z.B. den bisherigen Diözesanadministrator Jakob Bürgler betreffend, der Bischofsvikar für missionarische Pastoral wird - und in Medien angekündigte Pläne: Ihm gehe es vorrangig darum, "das ganze Volk Gottes meiner Diözese 'aufzuwecken', also Gemeinden noch selbständiger zu sehen und viele kleine Frischzellen zu initiieren", sagte Glettler Anfang November gegenüber "katholisch.de".
Quelle: kathpress